Der heutige Tag des Kusses wurde heute Morgen bei Radio Hamburg zum Anlass genommen, eine Telefonumfrage zu starten. Die Frage war, ob man Negerkuss sagen darf oder z.B. Schaumkuss. Es ging also eher zweitrangig um den Tag des Kusses als um die Frage, ob man das Wort Neger überhaupt noch in den Mund nehmen darf.
In meiner Kindheit sagten wir Negerkuss und sprachen auch über Neger. Ich bin mit dem Wort gross geworden und habe es niemals als Schimpfwort empfunden und auch nicht als solches gebraucht. Damals waren eben noch nicht so viele dunkelpigmentierte Mitmenschen unter uns, dass man sie hätte beschimpfen können oder müsssen.
Neger ist ja heute politisch unkorrekt. Ich hatte vor ein paar Jahren mal davon gehör, dass der Roman „Zehn kleine Negerlein“ von Agatha Christie eigens umbenannt werden sollte. Ob das geschehen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Negerküse, die beliebte süsse Leckerei, findet man im Regal des Supermartkes auch nicht mehr. Allerlei gekünstelte Umschreibungen sind stattdessen auf dem Markt.
Ahnlich ist es mit den Zigeunern. Zigeuner ist auch politisch unkorrekt. Aber es gibt noch Zigeunersauce. Eine Umschreibung dafür hat man wohl noch nicht gefunden. Sinti-und-Roma-Sauce würde wohl auch keiner kaufen.
Zigeuner liefen bei uns in den 50iger Jahren durch die Strassen, mit Teppichen über dem Arm, die sie an die Hausfrau verkaufen wollten. Am Rand der Stadt gab es von Zeit zu Zeit ein Zigeunerlager mit grossen Wohnwagen und dazu passende grosse PKW, die vorne einen Stern hatten. Es gab nur ganz wenige Leute, die sich damals so ein Gefährt kaufen konnten. Vielen waren froh, sich überhaupt ein Auto leisten zu können. Die Zigeuner konnten das. Ich fragte mich als kleiner Junge immer, ob die das Geld dafür mit dem Verkauf von Teppichen verdient hatten, was ich mir allerdings nicht vorstellen konnte.
Neger und Zigeuner waren für mich Begriffe, die normal waren. Sie waren normal, weil wir mit diesen Begriffen Menschen bezeichnet haben, die nicht aus unserem Kulturkreis stammen. Ich wiederhole hier noch mal: Wir benutzten diese Worte nicht abfällig. Es war ein ganz normaler Sprachgebrauch.
Heute muss man vorsichtig sein, in welchem Kreis man Zigeuner oder Neger sagen darf. Eventuell bekommt man nämlich verbal den erhobenen Zeigefinger zu sehen. Aber ich oute mich hiermit, dass ich im familiären Kreis oder unter Freunden oder Kollegen immer noch Neger und Zigeuner sage – und das ist nie und nimmer böse gemeint.