Ich werde sie nicht los

Es ist nicht einfach für mich, „Titanic – das Musical“ hinter mich zu lassen. Es hat mich fasziniert, begeistert, berührt – vielleicht auch deswegen, weil ich als Schifffahrtsmensch mit der Materie der Seefahrt vertraut bin und gesehen habe, wie viel Wahrheit in den Dialogen der Rollen steckt, an welche Kleinigkeiten seitens der Regie gedacht wurde um ein wahrheitsgetreues Bild auf die Bühne zu bringen. Meine Vorstellungskraft reicht so weit, dass ich die Titanic bei dem Lied „Kein Mond – kein Wind“, kurz vor dem Zusammenstoss mit dem Eisberg, durch die kalte dunkle Nacht fahren sah. Die grossartigen Schauspieler haben es verstanden, 11 Mal alles um mich herum vergessen zu lassen. Es war, als sei ich mitten drin gewesen im Geschehen.

Auf der Abschlussparty hatten wir den Eindruck, dass die Produktion auch getragen wurde vom Zusammenhalt des Ensembles. Jeder Künstler für sich ist zwar eine individuelle Persönlichkeit. Doch wenn die Chemie untereinander nicht stimmt, ist es schwer, eine in sich runde und geschlossene Aufführung auf die Bühne zu bringen und die Zuschauer zu fesseln.

Ich mag es mir nicht vorstellen, dass „Titanic – das Musical“ nicht wieder aufgeführt werden wird, das hat es nicht verdient.

Herbstzeit – Erkältungszeit

Am Donnerstag hatte ich noch 3 Pakete Taschentücher in der Firma verbraucht, gestern merkte ich, dass ich langsam aber sicher den Schnupfen los werde, heute ist fast gar nichts mehr davon zu merken. Die alte Weisheit stimmt mal wieder: 3 Tage kommt er – 3 Tage bleibt er – 3 Tage geht er. Heute ist der 9. Tag.

Es war ja wohl nicht zu vermeiden, dass ich Bernd anstecke. Er hat noch einen Husten dazu bekommen. Er wird wohl noch ein paar Tage damit zu tun haben.

Für heute Abend hatten wir liebe Gäste eingeladen: Holli und Gunnar. Bernd und ich entschlossen uns gestern Morgen, die Einladung abzusagen. Bevor ich dies aber machen konnte, bekam ich von Holli eine Mail. Er teilte uns mit, dass er und Gunnar ziemlich stark erkältet sind und ob wir das Treffen um eine Woche verschieben könnten. Klar können wir.

Jetzt machen wir es uns heute Abend wieder vor dem Fernseher auf dem Sofa gemütlich und ich werde Bernd pflegen.

Einfach müde

So ist das eben wenn man feiert: Am Tag danach ist nicht viel mit einem anzufangen. Wir sind müde, uns ist kalt, was wohl eine Folge der Müdigkeit ist. Meine Gedanken sind noch beim gestrigen Abend. Die Bilder gehen mir nicht aus dem Kopf. Einiges, was ich zum gestrigen Abend geschrieben habe, könnte noch ergänzt werden. Wenn ich es verarbeitet habe, werde ich vielleicht eine Nachbereitung machen.

Lachen und weinen


Ich war mir schon bewusst, dass dieser Abend Emotionen freisetzen würde. Doch will ich von vorn beginnen:

Im Theater Neue Flora wurde heute die letzte Vorstellung von „Titanic – das Musical“ aufgeführt. Karten dafür hatten wir schon seit einigen Wochen. Seinerzeit wussten wir noch nicht, dass es Karten für die letzte Vorstellung sind, hiess es doch damals, dass die Derniere am 5. Oktober stattfinden würde. Umso gespannter warteten wir auf diesen Abend, seit uns bekannt war, dass wir an diesem Ereignis teilnehmen können.

Eine Überraschung war die Besetzungsliste, die per Monitor im Foyer angezeigt wird: Jens Janke, der vor 3 Wochen vor unseren Augen herzlich von seinen Kollegen verabschiedet worden war, würde noch ein Mal den Funker spielen. Robert Lenkey als Isidor Straus war leider nicht dabei, die Rolle sollte von Ulrich Thalle übernommen werden. Nun gut, damit musste ich mich abfinden. Ich wusste bereits, dass Marina Edelhagen, die so grandios die Rolle von Ida Straus gespielt hatte, auch schon ihre letzte Vorstellung hatte. Ihr Part würde heute Abend von Masha Karell gespielt werden, sie spielte sonst die reiche Witwe Cardoza. Es würde also spannend werden, wie diese Vorstellung mit einer teilweisen anderen Besetzung gefallen würde. Wir rechneten damit, dass anlässlich dieser allerletzten Aufführung ein paar Spässe seitens der Darsteller eingebaut werden würden.

Die Vorstellung begann ganz normal. Aber dann wurde plötzlich der Unterschied zu einer normalen Vorstellung sichtbar: Nach dem die Passagiere an Bord gegangen sind und das Schiff abgelegt hat, stehen Passagiere und Besatzungsmitglieder an der Reling und winken den Schaulustigen am Kai zu. In diesem Moment zückten Hunderte von Menschen im Publikum Taschentücher und winkten zurück. Da wir recht weit hinten sassen, war das für uns ein überwältigender Anblick. Patrick Stanke, der den Heizer spielt, konnte nicht mehr weitersingen und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. Er war sicher nicht der Einzige, dem das passierte.

In der nächsten Szene kommt der Reeder auf die Brücke und will mit dem Kapitän und dem Schiffsbauer anstossen. Robin Brosch als Reeder hat die vorherige Situation aufgenommen und seinen Text ein wenig abgeändert: „Nach dem wir so herzlich verabschiedet worden sind…… „. Für diese Geste erhielt er den ersten Szenenapplaus des Abends.

So richtig aus sich heraus kamen die Schauspieler beim „1. Klasse-Dinner“: Benjamin Guggenheim wusste nicht mehr, die wievielte Atlantiküberfahrt er gerade machte. Der Major hatte eins seiner Abenteuer, mit denen er immer nervte, vor vielen Jahren mit gottlosen Wilden in Hamburg statt in Indien. Die Astors kamen statt aus Paris von ihrer Reise nach Hamburg zurück. Jedes Mal gab es Beifall, Jubel und Gelächter im Publikum. Verstehen kann das sicher nur Jemand, der den Ablauf der normalen Vorstellung kennt. Später, bei der Szene im Rauchsalon, erzählte der Major von seinem Abenteuer mit 2000 gottlosen Orchestermusikern.

Bei dieser Vorstellung ist wohl fast alles an Darstellern auf der Bühne gewesen, die je in dem Stück mitgespielt haben. Alle wollten an diesem Abend dabei sein. Besonders zu sehen war dies bei den Massenszenen, wie z.B. das Leben und die Träume der 3. Klassepassagiere und das Wecken nach dem Zusammenstoss mit dem Eisberg.

Ein niedlicher Gag: Der Teddybär des Sohnes der Thayers hatte eine Schwimmweste an und dazu noch eine Taucherbrille auf.

Nach dem Zusammenstoss versammeln sich die Passagiere der 1. und 2. Klasse im grossen Salon. Ein Servierwagen wird hereingeschoben und Getränke werden angeboten. Das Schiff bekommt langsam Schlagseite und der Servierwagen rollt über die Bühne. Der Wagen wurde sonst von einem der Stewards angehalten. Heute rollte der Wagen weg auf die Seitenbühne und die Passagiere wussten nicht mehr, wo sie ihre Gläser abstellen sollen, als sie den Salon zur Rettungsaktion verlassen müssen. Alle liefen durcheinander und versuchten irgendwo die Gläser loszuwerden.

Nächste Szene: Die Passagiere der 1. und 2. Klasse laufen über die Bühne zu den Rettungsbooten, jeweils paarweise, jeder von ihnen hat ein paar Worte zu sagen. Heute hatte eine der Damen plötzlich 2 Ehemänner, einer war die Erstbesetzung der andere die Zweitbesetzung. John B. Thayer hatte seine Frau wie einen nassen Sack über der Schulter hängen und rannte mit ihr über die Bühne. Durch die vielen kleinen spassigen Einlagen war zum Traurigsein kaum Gelegenheit.

Dann kam der Untergang. Der Kapitän gibt über ein Megaphon bekannt: „Ich gebe dieses Schiff verloren, rette sich wer kann“. Heute war auch das ein wenig anders: „Ich gebe die Titanic endgültig verloren.“ Andrews, der Erbauer des Schiffes, der einsam im Rauchsalon die Pläne studiert und erkennt, warum das Schiff dem Untergang geweiht ist, singt „Jetzt wird die Titanic endgültig sinken… “ statt „von nun an wird das Schiff noch schneller sinken…“.

Von Zeit zu Zeit erinnerte ich mich, dass es nun das letzte Mal sei, dass ich diese oder jene Szene sehen würde. Ich hatte mich ganz gut im Griff – bis dann die wirklich letzte Szene des Musicals gespielt wurde: Die geretten Passagiere sehen ihre Ehemänner und die Besatzung als Vision am Kai stehen, das letzte Lied erklingt:

„Nun fahr mit Gott, mein Schiff, Titanic!
Weit hinaus aufs Meer!
Dass Dir See und Wind stets gewogen sind!
Gute Fahrt bis zur Wiederkehr!“

Da brach es aus mir heraus. Ich liess den Tränen freien Lauf. Selbst jetzt, wo ich diese Worte schreibe, bekomme ich feuchte Augen.

Als der letzte Ton verklungen war, stand das gesamte Publikum auf. Jubelnder Beifall erschallte, der kein Ende nehmen wollte, es war einfach unglaublich. Ein Herr der Theaterleitung erschien auf der Bühne und wollte ein paar Worte sagen. Er hatte Mühe, das Publikum zur Ruhe zu bekommen. Er hielt eine kleine Rede, vor allem an die Darsteller. Danach kam das Backstagepersonal und überreichte an Jeden einen Blumenstrauss. Auch auf der Bühne gab es feuchte Augen – und wie wir später erfuhren auch hinter der Bühne.

Es wurden noch 2 Lieder gesungen: „Nur bis zum Morgen sind wir nun getrennt…“, das Lied, mit dem sich die Passagiere an Deck verabschieden als die letzten in die Boote gehen und die anderen zurückbleiben müssen, und „Ragtime“, ein fetziges Tanzlied, dass uns den Abschied vielleicht nicht so tränenreich machen sollte. Zum Schluss sind wirklich alle auf der Bühne, die mit dem Stück zu tun hatten. Selbst alle Kinderdarsteller des Thayersohnes waren dabei. Einige der Sänger warfen ihre Blumensträusse, bevor sie die Bühne verliessen, ins Publikum. Dann war die Bühne leer, es war endgültig zu Ende. Ich hatte das Gefühl, an einer Beerdigung teilgenommen zu haben, an einer Beerdigung 1. Klasse.

Genau 10 Monate ist die Titanic in Hamburg über die Bühne gefahren.

– Abschiedsparty

In der Pause hatten wir Holger getroffen. Er erzählte uns, dass nach der Vorstellung im Vorfoyer eine kleine Party stattfinden würde. Auf unseren Einwand, dass wir keine Einladung hätten, meinte er, die würden schon Niemanden rauswerfen.

Nach der Vorstellung hielten wir uns im Vorfoyer auf. Die meisten Leute verliessen das Theater. Wir standen ganz „unauffällig“ ans Geländer gelehnt und warteten, was passieren würde. 2 Herren kamen auf uns zu und fragten, ob wir auf der Liste stehen. Tja, das mussten wir leider verneinen. „Ja, also, sie werden verstehen, wir müssen hier schliessen, aber, äh, wir haben sie ja hier schon tausend Mal gesehen. Na, wir wollen mal nicht so sein. Hier haben sie das Bändchen. Viel Spass noch.“ Schon hatten wir jeder ein rotes Bändchen, das uns jetzt erlaubte, an der Party teilnehmen zu dürfen.

Im Foyer gab es ein kleines warm/kaltes Buffet, an der Bar „Stage Club“ gab es die Getränke. Ein DJ sorgte für Musik. Darsteller, Mitarbeiter und deren Freunde feierten den Abschied von ihrer „Titanic“. Bernd traf einige seiner Exkollegen, die mich auch schon von der Premierenfeier kannten. Wir hörten, von ihnen, dass direkt nach der Vorstellung damit begonnen wurde die „Blackboxen“, in denen sich die Schauspieler während der Vorstellung umziehen, zu demontieren, d.h., dass in Kürze die gesamte Bühnendekoration abgebaut sein wird um Platz zu schaffen für „Tanz der Vampire“, das Nachfolgemusical, das genau 1 Jahr nach der Premiere von Titanic seine Premiere haben wird.

Der Abend bzw. die Nacht war nett und interessant. Einige der Mitwirkenden konnte sogar ich ohne ihre Maske erkennen. Michael Flöth, der den Kapitän spielte, gehörte allerdings nicht auf Anhieb dazu. Er hat sich direkt nach der Vorstellung seinen Bart abgenommen.

Gegen halb vier verliessen wir die Party und fuhren mit einem Taxi nach Hause.

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Ich habe es befürchtet

Ein Mitreisender in unserem Abteil auf der Rückfahrt von Mannheim hustete und schnodderte, dass es eine wahre Pracht war. Er erzählte seinem Kollegen, was er alles schon gegen die Erkältung getan hatte. Und ich dachte noch: Hoffentlich erwischt es mich nicht.

Seit ein paar Tagen schon musste ich sehr viel niesen. Heute Nachmittag stellten sich dann Hals- und Kopfschmerzen ein und ich bekomme einen Schnupfen. Toll. Das kann ja ein schönes langes Wochenende werden. Es ist eben arbeitgeberfreundlich, sich am Wochenende auszukurieren. Aber was auch passiert: Samstag Abend gehe ich zur Dernière von Titanic.

QM2

Das grösste Passagierschiff der Welt, die „Queen Mary 2“, befindet sich derzeit auf Erprobungsfahrten vor der englischen Küste in der Nordsee. Das Schiff ist 345 m lang, die Maschinen haben eine Antriebsleistung von 157.000 PS. Damit ist auf der Erprobung bereits eine Geschwindigkeit von 30 Knoten erzielt worden. Der Baupreis beträgt ca. 873 Mio. Euro! Hier gibt es ein paar Informationen zur QM2. Sehenswert ist das Video „The Making of QM2“.

Ansehen würde ich mir das Schiff ganz gerne Mal, ich bin mir aber nicht sicher, ob ich auch mitfahren möchte. Wahrscheinlich kommt man ohne Krawatte gar nicht an Bord.

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Wer weiss?

4 Grad waren es heute Morgen nur, 20 Grad wurden vorhergesagt. Jetzt beginnt wieder die Zeit: Was ziehe ich an? Nun, ich gehöre nicht zu denen, die, wenn ab dem 1. Oktober mit Pullover und Jacke rumlaufen – egal ob die Sonne scheint oder nicht. Kurzarmhemden trage ich durchgehend das ganze Jahr über. Aber was soll ich denn nun heute anziehen. Ich entschied mich dafür, einen Pullover anzuziehen. Es ist bequemer, einen Pullover lässig über die Schultern zu legen wenn es auf dem Heimweg von der Arbeit warm genug sein sollte, als sich mit einer Jacke abzuschleppen, auch wenn sie noch so dünn ist.

Meine Entscheidung war richtig. Der Pullover war heute Morgen ausreichend. Heute Mittag hab ich ihn für meinen kleinen Stadtspaziergang nicht angezogen. Im Schatten war es ein wenig unwarm, in der Sonne war es genau richtig. Anscheinend war ich der Einzige, der im Hemd durch die Stadt lief. Ein mir entgegenkommender Herr schaute mich mit grossen Augen an. Er und seine Frau waren warm angezogen, zu warm eigentlich. Schal, Pullover und noch ne Jacke drüber, das war das allgemeine Erscheinungsbild der Passanten. Man kann es auch übertreiben. Vereinzelt habe ich sogar einen Hut oder eine Mütze gesichtet. Aber wer weiss, vielleicht war es das letzte Mal in diesem Jahr, dass ich so leicht gekleidet draussen sein konnte.

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Wochenende am Neckar

Freitag, 26. September 2003

– 1. Tag

Morgens um halb acht ging es los, mit dem ICE nach Mannheim. Zum Lesen hatten wir nur eine MOPO dabei. So viel steht da ja nun auch nicht drin, um ca. 4-1/2 Stunden Reisezeit zu überbrücken. Da wir Fensterplätze gebucht hatten, konnten wir zwar aus dem Fenster schauen, aber so viel Interessantes gibt die Landschaft auch nicht her. Unsere elektronische Fahrkarte war kein Problem. Der Zugbegleiter tippte Irgendwas von dem Ausdruck in seinen mobilen Computer und zog ein Mal die Kreditkarte durch den Leser. Alles war aber erst in Ordnung nachdem er den obligatorischen Zangenabdruck auf das Stück Papier gemacht hatte.

Kurz nach der Abfahrt aus Hamburg wurden wir über den Zuglautsprecher informiert, dass wir im Restaurantwagen ein „Zweites deftiges Frühstück“ einnehmen könnten. Dieses Frühstück verfolgte uns bis Kassel. Nach jedem Halt wurde diese Information in breitem hessisch wiederholt. Es fehlte nur der Zusatz, dass auch Äppelwoi angeboten wird.

Endlich war die Reise zu Ende und Mannheim war erreicht. Mit dem Taxi ging es zum Hotel „Rhein-Neckar“. Der trockene Kommentar des Fahrers: „Hier ist der Puff“. Nun ein Zimmer im Stundenhotel hatten wir nicht gebucht, aber das Hotel liegt direkt neben einer kleinen Seitenstrasse, die zwar mit einem Sichtschutz versehen ist, aber einige der Damen konnte man am Fenster auf Kundschaft warten sehen.

Das Hotel „Rhein-Neckar“ ist wirklich nett und sauber, das Zimmer gross, die Nasszelle sehr modern mit viel Glas. Die visuelle Prüfung entlockte uns ein „OK“.


Wir packten die Taschen aus und machten uns mit der Bahn auf den Weg in die Stadt. Oliver musste noch arbeiten, ihn würden wir später treffen.

Ja, Mannheim: Eine Fussgängerzone mit Geschäften, die es nicht überall gibt. Aber wir waren nicht zum Shoppen nach Mannheim gekommen. Hunger hatten wir auch. Wir fanden einen Pizza Hut wo zur Pizza dünne Cola serviert wurde. Weiter ging unser Weg. Es gab nichts Besonderes zu sehen. Ich merkte, dass Bernd schlechte Laune bekam. Aber wir mussten noch ein wenig Zeit überbrücken. Wir fanden den Wasserturm mit einem hübschen Park. Dort setzten wir uns eine Weile auf die Bank und liessen die Wasserspiele auf uns wirken.


Endlich wurde es Zeit, ins Hotel zu fahren um die „Mitbringsel“ für Oliver zu holen und uns mit ihm zu treffen. Am Fahrkartenautomat lösten wir die Fahrkarten in bewährter Teamarbeit: Bernd suchte das Ziel und ich warf das entsprechende Geld für den Fahrpreis ein: Euro 1,10. Die erste Fahrkarte wurde ausgedruckt. Wir drückten wieder die Tastenkombination, ich warf 1,10 ein und wurde aufgefordert, nachzuschiessen. Ach, da hatte ich mich wohl in den Münzen vergriffen. In der Bahn stellte Bernd dann fest, dass er eine Kinderkarte hatte und ich tatsächlich eine Karte mit dem richtigen Fahrpreis. Nachlösen? Nein, wir stehen das durch. Es war auch nichts zum durchstehen, es ging gut.

Vom Hotel aus ging es zu Fuss zu Oliver. Da wir nicht wussten wo er wohnt, kam er uns ein Stück entgegen. Wir schauten uns seine Wohnung an. Ganz ehrlich: Seine Wohnung in Flensburg gefällt mir besser. Aber Oliver fühlt sich auch in Mannheim wohl, das merkt man ihm an. Und für 6 Monate, von denen 2 schon rum sind, ist es akzeptabel.

Nach dem wir eine Flasche Sekt geleert hatten fuhr Oliver uns nach Bensheim. Dort gibt es ein Chinarestaurant, das ihm von einer Kollegin empfohlen worden war. Zum Glück hatte Oliver Plätze reserviert. Es war sehr voll, manchmal warteten Gäste auf freiwerdende Plätze. Obwohl ein leckeres Buffet angeboten wurde, suchten wir uns was von der Karte aus. Wir wollten eben gemütlich essen und uns unterhalten und nicht andauernd zum Buffet rennen.

Nach dem Essen fuhr Oliver uns zum Hotel. Wir waren zwar abgespannt aber zum Schlafen noch nicht müde genug. Bevor wir schlafen gingen schauten wir uns im Bett liegend im Fernsehen eine Sendung über einen Pferdebändiger und eine Folge von Loriots gesammelten Werken an.

Samstag, 27. September 2003

– 2. Tag

Wir haben wirklich gut geschlafen – bis wir vom Motorengedröhn der Lastwagen geweckt wurden, die beim gegenüberliegenden Supermarkt frische Waren anlieferten. Es muss so gegen 6 Uhr morgens gewesen sein. Tja, und was macht man dann, wenn man nicht mehr schlafen kann? Man döst so vor sich hin, kuschelt und was weiss ich noch.

Pünktlich um halb neun war Oliver zum Frühstück im Hotel. Es gab ein kleines, aber ordentliches Frühstücksbuffet. Wir frühstückten ausgiebig mit Saft, Kakao bzw. Milch, Brötchen, Joghurt und Müsli, ausreichend für einige Stunden.

Zuerst wollte Oliver uns zeigen, wo er arbeitet. Vom Hotel aus war er ja natürlich noch nie zur Arbeit gefahren (ich nehme nicht an, dass er im Puff nebenan gewesen ist). Er versuchte mit viel Mühe, die Strecke zu finden, was ihm auch nach ein paar Umwegen gelang. Ich muss ihm zugestehen, dass das Autofahren in Mannheim wirklich nicht einfach ist. Auf das Gelände von Daimler Chrysler durften wir natürlich nicht. Vom Werkstor erklärte Oliver uns die von dort aus sichtbaren Gebäude. Es ist schön für mich zu wissen, sich jetzt vorzustellen, wo er arbeitet, wenn ich mit ihm telefoniere.

Weiter ging es nach Heidelberg. Die grobe Richtung hatte Oliver sich bereits eingeprägt: Immer geradeaus. Ich als Beifahrer hatte die Karte, die ihm seine Vermieterin, die Schlampe, dagelassen hat. Der Zustand der Karte passte zur Schlampe: Hier und da ziemlich stark eingerissen. Wir benötigten nur einen kleinen Ausschnitt der Karte. Wegen der Risse war es fast unmöglich, die Karte entsprechend unseren Bedürfnissen zu falten. Mehrere Quadratmeter Tisch wären mir lieber gewesen als meine Knie und das Armaturenbrett. Egal, wir fanden einen Weg nach Heidelberg. Schön war’s. Links Hügel, rechts eine Ebene. Es ging durch mehrere kleine Städte. Plötzlich heulte Oliver auf: „Schriesheim! Da bin ich doch gewesen. Wieso sind wir auf dieser Strasse? Ich wollte doch die Autobahn nehmen!“ Das Problem war, dass wir nirgends ein Autobahnschild Richtung Heidelberg gesehen hatten. Ach, eigentlich war die Strecke ja ganz nett. Und wir kamen auch in Heidelberg an. In der Nähe des Bahnhofs fanden wir einen Parkplatz. Von dort machten wir uns auf den Weg Richtung Neckar. Wir wollten eine Schifffahrt auf dem Neckar machen.

Leider war in Heidelberg Stadtfest. Auf vielen Strassen und Plätze gab es Stände mit Essen und Trinken und Krimskrams. Die Strassen waren voll mit Menschen, es gab kaum ein Durchkommen. Wir schafften es, ohne uns zu verlieren, uns zum Neckarufer durchzukämpfen.

Am Anleger sahen wir, dass sich die Leute bereits an Bord begaben. Abfahrt 12.05 Uhr, es war kurz vor 12! Am Häuschen kaufte ich 3 Karten. „Hin und zurück?“ fragte der Kartenverkäufer. Ja klar wollten wir hin und zurück, wussten wir doch gar nicht, wo es hin ging. Eine Fahrt ins Blaue sozusagen. An Deck war noch reichlich Platz, das Schiff war nicht ausgebucht. Von Heidelberg ging die Fahrt den Neckar hinauf Richtung Stuttgart. Kurz nach dem Ablegen mussten wir durch eine Schleuse. Die Passagiere erhielten per Bandansage dreisprachig technische Informationen über eine Schleusung. Na, da wurde uns nichts Neues erzählt.


Weiter ging die Fahrt. Es gab genügend Informationen über das, was rechts und links des Flusses zu sehen war. Ich schaute mir die Fahrkarten an und stellte fest: Wir fahren nach Neckarsteinach – wo immer das auch ist.

Die Fahrt über den Neckar war recht angenehm. Die Herbstsonne meinte es gut mit uns. Grüne Hügel an beiden Ufern. Gelegentlich kamen uns ein Lastkähne und andere Fahrgastschiffe entgegen.


Nach einem kurzen Zwischenstopp in Neckargemünd erreichen wir Neckarsteinach, die Stadt mit den 4 Burgen. Die meisten Passagiere verliessen hier das Schiff. Wir entschieden uns, an Bord zu bleiben und gleich zurückzufahren, wollten wir uns doch noch Heidelberg ansehen. Allerdings wechselten wir vom Achterdeck auf das Vorderdeck. Von dort hat man einen viel besseren Blick auf den Fluss und die Ufer. Neue Passagiere stiegen zu und los ging es wieder Richtung Heidelberg. Vor einigen Brücken musste der Vormast geklappt werden. Die Reedereiflagge wehte dabei Bernd um den Kopf.


Nach insgesamt ca. 3 Stunden waren wir wieder in Heidelberg. Auf zum Schloss war die Devise.

Oliver schlug den Weg mit über 300 Stufen ein. Bernd und er waren mir immer ein paar Meter voraus. Nein, so schnell kann ich das nicht. Es ging vorbei an uralten Villen, die den Burschenschaften gehören. Endlich hatten wir das Ziel erreicht. Es war beinahe wie in Venedig: Ein vielsprachiges Gemurmel war um uns rum. Ein wunderbarer Blick über die Altstadt und auf den Neckar entschädigte uns für die Strapazen des Aufstiegs.

Das Schloss ist seit dem 17. Jahrhundert grösstenteils zerstört. Es muss einst ein sehr schönes Anwesen gewesen sein. Selbst die Ruine ist noch sehr beeindruckend.

Als wir Hunger bekamen, machten wir uns auf den Abstieg zur Altstadt. Dieses Mal nicht über die Treppe sondern über die enge Fahrstrasse. Durch das Menschengewühl ging es Richtung Bahnhof. Da wir nichts besseres fanden, setzten wir uns in die Aussenanlagen des neben dem Bahnhof gelegenen Restaurants. Gut, wir hätten woanders wahrscheinlich besser gegessen, aber es war akzeptabel. Und wir konnten endlich sitzen und uns ausruhen. Oliver wollte uns zum Nachtisch ein Eis ausgeben. Die Bedienung erklärte uns, dass es nur noch ganz wenig Sorten gab. Die Eissaison sei vorbei. Und sie wüsste auch nicht, warum die Eiskarte noch ausliegt. Komisch, für mich ist immer Eissaison. Na gut, dann eben nicht. Stattdessen überlegten wir, was wir noch machen wollten.

Oliver hatte herausgefunden, dass es in der Umgebung von Mannheim Wein- und/oder Federweissenfeste gibt. Federweissen mögen wir alle 3 gern. Und in Weisenheim am Berg sollte ein entsprechendes Fest sein. Also auf nach Weisenheim am Berg – über Mannheim, Ludwigshafen und Bad Dürkheim. Erstaunlicher Weise fanden wir den Weg ziemlich leicht, von ein paar Umwegen in Bad Dürkheim abgesehen. Als wir ankamen, war es bereits dunkel. Das Dorf machte einen ziemlich verschlafenen Eindruck. Wir fanden einen Parkplatz für den Wagen und erkundeten das Dorf. In den Häusern sassen Familien und spielten mit ihren Kindern. Es waren kaum Leute unterwegs, zu hören war auch nichts. Eine Muschi schloss sich uns an und liess sich von uns streicheln. Irgendwann verschwand sie in einem Feld mit Sonnenblumen zum Selbstschneiden. Nur vom Fest hatten wir noch keine Spur gefunden. Der Weg führte vorbei ein einem Weingut. Oh, da muss das Fest sein: Mit Plastikfolie hatte man ein Art Laube konstruiert. Ein paar Leute sassen auf Bänken an langen Tischen und waren laut. Als wir stehen blieben, wurden wir bereits neugierig betrachtet. Nein, hier wollten wir nicht bleiben. So hatten wir uns das nicht vorgestellt.

Was jetzt? Ich machte den Vorschlag, dass wir zurück fahren nach Mannheim und uns dort in den Garten des Bistros setzen in der Nähe von Olivers Wohnung. Dort könnten wir was trinken, uns unterhalten und jeder könnte von dort zu Fuss nach Hause gehen.

Klar doch, dass wir uns in Mannheim erst Mal wieder verfahren haben. Wir kamen eine breite Strasse entlang, dann eine Ampel. „Hier rechts ab muss der „Ring“ sein“ sagte ich. Es wurde grün, Oliver bog rechts ab …. und wir landeten in der Tiefgarage vom Bahnhof. Na, immerhin wussten wir jetzt wo wir waren. Für 15 Minuten Parkzeit muss man dort nichts bezahlen. Oliver hielt kurz an, ich ging zum Automaten und liess die Parkmünze entwerten und dann ging es wieder raus. Wir fanden auch die Ringstrasse und fuhren zur Neckarstadt wo Oliver wohnt. In dem besagten Garten liessen wir uns häuslich bei Weizenbier nieder, das Oliver uns ausgegeben hat. Bernd und Oliver hatten Weizenbier mit Bananensaft bestellt. Na, auf so was wollte ich mich nicht einlassen. Aber ich hab probiert. So schlecht schmeckt das gar nicht.

Gegen 22.00 Uhr wurden die Stühle und Tische zusammengestellt. Wir waren auch müde und verabschiedeten uns von Oliver. Er ging um die Ecke nach Hause, wir hatten noch einen Fussweg von ca. 20 Minuten zu absolvieren, bevor wir im Hotel waren. Müde und erschöpft fielen wir ins Bett.

Sonntag, 28. September 2003

– 3. Tag

Das Handy weckte uns um acht Uhr morgens. Aufstehen, duschen, packen. Dann zum Frühstück. Heute gab es noch Kuchen, ein wenig trocken zwar, aber immerhin Kuchen. Nach dem Frühstück ging es rauf aufs Zimmer, die Taschen zu holen. Nachdem wir bezahlt hatten, unterhielten wir uns noch ein wenig mit der Dame an der Rezeption. Auf unsere Nachfrage, warum so ein nettes Hotel in dieser Gegend existieren kann bekamen wir zur Antwort, dass es hier in Nähe viel Industrie gibt. Das Hotel profitiert von den vielen Geschäftsleuten und Technikern, die die Firmen aufsuchen. Während der Woche ist man meist ausgebucht. Die Inhaber planen, das Grundstück gegenüber zu kaufen und dort noch weitere 40 Zimmer zu bauen. Mit einem Augenzwinkern erzählte sie uns, dass die „Damen“ nebenan auch davon profitieren.

Wo ein Puff ist, ist auch ein Taxistand. 2 Taxen warteten auf Fahrgäste. Mit Bernd und mir kamen Zwei, die zum Bahnhof wollen. Kurz vor dem Ziel fragte der Fahrer, ob wir über den Platz an der Post oder gleich hier aussteigen wollten, dann müssten wir aber die die Gleise von der Strassenbahn. Wir wollten gleich hier, der Fahrer bog ab und wir befanden uns genau an der Stelle, wo die Einfahrt zur Tiefgarage ist, in der wir gestern Abend gelandet waren. Der Fahrer steuerte den Wagen an der Einfahrt vorbei und blieb auf dem Vorplatz stehen, um uns aussteigen zu lassen. Bernd und ich mussten grinsen, als wir merkten, wo wir gelandet waren.

Für die Rückfahrt nach Hamburg versorgten wir uns mit Lesestoff und kauften ein paar Zeitschriften. Der ICE kam pünktlich. Unser Abteil war bis auf unsere beiden Plätze bereits belegt. Die Mitreisenden waren ein wenig nervig. Einer sabbelte die ganze Zeit mit seinem Kollegen. Ein alter Herr schien etwas aufgeregt, dass er auf Reisen war. Na ja, irgendwann beruhigte sich alles. Und nach mehr als 4 Stunden Reise waren wir zurück in Hamburg.

* * *

Wir haben mal wieder was Neues gesehen, wir haben schöne Augenblicke erlebt, wir hatten Spass zusammen. Doch am schönsten war es, Oliver mal wieder zu sehen.

Zurück

So, die Reisen sind dann erst Mal zu Ende, weitere sind im Moment nicht geplant. Morgen geht es wieder ins Büro. Hab da ja schon was gehört über eine technische Panne.

In den nächsten Tagen werde ich ein kleines Olli-Special machen. Oder sollte ich es „Die Irrfahrten“ nennen?

(Die sichtbaren Eintragungsdaten der Kommentare entsprechend nicht der tatsächlichen Veröffentlichungszeit)