In Thüringen und Sachsen wurden gestern neue Landtage gewählt. Das Gute zuerst: Die SPD bleibt drin. Adolf Höckler hat sein Direktmandat verpasst. Schlecht, äusserst schlecht, ist die Tatsache, dass die Nazis in beiden Bundesländern ein extrem hohes Ergebnis eingefahren haben, was leider zu erwarten war.
Ich habe heute morgen nicht alles gelesen, was über die Wahlen in den Onlinemedien zu lesen ist. Da kann ein normaler Mensch nicht ertragen, das deprimiert. Einige Kommentare sprechen davon, dass die Ampel schuld ist, dass die Leute mit der Arbeit der Bundesregierung nicht zufrieden ist, mit anderen Worten: Es war eine Protestwahl.
Aber das war es nicht, nie und nimmer. Man wählt keine Nazis, auch nicht aus Protest. Die meisten Wähler, die für das Ergebnis verantwortlich sind, wählten die Nazipartei aus Überzeugung. Nicht die Ampel ist schuld, der Wähler ist schuld daran, dass eine Regierungsbildung so gut wie unmöglich geworden ist.
Vor ein paar Tagen erschien bei ntv ein Interview des DDR-Historikers Ilko-Sascha Kowalczuk. Das, was ich herausgelesen habe, ist, dass die Bewohner der ehemaligen DDR nicht wissen, wie sie mit der Freiheit umgehen sollen, die sie Jahrzehnte nicht hatten. Sie wurden gegängelt, ihnen wurde gesagt, was sie tun dürfen und was nicht. Und plötzlich mussten sie selbst Entscheidungen treffen, etwas, das sie nie gelernt haben, der Staat entschied doch für sie.
Ist es also das Verlangen nach einer harten Hand, das Verlangen nach einem Führer, dass die Nazis so viele Stimmen bekommen haben? Die Wahlergebnisse werden in den nächsten Wochen, und bis zur im nächsten Jahr anstehenden Bundestagswahl, das grosse Thema in Deutschland bleiben. Es ist ein Thema, was uns nicht gleichgültig werden lassen sollte. Jeder Demokrat muss mit seinen zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen, Stellung gegen die Nazis zu beziehen.