Mutter ist schwerhörig, ganz stark schwerhörig. Vater war auch schwerhörig. Aber er hatte sich rechtzeitig dazu entschlossen, sich ein Hörgerät anzuschaffen – wie seine Schwester auch. Warum Mutter das versäumt hat – keine Ahnung. Vielleicht hat sie gedacht, dass sie es nicht mehr braucht weil so nicht so lange leben würde.
In den letzten Wochen ist das immer schlimmer geworden mit der Schwerhörigkeit. Da sie körperlich ziemlich eingeschränkt ist, scheut sie auch davor zurück, einen HNO aufzusuchen. Alles, was außer Haus ist, ist beschwerlich für sie. Und es führt wohl kein Weg daran vorbei, dass sie zu einem Facharzt muss bevor sie zu einem Hörgeräteakustiker geht um sich ein Gerät auszusuchen und anpassen zu lassen.
Im Moment ist Mutter ja das dritte Mal in der Klinik wegen ihres Beines. Telefonieren ist ein Drama weil sie nichts versteht und dauernd nachfragt. Morgen soll sie in eine Rehaklinik verlegt werden. Diese Klinik hat 2 Häuser von denen eins an der Wakenitz liegt, ein Nebenfluss der Trave, der zum Teil wie ein See ist, ähnlich wie die Alster in Hamburg. Das andere Haus liegt am Stadtpark. Mutter weiß das.
Ich rief Mutter also heute an und sagte mit einfachen Worten: Du kommst an die Wakenitz! – Wie??? – Du kommst an die Wakenitz! – Ich komm auf die Warteliste? – Nein, du kommst an die Wakenitz!!! – Ach, ich komm an die Wakenitz!
Puh, geschafft!
Ich hatte ja im Job oft mit Kapitänen zu tun, die aus Russland oder benachbarten Staaten kommen, z.B. aus der Urkaine. Diese Kapitäne können nicht immer gut englisch sprechen bzw. verstehen. Wenn man mit denen telefoniert merkt man, ob sie eine Anweisung oder Information verstanden haben oder nicht. In der verbalen Kommunikation mit diesen Kapitänen habe ich gelernt, mit einfachen und präzisen Worten etwas zu sagen. Genau so mach ich es mit meiner Mutter. Nur kommt sie nicht aus Russland, sie ist einfach ziemlich schwerhörig.