Verballhornug oder verballhornen hat wohl jeder schon mal gehört. Es ist ein Ausdruck dafür, ein existierendes Wort zu entstellen, ggf. auch zu berichtigen. Zurückzuführen ist die „Verballhornung“ auf den Lübschen Drucker Johannes Balhorn der Jüngere.
Ich habe jetzt durch einen Zufall ein kleines Buch entdeckt: „Kochen ohne Verballhornung – Das verschollene Kochbuch des Lübecker Druckermeisters Johann Balhorn aus dem Jahr 1570“ von Ragnar Harald Lüttke. Als ehemaliger Lübecker, der noch enge Verbindungen in die alte Hansestadt hat, musste ich dieses Buch haben. Ich habe also ein richtiges Buch bestellt, mit Seiten aus Papier, die man umblättern muss, sozusagen ein analoges Buch. Sowas hab ich lange nicht in den Händen gehalten und ist vollkommen gewöhnungsbedürftig und auch unpraktisch. Aber was soll’s.
Eine Überraschung erlebte ich beim ersten Durchblättern des Buches, welches auch mit Fotos aus Lübeck versehen ist, Orte in der Hansestadt, wo die Familie Balhorn Grudbesitz besaß. Ein Bruder des besagten Johann Balhorn, der Buchhändler Joachim Balhorn, vererbte ein Grundstück in der Königstraße 61 an seine Frau Cäscilla. Dieses Grundstück war ganz viele Jahre, zusammen mit dem Nachbargrundstück Nr. 63, im Besitz unserer Familie. Es wurde von unserer Familie einvernehmlich an einen Lübecker Geschäftsmann verkauft, der die Bebauung, inklusive zweier historischer Treppengiebel, abreißen ließ um auf dem Grundstück ein Geschäftshaus zu errichten. Aus heutiger Sicht wage ich zu behaupten, dass „da was gelaufen ist“ damit die Genehmigung zum Abriss erteilt wurde. Die neuen Fassaden ähneln nur noch entfernt an die ursprüngliche Bebauung.
Weiter zu Johannes Balhorn dem Jüngeren. Er erhielt vom Rat der Hansestadt Lübeck den Auftag, das Lübsche Recht, welches nur handschriftlich zur Verfügung stand und in über 100 Städten angewandt wurde, in eine Druckfassung umzuwandeln. Der lübsche Rat benannte 3 Mitglieder, welche die vorhandene Fassung prüfen und ggf. berichtigen sollten. Das haben sie auch gemacht, aber als die gedruckte Fassung vorlag stellte sich heraus, dass alles schlimmer als vorher.
Auf dem Titelblatt des Lübschen Rechts von 1586 sind die 3 Ratsherren, die für die Überarbeitung verantwortlich waren, nicht vermerkt, da steht nur der Name des Druckers, nämlich Johann Balhorn. Daher der Ausdruck Verballhornung, bzw. verballhornern, obwohl der arme Drucker gar nicht dafür verantwortlich war. Die ungenannten Ratsherrn hatten die Verballhornung der Druckausgabe des Lübschen Rechts verbockt.
Der 2. Teil des Buches besteht aus einer Erzählung über einen Tag im Leben des Johann Balhorn, manchmal auch mit Doppel-L geschrieben.
Im 3. Teil gibt es eine Reihe von Rezepten aus der Zeit, welche sprachlich der heutigen Zeit angepasst wurden. Es ist sehr „fischlastig“, was natürlich dem Leben in einer Hafenstadt geschuldet ist. Ein Teil der Rezepte darf ich also nicht nachkochen. Ich bin sehr gespannt, was von den Rezepten für uns übrigbleiben wird.