Freitag, 26. September 2003
– 1. Tag
Morgens um halb acht ging es los, mit dem ICE nach Mannheim. Zum Lesen hatten wir nur eine MOPO dabei. So viel steht da ja nun auch nicht drin, um ca. 4-1/2 Stunden Reisezeit zu überbrücken. Da wir Fensterplätze gebucht hatten, konnten wir zwar aus dem Fenster schauen, aber so viel Interessantes gibt die Landschaft auch nicht her. Unsere elektronische Fahrkarte war kein Problem. Der Zugbegleiter tippte Irgendwas von dem Ausdruck in seinen mobilen Computer und zog ein Mal die Kreditkarte durch den Leser. Alles war aber erst in Ordnung nachdem er den obligatorischen Zangenabdruck auf das Stück Papier gemacht hatte.
Kurz nach der Abfahrt aus Hamburg wurden wir über den Zuglautsprecher informiert, dass wir im Restaurantwagen ein „Zweites deftiges Frühstück“ einnehmen könnten. Dieses Frühstück verfolgte uns bis Kassel. Nach jedem Halt wurde diese Information in breitem hessisch wiederholt. Es fehlte nur der Zusatz, dass auch Äppelwoi angeboten wird.
Endlich war die Reise zu Ende und Mannheim war erreicht. Mit dem Taxi ging es zum Hotel „Rhein-Neckar“. Der trockene Kommentar des Fahrers: „Hier ist der Puff“. Nun ein Zimmer im Stundenhotel hatten wir nicht gebucht, aber das Hotel liegt direkt neben einer kleinen Seitenstrasse, die zwar mit einem Sichtschutz versehen ist, aber einige der Damen konnte man am Fenster auf Kundschaft warten sehen.
Das Hotel „Rhein-Neckar“ ist wirklich nett und sauber, das Zimmer gross, die Nasszelle sehr modern mit viel Glas. Die visuelle Prüfung entlockte uns ein „OK“.
Wir packten die Taschen aus und machten uns mit der Bahn auf den Weg in die Stadt. Oliver musste noch arbeiten, ihn würden wir später treffen.
Ja, Mannheim: Eine Fussgängerzone mit Geschäften, die es nicht überall gibt. Aber wir waren nicht zum Shoppen nach Mannheim gekommen. Hunger hatten wir auch. Wir fanden einen Pizza Hut wo zur Pizza dünne Cola serviert wurde. Weiter ging unser Weg. Es gab nichts Besonderes zu sehen. Ich merkte, dass Bernd schlechte Laune bekam. Aber wir mussten noch ein wenig Zeit überbrücken. Wir fanden den Wasserturm mit einem hübschen Park. Dort setzten wir uns eine Weile auf die Bank und liessen die Wasserspiele auf uns wirken.
Endlich wurde es Zeit, ins Hotel zu fahren um die „Mitbringsel“ für Oliver zu holen und uns mit ihm zu treffen. Am Fahrkartenautomat lösten wir die Fahrkarten in bewährter Teamarbeit: Bernd suchte das Ziel und ich warf das entsprechende Geld für den Fahrpreis ein: Euro 1,10. Die erste Fahrkarte wurde ausgedruckt. Wir drückten wieder die Tastenkombination, ich warf 1,10 ein und wurde aufgefordert, nachzuschiessen. Ach, da hatte ich mich wohl in den Münzen vergriffen. In der Bahn stellte Bernd dann fest, dass er eine Kinderkarte hatte und ich tatsächlich eine Karte mit dem richtigen Fahrpreis. Nachlösen? Nein, wir stehen das durch. Es war auch nichts zum durchstehen, es ging gut.
Vom Hotel aus ging es zu Fuss zu Oliver. Da wir nicht wussten wo er wohnt, kam er uns ein Stück entgegen. Wir schauten uns seine Wohnung an. Ganz ehrlich: Seine Wohnung in Flensburg gefällt mir besser. Aber Oliver fühlt sich auch in Mannheim wohl, das merkt man ihm an. Und für 6 Monate, von denen 2 schon rum sind, ist es akzeptabel.
Nach dem wir eine Flasche Sekt geleert hatten fuhr Oliver uns nach Bensheim. Dort gibt es ein Chinarestaurant, das ihm von einer Kollegin empfohlen worden war. Zum Glück hatte Oliver Plätze reserviert. Es war sehr voll, manchmal warteten Gäste auf freiwerdende Plätze. Obwohl ein leckeres Buffet angeboten wurde, suchten wir uns was von der Karte aus. Wir wollten eben gemütlich essen und uns unterhalten und nicht andauernd zum Buffet rennen.
Nach dem Essen fuhr Oliver uns zum Hotel. Wir waren zwar abgespannt aber zum Schlafen noch nicht müde genug. Bevor wir schlafen gingen schauten wir uns im Bett liegend im Fernsehen eine Sendung über einen Pferdebändiger und eine Folge von Loriots gesammelten Werken an.
Samstag, 27. September 2003
– 2. Tag
Wir haben wirklich gut geschlafen – bis wir vom Motorengedröhn der Lastwagen geweckt wurden, die beim gegenüberliegenden Supermarkt frische Waren anlieferten. Es muss so gegen 6 Uhr morgens gewesen sein. Tja, und was macht man dann, wenn man nicht mehr schlafen kann? Man döst so vor sich hin, kuschelt und was weiss ich noch.
Pünktlich um halb neun war Oliver zum Frühstück im Hotel. Es gab ein kleines, aber ordentliches Frühstücksbuffet. Wir frühstückten ausgiebig mit Saft, Kakao bzw. Milch, Brötchen, Joghurt und Müsli, ausreichend für einige Stunden.
Zuerst wollte Oliver uns zeigen, wo er arbeitet. Vom Hotel aus war er ja natürlich noch nie zur Arbeit gefahren (ich nehme nicht an, dass er im Puff nebenan gewesen ist). Er versuchte mit viel Mühe, die Strecke zu finden, was ihm auch nach ein paar Umwegen gelang. Ich muss ihm zugestehen, dass das Autofahren in Mannheim wirklich nicht einfach ist. Auf das Gelände von Daimler Chrysler durften wir natürlich nicht. Vom Werkstor erklärte Oliver uns die von dort aus sichtbaren Gebäude. Es ist schön für mich zu wissen, sich jetzt vorzustellen, wo er arbeitet, wenn ich mit ihm telefoniere.
Weiter ging es nach Heidelberg. Die grobe Richtung hatte Oliver sich bereits eingeprägt: Immer geradeaus. Ich als Beifahrer hatte die Karte, die ihm seine Vermieterin, die Schlampe, dagelassen hat. Der Zustand der Karte passte zur Schlampe: Hier und da ziemlich stark eingerissen. Wir benötigten nur einen kleinen Ausschnitt der Karte. Wegen der Risse war es fast unmöglich, die Karte entsprechend unseren Bedürfnissen zu falten. Mehrere Quadratmeter Tisch wären mir lieber gewesen als meine Knie und das Armaturenbrett. Egal, wir fanden einen Weg nach Heidelberg. Schön war’s. Links Hügel, rechts eine Ebene. Es ging durch mehrere kleine Städte. Plötzlich heulte Oliver auf: „Schriesheim! Da bin ich doch gewesen. Wieso sind wir auf dieser Strasse? Ich wollte doch die Autobahn nehmen!“ Das Problem war, dass wir nirgends ein Autobahnschild Richtung Heidelberg gesehen hatten. Ach, eigentlich war die Strecke ja ganz nett. Und wir kamen auch in Heidelberg an. In der Nähe des Bahnhofs fanden wir einen Parkplatz. Von dort machten wir uns auf den Weg Richtung Neckar. Wir wollten eine Schifffahrt auf dem Neckar machen.
Leider war in Heidelberg Stadtfest. Auf vielen Strassen und Plätze gab es Stände mit Essen und Trinken und Krimskrams. Die Strassen waren voll mit Menschen, es gab kaum ein Durchkommen. Wir schafften es, ohne uns zu verlieren, uns zum Neckarufer durchzukämpfen.
Am Anleger sahen wir, dass sich die Leute bereits an Bord begaben. Abfahrt 12.05 Uhr, es war kurz vor 12! Am Häuschen kaufte ich 3 Karten. „Hin und zurück?“ fragte der Kartenverkäufer. Ja klar wollten wir hin und zurück, wussten wir doch gar nicht, wo es hin ging. Eine Fahrt ins Blaue sozusagen. An Deck war noch reichlich Platz, das Schiff war nicht ausgebucht. Von Heidelberg ging die Fahrt den Neckar hinauf Richtung Stuttgart. Kurz nach dem Ablegen mussten wir durch eine Schleuse. Die Passagiere erhielten per Bandansage dreisprachig technische Informationen über eine Schleusung. Na, da wurde uns nichts Neues erzählt.
Weiter ging die Fahrt. Es gab genügend Informationen über das, was rechts und links des Flusses zu sehen war. Ich schaute mir die Fahrkarten an und stellte fest: Wir fahren nach Neckarsteinach – wo immer das auch ist.
Die Fahrt über den Neckar war recht angenehm. Die Herbstsonne meinte es gut mit uns. Grüne Hügel an beiden Ufern. Gelegentlich kamen uns ein Lastkähne und andere Fahrgastschiffe entgegen.
Nach einem kurzen Zwischenstopp in Neckargemünd erreichen wir Neckarsteinach, die Stadt mit den 4 Burgen. Die meisten Passagiere verliessen hier das Schiff. Wir entschieden uns, an Bord zu bleiben und gleich zurückzufahren, wollten wir uns doch noch Heidelberg ansehen. Allerdings wechselten wir vom Achterdeck auf das Vorderdeck. Von dort hat man einen viel besseren Blick auf den Fluss und die Ufer. Neue Passagiere stiegen zu und los ging es wieder Richtung Heidelberg. Vor einigen Brücken musste der Vormast geklappt werden. Die Reedereiflagge wehte dabei Bernd um den Kopf.
Nach insgesamt ca. 3 Stunden waren wir wieder in Heidelberg. Auf zum Schloss war die Devise.
Oliver schlug den Weg mit über 300 Stufen ein. Bernd und er waren mir immer ein paar Meter voraus. Nein, so schnell kann ich das nicht. Es ging vorbei an uralten Villen, die den Burschenschaften gehören. Endlich hatten wir das Ziel erreicht. Es war beinahe wie in Venedig: Ein vielsprachiges Gemurmel war um uns rum. Ein wunderbarer Blick über die Altstadt und auf den Neckar entschädigte uns für die Strapazen des Aufstiegs.
Das Schloss ist seit dem 17. Jahrhundert grösstenteils zerstört. Es muss einst ein sehr schönes Anwesen gewesen sein. Selbst die Ruine ist noch sehr beeindruckend.
Als wir Hunger bekamen, machten wir uns auf den Abstieg zur Altstadt. Dieses Mal nicht über die Treppe sondern über die enge Fahrstrasse. Durch das Menschengewühl ging es Richtung Bahnhof. Da wir nichts besseres fanden, setzten wir uns in die Aussenanlagen des neben dem Bahnhof gelegenen Restaurants. Gut, wir hätten woanders wahrscheinlich besser gegessen, aber es war akzeptabel. Und wir konnten endlich sitzen und uns ausruhen. Oliver wollte uns zum Nachtisch ein Eis ausgeben. Die Bedienung erklärte uns, dass es nur noch ganz wenig Sorten gab. Die Eissaison sei vorbei. Und sie wüsste auch nicht, warum die Eiskarte noch ausliegt. Komisch, für mich ist immer Eissaison. Na gut, dann eben nicht. Stattdessen überlegten wir, was wir noch machen wollten.
Oliver hatte herausgefunden, dass es in der Umgebung von Mannheim Wein- und/oder Federweissenfeste gibt. Federweissen mögen wir alle 3 gern. Und in Weisenheim am Berg sollte ein entsprechendes Fest sein. Also auf nach Weisenheim am Berg – über Mannheim, Ludwigshafen und Bad Dürkheim. Erstaunlicher Weise fanden wir den Weg ziemlich leicht, von ein paar Umwegen in Bad Dürkheim abgesehen. Als wir ankamen, war es bereits dunkel. Das Dorf machte einen ziemlich verschlafenen Eindruck. Wir fanden einen Parkplatz für den Wagen und erkundeten das Dorf. In den Häusern sassen Familien und spielten mit ihren Kindern. Es waren kaum Leute unterwegs, zu hören war auch nichts. Eine Muschi schloss sich uns an und liess sich von uns streicheln. Irgendwann verschwand sie in einem Feld mit Sonnenblumen zum Selbstschneiden. Nur vom Fest hatten wir noch keine Spur gefunden. Der Weg führte vorbei ein einem Weingut. Oh, da muss das Fest sein: Mit Plastikfolie hatte man ein Art Laube konstruiert. Ein paar Leute sassen auf Bänken an langen Tischen und waren laut. Als wir stehen blieben, wurden wir bereits neugierig betrachtet. Nein, hier wollten wir nicht bleiben. So hatten wir uns das nicht vorgestellt.
Was jetzt? Ich machte den Vorschlag, dass wir zurück fahren nach Mannheim und uns dort in den Garten des Bistros setzen in der Nähe von Olivers Wohnung. Dort könnten wir was trinken, uns unterhalten und jeder könnte von dort zu Fuss nach Hause gehen.
Klar doch, dass wir uns in Mannheim erst Mal wieder verfahren haben. Wir kamen eine breite Strasse entlang, dann eine Ampel. „Hier rechts ab muss der „Ring“ sein“ sagte ich. Es wurde grün, Oliver bog rechts ab …. und wir landeten in der Tiefgarage vom Bahnhof. Na, immerhin wussten wir jetzt wo wir waren. Für 15 Minuten Parkzeit muss man dort nichts bezahlen. Oliver hielt kurz an, ich ging zum Automaten und liess die Parkmünze entwerten und dann ging es wieder raus. Wir fanden auch die Ringstrasse und fuhren zur Neckarstadt wo Oliver wohnt. In dem besagten Garten liessen wir uns häuslich bei Weizenbier nieder, das Oliver uns ausgegeben hat. Bernd und Oliver hatten Weizenbier mit Bananensaft bestellt. Na, auf so was wollte ich mich nicht einlassen. Aber ich hab probiert. So schlecht schmeckt das gar nicht.
Gegen 22.00 Uhr wurden die Stühle und Tische zusammengestellt. Wir waren auch müde und verabschiedeten uns von Oliver. Er ging um die Ecke nach Hause, wir hatten noch einen Fussweg von ca. 20 Minuten zu absolvieren, bevor wir im Hotel waren. Müde und erschöpft fielen wir ins Bett.
Sonntag, 28. September 2003
– 3. Tag
Das Handy weckte uns um acht Uhr morgens. Aufstehen, duschen, packen. Dann zum Frühstück. Heute gab es noch Kuchen, ein wenig trocken zwar, aber immerhin Kuchen. Nach dem Frühstück ging es rauf aufs Zimmer, die Taschen zu holen. Nachdem wir bezahlt hatten, unterhielten wir uns noch ein wenig mit der Dame an der Rezeption. Auf unsere Nachfrage, warum so ein nettes Hotel in dieser Gegend existieren kann bekamen wir zur Antwort, dass es hier in Nähe viel Industrie gibt. Das Hotel profitiert von den vielen Geschäftsleuten und Technikern, die die Firmen aufsuchen. Während der Woche ist man meist ausgebucht. Die Inhaber planen, das Grundstück gegenüber zu kaufen und dort noch weitere 40 Zimmer zu bauen. Mit einem Augenzwinkern erzählte sie uns, dass die „Damen“ nebenan auch davon profitieren.
Wo ein Puff ist, ist auch ein Taxistand. 2 Taxen warteten auf Fahrgäste. Mit Bernd und mir kamen Zwei, die zum Bahnhof wollen. Kurz vor dem Ziel fragte der Fahrer, ob wir über den Platz an der Post oder gleich hier aussteigen wollten, dann müssten wir aber die die Gleise von der Strassenbahn. Wir wollten gleich hier, der Fahrer bog ab und wir befanden uns genau an der Stelle, wo die Einfahrt zur Tiefgarage ist, in der wir gestern Abend gelandet waren. Der Fahrer steuerte den Wagen an der Einfahrt vorbei und blieb auf dem Vorplatz stehen, um uns aussteigen zu lassen. Bernd und ich mussten grinsen, als wir merkten, wo wir gelandet waren.
Für die Rückfahrt nach Hamburg versorgten wir uns mit Lesestoff und kauften ein paar Zeitschriften. Der ICE kam pünktlich. Unser Abteil war bis auf unsere beiden Plätze bereits belegt. Die Mitreisenden waren ein wenig nervig. Einer sabbelte die ganze Zeit mit seinem Kollegen. Ein alter Herr schien etwas aufgeregt, dass er auf Reisen war. Na ja, irgendwann beruhigte sich alles. Und nach mehr als 4 Stunden Reise waren wir zurück in Hamburg.
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Wir haben mal wieder was Neues gesehen, wir haben schöne Augenblicke erlebt, wir hatten Spass zusammen. Doch am schönsten war es, Oliver mal wieder zu sehen.