Archiv für den Monat: Juli 2002

Sommertheater

Im Büro war wieder absolut nichts los und ich beschloss deshalb, meinen Bummeltag zu nehmen. Auf dem Nachhauseweg hatte ich die Idee, heute Abend mit Bernd eine Flasche Wein auf dem Balkon zu trinken. In einem Weingeschäft suchte ich etwas passendes aus. Kaum zu Hause angekommen, hörte ich Donnergrollen. Na ja, ein Eis haben wir noch auf dem Balkon essen können. Aber ob das mit dem Wein noch was wird?

Nun, nach dem Regen haben wir dann doch noch auf dem Balkon sitzen und die Flasche Wein leeren können.

Genervt waren wir von dem Theater, was eine schräg unter uns wohnende ältere Dame veranstaltete:

Aus dem Küchenfenster einer anderen Wohnung strömten wohlriechende Kochdüfte, die bei Bernd und mir sofort Appetit, wenn nicht gar Hunger auslösten. Besagte Dame fand dieses Aroma gar nicht so nett und regte sich lauthals auf ihrem Balkon darüber auf. Aufgeregt lief sie in die Wohnung, dann wieder auf den Balkon, stand dann da uns schaute nach unten, dorthin, wo offensichtlicht lecker gekocht wurde.

Plötzlich ertönte laute Musik, spanische Folkloreweisen, die ganz bestimmt in der ganzen Nachbarschaft zu hören war. Müssen wir es uns gefallen lassen, das zu hören, was andere Leute schön finden? Ich denke nein. Also ging ich der Sache auf den Grund. Im ganzen Treppenhaus war diese Musik zu hören und wurde bereits eine Etage unter uns so laut, dass es nur von dort kommen konnte. Meine Vermutung war richtig: Die Musik drang durch die geschlossene Tür besagter Dame (kann man überhaupt von einer Dame reden, wenn so ein Aufstand verursacht wird?). Fest entschlossen, mich zu beschweren, klingelte ich bei ihr. Wahrscheinlich hat sie es gar nicht gehört – ältere Damen hören ja oft schlecht und bei dieser Lautstärke sowieso -, denn sie öffnete nicht.

Zurück auf unserem Balkon sah ich sie auf ihrem sitzen, wo sie vor sich hin grummelte. Klar, dass dort sie mein Klingeln nicht hören konnte.

Ich hätte jetzt dagegenhalten und unser Radio auf volle Lautstärke stellen können. Wahrscheinlich hätte sie da nicht mithalten können. Aber muss ich mich auf eine Stufe mit älteren Damen stellen?

Sommerhitze

Seit Samstag Nachmittag haben wir also wieder Sommer. Die Sonne brennt vom Himmel, kaum Wind – es ist einfach heiss. Es geht einfach nicht, aneinandergekuschelt einzuschlafen. Wir liegen einfach nur so da, nicht zugedeckt, und schlafen irgendwann ein.

Im Biergarten

Heute war der erste normale Probenabend nach der Uraufführung. Zur Zeit sind die Proben für mich uninteressant und so fuhr Bernd alleine. Da es ein schöner Sommertag war, bestand die Möglichkeit, dass sich einige Mitglieder nach der Probe noch im Biergarten im Stadtpark zusammensetzen. Wir verabredeten deshalb, dass ich mit der U-Bahn nachkomme.

Mein Handy klingelte, als ich gerade eine Station gefahren war. Bernd war dran und sagte mir, dass die Probe früher beendet wurde und sich alle auf dem Weg zum Biergarten befanden. Ich brauchte also nicht erst zum Probenraum sondern konnte gleich zum Biergarten gehen.

Es wurde ein schöner Abend. Für mich war es das erste Mal, dass ich dort war. Verglichen mit den Biergärten in München ist dieser eher klein, aber gemütlich ist es trotzdem oder gerade deswegen.

Der Sommer kehrt zurück

Zwei Wochen war die Sonne kaum zu sehen, höchstens mal für ein paar Minuten am Tag. Die meiste Zeit war der Himmel bedeckt mit grauen Regenwolken. Es war schon eine Sensation, wenn mal ein kleines Stück vom blauen Himmel zu sehen war. Auch wenn ich wieder arbeiten musste – wenn die Sonne scheint bin ich viel ausgeglichener.

Der Wetterbericht sagte für dieses Wochenende steigende Temperaturen und Sonnenschein voraus. Heute Mittag war von der Sonne noch nichts zu sehen. Enttäuschung machte sich bei mir breit, wollte ich doch mal wieder ein Sonnenbad auf dem Balkon nehmen. Ab ca. 14.00 Uhr ist die Sonne – wenn sie denn scheint – hinter dem Haus und der Balkon befindet sich dann im Schatten. Ein paar Minuten später wurde es plötzlich heller. Ein kleiner blauer Fleck am vergrösserte sich schnell zu einem strahlend blauen, sonnigen Himmel. Endlich. Leider lohnte es sich nicht mehr, die Sonnenliege aufzustellen. Stattdessen machte ich eine Inspektion auf dem Balkon. Die Pflanzen hatten unter dem nassen und kalten Wetter gelitten und machten nicht den Eindruck, dass sie in diesem Sommer noch willens sind, schön zu blühen. Die Stühle aus Teakholz hatten schon einen leichten grünen Überzug aus Moos. In diesem Zustand konnten wir sie nicht benutzen, die Polster würden schmutzig werden. Das bedeutete Arbeit!

Ich füllte einen Eimer mit Wasser und begann mit dem Mikrofaserputzhandschuh, den ersten Stuhl zu bearbeiten. Es war etwas mühsam. Dann hatte ich eine Idee: Ich versuchte es mit dem kleinen Dampfreinigungsgerät, dass ich in der letzten Woche bei Tchibo gekauft hatte. Mit Druck, Dampf und der aufgesetzten Bürste ging es viel einfacher, die Stühle zu säubern. Trotzdem war es noch ziemlich aufwendig und ich begann zu schwitzen, das Wasser lief mir von der Stirn ins Gesicht. Typisch, kaum scheint die Sonne und man kann sich alle Klamotten vom Körper reissen und trotzdem ist es noch viel zu warm (ich hatte inzwischen mein T-Shirt ausgezogen und nur noch Shorts an).

Die Stühle waren zu meiner Zufriedenheit gereinigt, ich war verschwitzt und musste duschen. Aber ich hatte die Voraussetzung geschaffen, endlich wieder draussen essen zu können.

Es war wohl bislang der wärmste Sommerabend. Nach dem Essen spielten 2 Runden Scrabble, ein Spiel, das sich gut für den Balkon eignet, da nichts wegwehen kann. Als es zu dunkel zum spielen wurde, stellten wir unsere Stuhllehnen ganz zurück und in fast liegender Stellung beobachteten wir den sommerlichen Sternenhimmel.

50.000 Euro

Heute hat der neue Mieter in Lübeck die Wohnung übernommen, in der die Türken gewohnt haben. Herr P. will die Wohnung als Büro benutzen. Es geht also langsam voran. Die Bauarbeiten im Keller sind abgeschlossen. Die Arbeiten im Laden sollen in der nächsten Woche beendet sein. Der Regen der letzten Tage hat auch hier seine Spuren hinterlassen, zum Glück rechtzeitig vor der Geschäftseröffnung. Es wäre schlimmer gewesen, wenn das Geschäft schon voll eingerichtet gewesen und Ware beschädigt worden wäre.

Aber jetzt ist das angesparte Geld langsam aufgebraucht und der Dispokredit wurde schon teilweise in Anspruch genommen. Jetzt brauchen wir bald Geld. Der Hausverwalter hat mal überschlagen: 50.000 Euro werden benötigt. Bei unserer Hausbank hatte ich vor ein paar Wochen bereits angerufen und angekündigt, dass wir demnächst einen Kredit benötigen.

Ich rief also Frau N. bei der Bank in Lübeck an und erklärte Ihr die Situation. Sie offerierte mir 5,4 % bei 100 % Auszahlung. Nach Rücksprache mit meiner Familie und Klärung einiger Einzelheiten mit dem Hausverwalter bestätigte ich Frau N. das Angebot. Innerhalb von 30 Minuten hatte ich telefonisch einen Kredit über 50.000 Euro vereinbart. Es verursachte bei mir eine Gänsehaut. Bleibt nur zu hoffen, dass Herr P. immer die Miete zahlen kann und wir nicht so ein Dilemma erleben wir mit den türkischen Mietern.

Ein cooler Vater zur „Homoehe“

Peter kenne ich jetzt etwas länger als 2 Jahre. Er ist Schüler an einem Gymnasium in Lüneburg. Wir haben eine sehr intensive Beziehung. Peter erzählt mir fast alles aus seinem Leben und fragt mich oft um Rat, wenn er mal nicht weiter weiss. Peters Vater schickte mir heute eine Email, über die ich mich sehr gefreut habe. Ich möchte sie Euch nicht vorenthalten:

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Lieber Herr Kloetzen,

nachdem mir Peter stets Ihre werten Grüsse übermittelt hat, darf ich Sie heute auf diese Weise mal ansprechen, weil ich vor Peter und im speziellen zu Ihrer Beziehung zu ihm ja bekannter Weise keine Geheimnisse habe, was Ihnen bestimmt ebenso recht ist. Besonders angetan war Peter von meiner Reaktion zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den gleichgeschlechtlichen Ehen, was er Ihnen ja auch gleich übermittelt hat. Dazu möchte ich nur anmerken:
Deutschland und seine Einstellung zu dieser Problematik gehört in der Welt zu den rückständigsten Nationen der modernen Welt, was mich schon lange stört. Selbst wenn man keinen eigenen Bezug zu dieser Angelegenheit hätte, so müsste es jeden erzürnen, mit welcher Verlogenheit hier insbesondere die christlichen Kirchen die Vernunft der Volkes vernebeln und böse Saat säen. Nur aus diesem Grunde war es wie ein Aufschrei, als ich in Florida das Ergebnis zur Kenntnis nahm. Meine ganze Hoffnung setze ich darauf, dass sich diese Entwicklung fortsetzt und der Begriff “ Freiheit “ endlich in seiner Gesamtheit von den staatlichen Institutionen begriffen wird.
Alles erdenklich Gute wünscht G.G.

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Ein paar persönliche Anmerkungen von Peters Vater habe ich aus verständlichen Gründen weggelassen. Mir geht es nur darum, aufzuzeigen, welche positive Meinung man zur Homo-Ehe und Homosexualität haben kann. Leider gibt es immer noch Eltern, die nicht akzeptieren wollen, dass ihre Söhne schwul sind. Herr G. hat recht: Es muss noch viel geschehen in Deutschland!

Passend zum Thema eine dpa-Meldung, die ich heute gelesen habe:

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Homo-Ehe: Stoiber unter Druck

In der Union gibt es Differenzen über die Zukunft des Gesetzes zur „Homosexuellen-Ehe“ Während Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) bekräftigte, das Gesetz werde im Fall seines Wahlsieges respektiert, forderten andere Unionspolitiker, die „Homo-Ehe“ dann zu überprüfen. Der rechtspolitische Sprecher der Union, Norbert Geis (CSU), die Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach (CDU) und der CSU-Fraktionschef im bayrischen Landtag, Alois Glück, wollen die „Homosexuellen-Ehe“ kippen.

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Wir können wirklich nur hoffen, dass uns Herr Stoiber am 22. September erspart bleibt und nicht konservative Kräfte wieder die Oberhand gewinnen!!!

Die Götter waren einsichtig

Morgens bin ich noch ohne Regen ins Büro gekommen. Irgendwann vormittags begann es dann wieder: Regen – Regen – Regen! Und heute Abend sollten wir nach Eutin! Jede Stunde schaute ich mir das Regenradar bei www.wetteronline.de an. Ein Regengebiet lag über Hannover. Das interessierte mich weniger. Eine andere Regenfront verlief wie in schmales Band von Hamburg Richtung Norden nach Schleswig-Holstein. Dieses Regengebiet machte mir Sorgen, grosse Sorgen, insbesondere deshalb, weil es seine Lage überhaupt nicht veränderte.

Das Problem war: Was zieht man an? Was nimmt man mit? Ich entschied mich für Jeans, Hemd, Pullover und Jacke. Entsprechend der aktuellen Wetterlage am Abend ist alles kombinierbar. Dazu Müllsäcke um sie bei Regen über die Beine zu legen und Handtücher, um damit die Sitze abzuwischen. Für die Pause durfte eine Flasche Sekt nicht fehlen. Bernd hatte den Auftrag, Sandwichs zu machen.

Ich verliess das Büro um 15.30 Uhr, vorher noch ein kurzer Blick auf das Regenradar: Keine Veränderung! Obwohl hier in Hamburg hatte es inzwischen aufgehört zu regnen. Ein gutes Zeichen? Abwarten!

Wir packten unsere Sachen zusammen, die 2 Rucksäcke füllten, und das nur für einen Abend. Als wir zum Auto gingen, begann wieder ein leichter Nieselregen. Es war 16.15 Uhr. Dir Vorstellung sollte um 20.30 Uhr beginnen. In 4 Stunden kann sich noch viel ändern. Ausserdem liegt Eutin ca. 100 Km nördlich von Hamburg. Dort kann das Wetter ganz anders sein.

Unser Ausflug begann mit einem Stau auf der Autobahn! Um 17.00 Uhr wollten wir Oliver und Melli in Lübeck treffen und mitnehmen. Na, das fängt ja gut an. Ca. 15 Minuten haben wir verloren. Per Handy verständigten wir uns, dass es später werden würde. Auf der Fahrt nach Lübeck verstärkte sich der Regen. Ich sah die Aufführung heute Abend schon ausfallen. Kurz vor Lübeck war die Autobahn plötzlich trocken. Ein Hoffnungsschimmer! Auch die Weiterfahrt nach Eutin verlief ohne Regen.

Wir hatten uns vorgenommen, in einem Chinarestaurant, dass in der Nähe der Waldbühne liegt, zu essen. Wir hatten nicht reserviert, aber es war noch ein Tisch für uns frei. Das Essen und der Service war gut, so wie ich es in Erinnerung hatte. Es ist bestimmt 6 Jahre oder länger her, dass wir in Eutin gewesen sind. Plötzlich bemerkten wir, dass der Regen wieder eingesetzt hatte! Wir machten uns gegenseitig Mut: Es wird schon stattfinden!

Es war soweit, auch wir mussten uns auf den Weg zur Waldbühne machen. Und es regnete nicht mehr. Aus dem Wagen holten wir unsere Rücksäcke. Meinen Pullover liess ich im Wagen. Die Jacke reichte mir. Von allen Seiten strömten die Leute herbei, bepackt mit Taschen, Decken, Kissen und Körben. Der Weg zur Bühne war teilweise mehrere Zentimeter tief aufgeweicht. Es war noch hell und man konnte ausweichen. In Gedanken war ich aber schon auf dem Rückweg. Das würde schwierig werden.

Schnell fanden wir unsere Plätze. Sie Schalensitze waren natürlich nass. Die Handtücher kamen zum Einsatz bevor wir uns hinsetzen konnten. Dann beobachteten wir das Treiben um uns herum. Langsam füllte sich die Tribüne. Die Zuschauer säuberten die Sitze, bereiteten Matten und Folien aus. In der Reihe vor uns wurde Kaffee ausgeteilt. Es herrscht in Eutin immer eine sehr ungezwungene, ja fast familiäre, Atmosphäre. Das Beobachten der Leute ist für mich ein Teil des Abends, der das Erlebnis „Oper in Eutin“ ausmacht.

Die Aufführung begann pünktlich. Die Musik wurde durch eine Plane, die den Orchestergraben abdeckte, etwas gedämpft, was aber dem Genuss nicht schadete. Die Sänger waren durchweg gut bei Stimme. Lieber Leser, Du musst bedenken: Hier wird nichts technisch verstärkt! Die Stimme muss also schon ein gutes Volumen haben, um in freier Natur den Zuschauer zu erreichen.

Interessant ist die Darstellerin der Königin der Nacht. Sie hat eine der schwierigsten Arien der Opernliteratur zu singen. Ihre erste Arie, „O zittre nicht, mein lieber Sohn“ war etwas unsicher.
Meine Aufmerksamkeit galt den Sängern, die die Bühne seitlich über den abschüssigen, nassen Rasen betraten oder verliessen. Sie mussten wohl Spikes an den Schuhen haben, keiner rutschte aus! Oder haben die das geübt?

In der Pause knallten um uns herum die Sektkorken – unser auch – und Snacks wurden verteilt. Die wenigsten Zuschauer verliessen die Tribüne. Nur wenige versorgten sich am Getränke- bzw. Imbissstand.

Nach der Pause beginnt der für mich schönste Teil der Oper. Die Königin der Nacht brachte ihre Arie „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen“ mit Bravour und ohne Fehler über die Runden. Die Koloraturen waren klar und ohne Fehler. Eine tolle Leistung! Auf der Tribüne war es still, kein Rascheln von Regenkleidung, nichts. Selbst der Wind war für ein paar Minuten nicht zu spüren, das Laub der Bäume raschelte nicht. Es war, als wenn die Natur diesen wunderbaren Tönen zuhörte.


Die Zauberflöte ist eine der wenigen Opern mit Happyend, durch die Unterstützung der Götter. Die Götter hatten einen sehr positiven Einfluss auf diesen Abend. Während der ganzen Aufführung fiel kein Tropfen Regen! Der Regengott hatte wohl mal Kaffeepause gemacht.

Nach der Vorstellung strömte eine dichtgedrängte Menschenmasse durch den spärlich beleuchteten Park über schlammige Wege zu Bussen und Autos. Wie ich befürchtet hatte, war es kaum möglich, den Pfützen auszuweichen. Wehe den Damen, die mit leichtem Schuhwerk unterwegs waren, und es waren einige unterwegs! In der Eutiner Oper kommt es nicht auf Schönheit an sondern auf Zweckmässigkeit!

Kurz vor Lübeck begann ein leichter Nieselregen. Ich verdrängte die Frage, ob es in Eutin jetzt auch wieder regnen würde. Wir hatten jedenfalls einen schönen Abend – ohne Regen. Unser Müllsäcke konnten im Rucksack bleiben.

Wir setzten Oliver und Melli in Lübeck wieder ab und verabschiedeten sie in den Urlaub. Sie fliegen morgen für 2 Wochen nach Fuerteventura. Dort ist es sicher wärmer und trockener als in diesem Sommer hier in Norddeutschland.

Der grosse Regen

Normalerweise macht mir Regen nichts aus. Erstens kann man sich mit entsprechender Kleidung dagegen schützen, zweitens ist unser Keller nicht gefährdet, überflutet zu werden. Aber seit gestern Nachmittag bin ich besorgt: Morgen fahren wir nach Eutin. Dort wollen wir uns unter freiem Himmel die Oper „Die Zauberflöte“ ansehen. Ich hoffe inständig, dass die Aufführung überhaupt stattfinden wird.

Es regnet jetzt ununterbrochen länger als 24 Stunden. Es muss doch mal wieder aufhören!

Das Premierenwochenende

Freitag, 5.5.02 – Montag 8.5.02

Freitag – Die Premiere
Für uns begann das Wochenende mit dem Aufräumen und Saubermachen der Wohnung. Wir erwarteten ja unseren Freund Frank aus München, der bei uns übernachten wollte. Ausserdem mussten die Betten hergerichtet werden, d.h. unser Bettzeug wurde im Schlafsofa verstaut. Unser Bett bekommen immer die Gäste, da es praktischer ist. Einkaufen mussten wir auch noch. Auf Grund unserer Aktivitäten hielt sich unsere Nervosität in anbetracht der heutigen Premiere noch in Grenzen. Das änderte sich schlagartig als wir zur Ruhe kamen und noch etwas Zeit zur Musse hatten, bevor wir um 15.00 Uhr in der Markthalle sein mussten. Ich bekam Herzklopfen und feuchte Hände!

Bernd und ich hatten uns für den Aufbautrupp gemeldet um den Saal mit Stühlen und Bänken auszustatten. Im Parkett wurden ca. 100 Stühle aufgestellt, auf den Stufen rund um das Parkett eine beträchtliche Anzahl von „Biergarten-Bänken“. Beides musste aus einem Raum hinter dem Saal geholt und über Stufen in den Saal getragen werden. Nach kurzer Zeit waren wir völlig durchgeschwitzt.

Um 16.00 Uhr begannen unsere Proben, Sound- und Lichtcheck. Der Tontechniker arbeitete weitgehend selbständig. Dem Lichttechniker übergab ich einen ausgearbeiteten Plan. Für die gesamte Vorstellung ist darin angegeben, welche Lichtstimmung für welchen Teil notwendig ist. Er machte sich ergänzende Notizen zu meinen Erklärungen.

Früher als erwartet traf unser Gastchor ein, der Heartland Men’s Chorus aus Kansas City. Wir gingen spontan zum Bus, begrüssten unsere Gäste mit Beifall und geleiteten sie in die Halle. Es folgten kleine Begrüssungsansprachen der jeweiligen Chorleiter. Danach setzten wir unsere Probe fort, die vom Beifall unser Gäste begleitet wurden.

Bei der anschliessenden Probe der Amerikaner bekamen wir einen ersten Eindruck von ihrem Programm.

Meine Nervosität stieg von Minute zu Minute, sicher auch die der anderen Chormitglieder. Auf den Toiletten herrsche Hochbetrieb. Ich wusste nicht, ob ich Hunger hatte oder nicht. Ich entschied mich für etwas Appetit und nahm etwas Fleisch vom Buffet. Im Foyer schaute ich nach, ob ich die von mir angeworbenen Gäste treffen konnte: Susanne und Nina aus Lübeck und meine Kollegin Jelena. Sie hatte 4 Karten gekauft. Jelena kam mit ihrem Mann Jürgen und einem befreundeten Paar. Susanne und Nina waren auch da. Wir unterhielten uns kurz. Ich war zu unruhig, ein längeres Gespräch zu führen und zog mich wieder zurück.

Der Saal wurde um 19.30 Uhr geöffnet. Die Zuschauer „tröpfelten“ herein. Der grosse Run auf die besten Plätze fand nicht statt. Wir fragten uns, ob wir vor einem halbvollen Saal auftreten mussten. Schliesslich wurde es doch noch ziemlich voll. Es wurde noch wärmer, als es ohnehin schon war. Ich schwitzte noch mehr, als ich es ohnehin schon tat.

Endlich ging es los. Unsere Gäste bestritten den ersten Teil des Abends. Ihr Programm war so gestaltet, wie man sich ein konventionelles Chorprogramm vorstellt: Ca. 50 Männer standen in 3 Reihen im Halbrund auf der Bühne. In der 2. Hälfte wurde es dann doch etwas aufgelockerter: Ein paar lustige Einlagen sorgten für Erheiterung im Publikum, das zum Abschluss gesungene Medley aus dem Musical „The Wizard of Oz“ wurde begleitet von kostümierten Solisten. Die einzelnen Stücke wurden vom Publikum mit höflichem bis starkem Beifall, teilweise mit Fusstrampeln belohnt. Es gab eine Zugabe.

Dann kam die Pause. Ich versuchte Werner ausfindig zu machen. Ich habe ihn im Chat kennen gelernt. Werner ist Ende Juni von Göttingen nach Hamburg gezogen. Ich entdeckte ihn mit seinem Begleiter. Da ich Werner gerne persönlich kennen lernen wollte, ging ich zu ihnen um eine paar Worte zu wechseln. Auf Grund meiner Nervosität kam ein richtiges Gespräch leider nicht zu Stande und ich ging zu meinem Platz am Mischpult.

Die Pause neigte sich dem Ende zu. Oh welche Spannung! Wir waren dran! Die „Piraten“ haben Uraufführung!

Einen ersten Erfolg verbuchten wir mit unserem Bühnenbild, einem Prospekt als Hintergrund mit blauem Himmel und weissen Wolken. Wird der Prospekt von hinten beleuchtet, erscheint die Silhouette eines Piratenkapitäns. Dieses Bild wird gleich in der ersten Szene eingesetzt. Ein Raunen ging durch das Publikum.

Es würde zuviel werden, unser Show hier detailliert zu beschreiben. Nur soviel so noch gesagt: Das Publikum geizte nicht mit Beifall, Standing Ovations am Ende! Ich bekam eine Gänsehaut, als ich sah, wie sich das Publikum fast geschlossen von den Sitzen erhob. Zwei Zugaben hatten wir eingeplant, eine dritte war notwendig! Dazu nahmen wir ein Lied aus unserem Stück: „Schrubben“. Glücklich nahmen der Chor, der Dirigent und der Pianist den Beifall entgegen. In solchen Momenten möchte ich auch dort auf der Bühne stehen, wohl wissend, dass ich nicht singen kann.

Zusammen mit dem Gastchor wurde zum Abschluss ein gemeinsames Lied gesungen. Dann hatten wir es endgültig geschafft.

Es gab Sekt für alle Beteiligten. Wir waren zufrieden, denn wir wussten jetzt: Die ganze Arbeit hat sich gelohnt. Unser neues Programm war nicht durchgefallen, es ist erfolgreich über die Bühne gegangen.

Frank war während der Aufführung direkt vom Flugplatz in die Markhalle gekommen. Zusammen mit ein paar Anderen trafen wir uns im kleinen Kreis im Café Gnosa zu einer kleinen Premierenfeier. Von dort gingen wir nach Hause, unterhielten uns noch eine Weile mit Frank und fielen dann erschöpft aber zufrieden ins Bett.

Samstag – der 2. Abend mit Aftershowparty

Der Tag begann mit einem ausgiebigen, gemütlichem Frühstück mit Frank.

Frank verabschiedete sich mittags zu einem Date. Ich bereitete das Essen für Oliver und Melli vor, die sich heute unsere Show ansehen wollten. Sie mussten alleine essen weil wir wieder rechtzeitig in der Markthalle sein mussten. Bernd suchte seine CDs zusammen. Nach der Vorstellung heute Abend sollte es die grosse offizielle Premierenparty geben, zu der Bernd und Holli die DJs machten.

Am frühen Nachmittag trafen Oliver und Melli ein, einen Augenblick später Frank. Bernd und ich fuhren mit einem Taxi (wegen der grossen Kiste mit den vielen CDs) zur Markhalle.

Dort gab es zuerst eine Nachbetrachtung des gestrigen Abends. Erste positive Rückmeldungen wurden verkündet, z.B. möchte Friedhelm Mönter vom NDR eine ganze Sendung mit uns machen. Richard verkündete die Anzahl der gestrigen Besucher, es waren 390. Für heute waren im Vorverkauf 100 Karten mehr verkauft worden. Für die Abendkasse lagen ca. 200 Vorbestellungen vor. Heute würde es voll werden. Wir mussten zusätzliche Bänke aufstellen.

Danach waren wieder eine kleine Probe notwendig, ich besprach mit dem Lichttechniker ein paar Änderungen.

Die hektische Nervosität von gestern war nicht mehr vorhanden, heute war es eher normales Lampenfieber, dass sich vor jeder Vorstellung breitmacht.

Heute hatten Bernd und ich 5 persönliche Gäste: Bernds Mutter, Oliver und Melli und ein Freund von uns: Der Pirat (ein Synonym) mit seinem Freund Ulf. Wir trafen alle vor der Vorstellung im Foyer und machten sie miteinander bekannt.

Der Ablauf des Abends war der gleiche wie gestern: Saalöffnung um 19.30 Uhr. Die Amerikaner gestalten den ersten Teil des Abends, Schola Cantorosa den zweiten.

Bei Öffnung der Saaltür strömte das Publikum nur so herein. Kurz vor Vorstellungsbeginn standen noch Leute an der Kasse. Heute wird es voll – und noch wärmer! Hoffentlich klappt wieder alles!

Der Heartland Men’s Chorus beendete routiniert sein Programm. Das Publikum war zufrieden, so wie es sich anhörte, schwang etwas mehr Begeisterung mit als am Abend vorher.

Die Pause musste verlängert werden. Wegen der grossen Wärme im Saal waren wohl alle durstig und lange Schlangen bildeten sich am Tresen.

Margret – Bernds Mutter -, Oliver und Melli waren sitzen geblieben. Ich ging zu ihnen. Ich bemerkte, dass irgendwo in der Nähe geraucht wurde, obwohl vor Vorstellungsbeginn darum gebeten wurde, mit Rücksicht auf die Sänger im Saal nicht zu rauchen. Margret zeigte mir den Verursacher, über den ich mich hier nicht näher auslassen möchte. Höflich aber bestimmt bat ich ihn, seine Zigarre im Foyer zu Ende zu rauchen. Mürrisch kam er der Aufforderung nach.

Ich ging zurück in den Backstagebereich um zu sehen, wie dort die Stimmung heute ist. Dabei wäre ich fast an meinem Mann vorbeigelaufen. Er war schon für den Auftritt geschminkt und ich hätte ihn fast nicht erkannt.

Endlich war die Pause vorbei und wir waren wieder dran. Abgesehen von einer kleinen Lichtpanne verlief die Aufführung störungsfrei. Das Publikum war wieder begeistert, wenn auch nicht ganz so enthusiastisch wie am Abend vorher. Aber drei Zugaben waren wieder notwendig. Im Anschluss wieder das gemeinsame mit Lied mit den Gästen: „A Chorus of Lovers and Friends“.

Sekt hinter der Bühne, beseelt vom Erfolg Umarmungen und gegenseitige Glückwünsche! Etwas Arbeit war auch noch notwendig: Für die Premierenparty musste der Saal von Stühlen und Bänken geräumt werden. Die Piraten schminkten sich ab und zogen sich um.

Und dann begann die Party! Sicher über 200 Leute nahmen daran Teil. Es wurde wild getanzt zur Musik, die Bernd und Holli auflegten. Die „Schola-Songs“ wurden von den Chormitgliedern mit der dazugehörigen Choreographie begleitet. Der Funke sprang über auf die tanzende Menge und fast alle schlossen sich an. Es war einfach toll. Die Party war der krönende Abschluss beider Abende. Gegen 03.00 Uhr am Sonntag morgen waren nur noch eine Handvoll Leute da. Und wenig später war es dann auch vorbei.

30 Minuten später waren wir zu Hause. Als wir um 04.00 Uhr ins Bett gingen wurde es langsam hell und die Vögel fingen an zu singen.


Sonntag – Abschiedstränen

Am späten Vormittag gab es wieder ein ausgiebiges Frühstück mit Frank. Er konnte den Tag leider nicht mit uns verbringen, er musste schon zurück nach München. Bernd und ich brachten ihn zum Flugplatz.

Nachmittags war eine Ausfahrt auf der Elbe geplant mit Kaffee und Kuchen an Bord. Um 15.00 Uhr sollte es losgehen. Aber daraus wurde nichts, die Elbe war gesperrt. Ein über 300 m langer Frachter wurde bei der Werft Blohm und Voss ausgedockt. Es war ein interessantes Ereignis und für unsere Gäste eine ungeplante Erweiterung des Programms.

Unsere Abfahrt verzögerte sich um ca. eine halbe Stunde. Die Fahrt ging elbabwärts bis Blankenese. Bei Kaffee und Kuchen und später an Deck war Gelegenheit, sich mit unseren Gästen zu unterhalten. Auf der Aftershowparty kam man sich zwar auch näher – beim Tanzen. Um sich zu unterhalten war die Musik zu laut.

3 Stunden dauerte unsere Fahrt auf der Elbe und durch einige Hafenbecken. Als wir ein anderes Fahrgastschiff überholten, winkten uns einige der Passagiere zu. Wir erwiderten den Gruss und bedankten uns mit einem kollektiven, schrillen „Huhu“.

Der kleine Ausflug endete an den Landungsbrücken. Von dort gingen wir zu Fuss, entlang an der Speicherstadt, zum „Gröninger“. Dort war ein Buffet vorbereitet. Dazu gab es hausgebrautes Bier vom Fass. 4 Fässer waren aufgestellt. Jeder musste sich sein Bier selbst zapfen. Für unsere technikverwöhnten Gäste aus Amerika war das ein Erlebnis.

Die Mitglieder beider Chöre mischten sich und nahmen auf rustikalen Bänken platz. Es wurde gegessen, getrunken und man unterhielt sich.

Es kam die Zeit des Abschieds. Schola Cantorosa stellte sich hinter dem Buffet auf und sang ein Abschiedslied. Und tatsächlich rollten ein paar Abschiedstränen. Musste es denn unbedingt ein sentimentales Lied sein? Aber das ist halt Ansichtssache.


Montag – Rückblick

Früh morgens wurde ich wach, ich spürte zärtliche Berührungen. Ich öffnete die Augen, es war noch schummrig, die Vögel sangen. Ich konnte ein Blick auf den Wecker erhaschen: 04.15 Uhr. Wohlig lag ich da und genoss es, verwöhnt zu werden. Kurz bevor wir wieder einschliefen war mein letzter Gedanke: Das eben war der Abschluss eines wunderschönes Wochenendes.

Unsere Gäste waren fort. Früh morgens waren sie abgeflogen. Montag ist Probentag. Es hatte wohl keiner von uns Lust, heute Abend gleich mit den Proben weiterzumachen. Eine kleine Ruhepausen hatten wir uns redlich verdient. Trotzdem war das Bedürfnis da, heute Abend zusammenzukommen um das Wochenende, insbesondere die beiden Aufführungen, Revue passieren zu lassen.

Um 20.00 Uhr trafen wir uns um Saal des MHC. Alle waren guter Stimmung. Sebastian, unser Pianist, brachte einen der amerikanischen Gäste mit. Er nutzt die Reise für einen verlängerten Aufenthalt in Europa. Ein schnuckeliges Kerlchen! Und mit dieser Meinung stand ich nicht alleine da.

Es würde diesen Rahmen sprengen, auf die folgende Rückblende im Einzelnen einzugehen. Tatsache ist, dass es keine negativen Eindrücke gab. Ausnahmslos alle Chormitglieder waren der Meinung: Die Mühe der vergangenen Wochen hat sich gelohnt – es war ein tolles Wochenende – wir hatten Spass – es war eine runde Sache – der Chor hat einen positiven Impuls bekommen – für unsere Gäste war es das Highlight ihrer Europatournee.

Tief beeindruckt hat mich Matthias mit der Schilderung seiner Gedanken zu diesem Wochenende: Er schämte sich nicht, Tränen des Glücks freien Lauf zu lassen.

Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass wir an beiden Abenden zusammen fast 1.000 Zuschauer mobilisiert haben! Und ich möchte wetten, sie waren fast alle begeistert von uns und unseren Gästen. Der Geschäftsführer des MHC, der eine der Shows gesehen hatte, bedankte sich sich bei uns mit einer Runde Sekt.