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Fast wie im Knast


Seit gestern sind Besuche im Seniorenheim, in dem meine Mutter lebt, erlaubt – unter Auflagen natürlich.

Vor ein paar Jahren wurde das Heim neu gebaut, ein Teil der alten Anlagen exisiert noch, wird aber nicht mehr bewohnt. Hier finden jetzt die Besuche statt. Die Auflagen sind u.a.:
Max. 10 Besucher am Tag für das ganze Haus
Max. Besuchszeit 30 Minuten
Besuch nur auf Anmeldung zu einer bestimmen Uhrzeit
Besuch nur 1 x in der Woche
Sicherheitsabstand
Heimbewohner und Besucher getrennt durch eine Plexiglasscheibe
Nur 1 Kontaktperson darf den Heimbewohner besuchen

Am Freitag bekam ich den Anruf, dass es diese Möglichkeit jetzt gibt, ziemlich kurzfristig für dieses Wochenende. Spontang ließ ich mir einen Termin für nächste Woche Freitag geben, Mutters 96. Geburtstag.

Ich rief meine Mutter an und erzählte ich ihr die frohe Botschaft. Sie wirkte am Telefon ziemlich deprimiert. Dazu ist zu sagen, dass die Heimbewohner seit Wochen auf ihren Zimmern isoliert sind. Die Mahlzeiten werden auf das Zimmer gebracht. Kontakt besteht nur zum Pflegepersonal, zu anderen Heimbewohnern besteht kein Kontakt. Es ist wie Einzelhaft. Aber wie wir alle wissen, ist das zum gesundheitlichen Wohl der Bewohner.

Nachdem ich mit Mutter telefoniert hatte, ließ ich mir dann doch noch einen Termin für heute Vormittag geben.

Ich fuhr also ca. 90 Minuten nach Lübeck um mich 30 Minuten mit meiner Mutter zu unterhalten, bzw. ich versuchte, mich mit ihr zu unterhalten. Sie ist stark schwerhörig.

Ich fand mich also am alten Gebäude ein und trug die geforderten Angaben in ein Formular ein. Die Pflegekraft fragte, wen sie denn jetzt bringen dürfte. Nach ein paar Minuten wurde meine Mutter im Rollstuhl herangeschoben, in das alte Gebäude gebracht und dann in das Zimmer an den Tisch geschoben. Meinen Gesichts-BH hatte ich umgeschnallt, befürchte aber schon, dass Mutter mich kaum verstehen würde. Die Pflegerin sagte dann, dass sie nun verschwinden würde und blinzelte mir zu. Alles klar. Ich zog den Mundschutz also runter.

Die Unterhaltung mit Mutter war dann doch etwas zäh. Mehrmals fragte sie Dinge nach, die sie nicht verstand. Der Tisch und dann die Scheibe – es ist halt schwierig wenn man nicht richtig hören kann.

Zwischendurch erschien der Leiter des Hauses. Ich unterhielt mich ein wenig mit ihm. Dass ich den Gesichtsschutz nicht richtig trug, war ihm egal. Er hofft, dass er das Haus zum nächsten Wochenende wieder öffnen darf. Wenn die Reproduktionszahl weiterhin steigt, bezweifel ich, dass das der Fall sein wird. Schlimmstenfalls wird sogar diese kleine Möglichkeit, seine Angehörigen im Seniorenheim zu besuchen, wieder eingestellt.

Meine Mutter meinte selbst, das Prozedere sei ja wie im Strafvollzug, auch eben deshalb, weil sie ihr Zimmer nicht verlassen darf, ich erwähnte oben ja schon „Einzelhaft“.

Nach gut 30 Minuten kam eine Pflegekraft und verkündete, dass die Besuchszeit nun leider beendet sei und schob Mutter zurück ins Haupthaus und brachte sie auf ihr Zimmer. Ich fuhr 90 Minuten wieder nach Hause in die kleine Stadt an der Elbe.

Ich habe nicht bereut, meiner Mutter diesen kleinen Gefallen getan zu haben, nicht weil heute Muttertag ist. Dieser Tag existiert einfach nicht. Ich hätte jeden anderen Tag die Chance genutzt, meine Mutter nach Wochen mal wieder zu sehen. Wie es nun weitergeht, werden die nächsten Tage bringen.

Die Heimleitung hat ein Konzept entwickelt, welches unter den gegebenen Voraussetzungen möglich ist und genehmigt wurde. Es ist wirklich nicht optimal für Heimbewohner und Besucher, aber es ist eine Möglichkeit für beide Seiten, ein paar Worte von Angesicht zu Angesicht zu wechseln.

Geisterstunde

Es war in der Nacht als ich erwachte, lag so einen Augenblick vor mich hin und merkte, dass sich meine Blase meldete. Ich schlug die Augen auf, ja, es war noch dunkel. Auf den Wecker schaue ich grundsätzlich nicht, wenn ich mal wach werde. Durch die dünnen Fenstervorhänge, die eher als Sicht- denn als Lichtschutz gedacht sind (ich hasse es, in kompletter Dunkelheit zu schlafen), fiel ein wenig Licht in das Schlafzimmer, Mond- und Straßenlaternenlicht.

Schlaftrunken stand ich auf und ging zur Toilette, öffnete die Tür, und …… ein erschrockener Schrei hallte mir entgegen worauf ich ebenso einen Schreckschrei ausstieß.

Was war passiert?: Als ich wach wurde und aufstand hatte ich nicht bemerkt, dass mein Schatz nicht im Bett lag, was total ungewönlich ist. Als ich die Toilettentür öffnete, saß mein Mann auf der Toilette und erleichterte seine Blase. Er hatte zwar gehört, dass ich aufgestanden war, hörte ein Geräusch und wunderte sich, was ich mitten in der Nacht im Schrank in der Diele suchen würde. Da er ebenfalls im Halbschlaf war und mit geschlossenen Augen dort hockte, hatte er nicht bemerkt, dass ich die Tür geöffnet hatte und dachte, ich würde am Schrank hantieren. Dann öffnete er seine Augen und sah mich in der Tür stehen woraufhin er sich so erschrocken hat, dass er diesen merkerschütternden Schrei ausstieß, so dass ich mich ebenfalls erschreckte und schrie.

So eine Szenerie, wenn zwei Personen sich gegenseitig erschrecken, kennt man sonst nur aus Filmen oder Theaterstücken. Dass sowas auch mal im täglichen Miteinander passieren könnte, hakt man dann als Phantasie ab. Tja, ist nun mal passiert.

Nachdem wir uns aneinandergekuschelt hatten, schliefen wir beide gleich wieder ein und amüsierten uns am Morgen danach über die kleine Geisterstunde.

Halleluja!


Micheal row the boat ashore – ein Spiritual, welches von den Sklaven auf St. Helena während Amerikanischen Bürgerkrieges gesungen wurde. Als uns kürzlich damit auseinandersetzten, uns ein Rudergerät zu kaufen, fiel mir dieses Spirtitual ein, welches wir seinerzeit im Englischunterricht gesungen haben. Tja nun, ich habe wohl eher weniger gesungen, wohl eher irgendwas in meinen damals noch nicht vorhandenen Bart gebrummt. Am Ende jeder Textzeile ertönt das „Halleluja“.

Es gibt, wie ich jetzt feststelle, mehrere Textversionen. Der Anfang ist jeweils gleich. Von einer Version finde ich dann die folgenden zwei Zeilen für uns besonders passend: Sister help to trim the sail, hallelujah. Na ja, wir zwei Schwestern wollen hier ja nicht segeln in der Bude, wir wollen was für unsere Muskeln tun, nämlich rudern.

Wir haben uns für dieses Gerät entschieden. Es wird nicht mit Gewichten gearbeitet sondern mit Wasser, was eben ein akustischen Ruderfeeling verusacht. Durch den Zug am Rudergerät wird eine Art Mühle im Wassertank in Drehung versetzt, der Wasserwiderstand sorgt dafür, dass eine gewisse Kraft aufgewendet werden muss. Je mehr Wasser in den Tank eingefüllt wird, umso grösser der Widerstand, umso größer der notwendige Kraftaufwand. Wir haben mit Level 3 begonnen, der Tank ist weniger als halb voll.

In den Zeiten, in denen nicht gerudert wird, wird das Gerät hochgestellt und nimmt dann nur noch wenig Platz ein.

Wir haben gestern schon mal jeder 10 Minuten gerudert und waren danach ziemlich durchgeschwitzt. Es gibt mehrere Programme, die man auf dem kleinen Computer einstellen kann. Damit werden wir uns heute beschäftigen.

Ich habe ja während meiner Reha nach der Bandscheiben-OP an diversen Kraftgeräten gearbeitet. Das Rudergerät war eins meiner Lieblingsgeräte. Ich hoffe, dass wir ausgiebig trainieren werden. Mein Reha-Fitness ist ja wegen Corona noch geschlossen. Unser Freibad wird am 1. Mai wohl auch noch nicht öffnen. Jetzt können wir zu Hause richtig loslegen.

Rosmarin statt Blumen


In diesen Zeiten Geburtstag zu haben, ist schon was besonderes. So wurde mir heute ein Topf Rosmarin überreicht statt eines Strauß Tulpen. Die Blumengeschäfte sind ja auch geschlossen. Tulpen vom Samstagsmarkt wären heute am Montag schon sehr aufgegangen. So ein Kräutertopf hält sich ja tapfer.

Eigentlich wären wir ja heute auf der Seereise von Singapore nach Dubai gewesen. Bereits 2018 hatten wir die Reise gebucht, ich wollte ja auch mal auf einer Kreuzfahrt meinen Geburtstag feiern. Heute wären wir irgendwo zwischen Mumbai und Muscat gewesen, hätten gut gegessen, Champagner getrunken und vom Kavier genascht, sowie den einen oder anderen Cocktail geschlürft. Nun, wir wissen alle, dass es anders gekommen ist.

Aber den Champagner haben wir uns nicht nehmen lassen. Ich wusste, dass im Keller noch eine Flasche davon liegt. Bisher hatte ich noch nicht die richtige Gelegenheit gefunden, diese zu öffnen. Bereits als die Reise abgesagt wurde, war mir klar: Das ist die Gelegenheit. Und so machten wir es.

Die Flasche wurde gestern bereits in den Kühlschrank gelegt und heute Morgen stießen wir damit an. Man muss die Gelegenheit beim Schopfe packen. Man wird schließlich nur einmal 70!

Umsonst gesammelt


Gestern Abend noch wurde auch die von uns gebuchte Ersatzreise abgesagt. Wir hatten eh schon nicht mehr damit gerechnet, dass wir die Kreuzfahrt von New York nach Hamburg antreten würden, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

100 Euro Trinkgeld, gesammelt für das Housekeeping sowie Bar- und Restaurantstewards werden jetzt wieder der Haushaltskasse zugeführt. Es macht keinen Sinn, im Moment auf eine andere Reise umzubuchen, auch wenn es dafür einen Rabatt geben würde. Wir warten jetzt mal ab, wie sich die Situation entwickelt.

Ein Gespräch, gehört von Maximilian Buddenbohm:
“Na, es ist nun so, wie es ist.”
“Und so ist es dann eben.”
“Genau. So ist das.”

Und dem ist nichts hinzuzufügen.

Ein Platz bleibt leer


Ein Monat vor ihrem 80. Geburtstag ist heute meine Schwiegermutter nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt aufgrund eines Schlaganfalls verstorben. Mein lieber Mann hat sie heute Nachmittag noch besucht. Kurz nachdem er wieder zu Hause war, kam der erlösende Anruf von der Klinik.

Liebe Margret, in unseren Herzen lebst du weiter. Mach’s gut!