Wir waren schon ein paar Mal in Magdeburg. Gerade gestern Abend hatten wir Freunde zu Gast, die ein paar Jahre aus beruflichen Gründen in Magdeburg gewohnt und gearbeitet haben. Wir hatten einen netten Abend bei Glögg, Gebäck, Käse und Schinken. Heute morgen trafen wir unsere Freundin, sie auf dem Heimweg vom Wochenendeinkauf, wir gerade auf dem Weg. Ihre mentale Verbindung zu Magdeburg ist ganz ganz sicher viel intensiver als unsere. Unsere Freundin war geschockt: Da kommt man von einem netten Abend nach Hause, und dann das! Über die Hintergründe haben wir uns auch nicht weiter ausgetauscht. Die Einzelheiten kamen ja heute in Wurstschscheiben an die Öffentlichkeit. Das Ende der Wurst ist noch lange nicht erreicht. Ich saga dazu erst was, wenn überhaupt, wenn die Erkenntnisse sicher sind.
In den sozialen Medien, bei mir Instagram, werden ganz viele Kerzen für die Opfer und Hinterbliebenen anzgezündet. Es wurde auch ein Foto des jüngsten Opfers, das ums Leben gekommen ist, veröffentlicht, ein Junge, ich glaube 9 Jahre alt.
Das ganze Ding ist äusserst tragisch, unbestritten. Aber muss man jetzt ein Foto des Jungen durch die digitale Welt schicken? Nur weil er ein Kind ist? Was ist mit den anderen Opfern? Ich finde das masslos übertrieben. Ebenso die Sache mit den Kerzen. Machen die Leute das aus echter Betroffenheit oder machen sie es, weil es gut aussieht, das zu tun, so wie Kerzen auf die Gräbern der Altvorderen an Allerheiligen zu stellen, damit die Nachbarn das auch ja mitbekommen und nicht sagen können: Guck mal, die haben ihre Familie vergessen?
Ich für mich mache mein Ding und denke, dass das scheisse ist, was da gestern Abend passiert ist, ohne bisher die Hintergründe des Täters zu kennen. Aber ich steige nicht auf irgendeinen Zug auf und verkünde öffentlich meine Betroffenheit. Von Trauer will ich gar nicht erst reden. Denn trauern kann ich nur um jemanden, der mir nahesteht.