
Nun ist doch was geschehen, was ich für berichtenswert erachte:
Gestern Abend hatte ich Lust auf ein Glas Rotwein. Da war doch noch eine Flasche, von der ich genau wusste, dass Bernd den nicht mag. Und ich muss zugeben, dass ich diese Sorte auch nur bedingt meinen Zuspruch erntet. Aber ja nichts umkommen lassen! Also zog ich den Korken und goss mir ein, ein Glas Marqués die Riscal Reserva 2005, ein spanischer Rioja, den ich vor 2 Jahren von einer Firma aus Madrid als Geschenk bekommen hatte.
(Logisch ist natürlich, dass ein Rioja aus Spanien kommt. Mein Ex-Chef bestellte mal in einem der ersten Restaurants in Lübeck einen Französchen Bordeaux.)
Ich goss mir also den Marqués ins Glas und nippte vorsichtig und war kurz davor, mich zu schütteln. Nicht, dass der Wein in den 6 Jahren schlecht geworden ist, nein, dieser Wein, von dem ich früher schon mal einige Flaschen hatte, ist einfach nicht mein Geschmack. Aber tapfer – und ja nichts umkommen lassen – trank ich das Glas aus.
Dann informierte ich mich über den Wein im Internet. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass man da was schlechtes aus Madrid geschickt hätte. Und in der Tat, ich war überrascht darüber, was das für ein toller Wein sein sollte.
Auszüge aus der Beschreibung von :
„…. und entwickelt sich von herrlichen Balsamnoten im stehenden Glas bis zu den edlen Vanillenoten der Eiche im geschwenkten Glas, ergänzt durch komplexe Gewürznoten.“
“ Dunkle Farbe im Zentrum des Glases mit kirschrotem Saum, an dem, je nach Lichteinfall, aus dem Fassausbau stammende leicht gelbliche Nuancen wahrgenommen werden können.“
„Die anfänglichen Tanninnoten auf der Zunge verlagern sich sehr schnell vom vorderen Zungenbereich an die Zungenränder, während sich die Wahrnehmungen am Gaumen von der anfänglichen Frische im vorderen Gaumenbereich zu einer angenehm warmtönigen Empfindung am Gaumensegel entwickeln. Unter der Zunge klingt der Wein schließlich mit angenehmen Röstnoten aus. “
So eine Flasche sollte etwa 15 Euro kosten, ein Preis, den ich nur ausnahmsweise dann bezahlen würde, wenn mir der Wein ausserordentlich gut schmecken würde. Aber einem geschenkten Gaul schaut man ja nicht in die Kiemen – oder so ähnlich.
Besonders der letzte Absatz der Weinbeschreibung löste eine gewisse Erheiterung bei mir aus, was Weinkenner möglicherweise nun abschätzig registrieren.
Auf einer anderen Seite fand ich noch die Aussage, dass der Wein 26 Monate in Holzfässern reift und man jetzt das Aroma von „getoastetem Eichenholz“ herausschmecken könnte. Ich frage mich, wer steckt Eichenholz in einen Toaster und verzehrt es anschliessend?
Ich beliess es bei dem einen Glas Spanischen Riojas, wie geplant, und beschloss, heute einen weiteren einen Versuch zu Wagen, zur Pizza, was ja eigentlich auch nicht geht. Pizza = Italien – Rioja = Spanien – kann ja gar nicht passen.
Für Bernd öffnete ich eine Flasche Dornfelder halbtrocken während ich mir mutig ein Glas des Marqés eingoss. Vor dem ersten Bissen stiessen wir stilgerecht an und nahmen jeweils einen Schluch Wein zu uns. Ein weiterer Schluck benetzte nach dem ersten Stück Pizza meinen Gaumen. Bernd schaute mich erwartungsvoll an und meine dann, er würde mir ein neues Glas holen und dann sollte ich doch lieber von dem Dornfelder trinken, ein Vorschlag, den ich dankbar annahm.
Nach dem Essen landete der teure Marqués de Riscal dann in der Spüle. Tut mir ja leid, und sowas passiert eigentlich auch nur, wenn etwas ungeniessbar ist. Aber nein, den Wein mag ich einfach nicht.