Gendersprache

Es heißt wohl eher „gendergerechte Sprache“. Ich muss zugeben, ich tu mich schwer damit. Vielleicht liegt es an meinem Alter. Wer 1957 eingeschult wurde, so wie ich, hat eben eine andere Sprache gelernt, als die, die heute in Teilen üblich ist. Aber muss ich das auf Anordnung von Behörden oder gar Ministerien mitmachen? Nein!

Für mich ist ein Negerkuss immer noch ein Negerkuss. Ein Neger war für mich nicht das Sinnbild eines fremdartigen Menschen. Ich sage auch noch Zigeunerschnitzel oder Zigeneuersauce. Ich bin in einer Zeit, und in einer Familie aufgewachsen, in der Neger und Zigeuner keine minderwertigen Personen waren. Es waren Menschen wie du und ich! Und ja, im öffentlichen Geschreibsel hier im Blog, bemühe ich mich, das N-Wort und das Z-Wort nicht zu benutzen. Aber wer will mir das verbieten? Wenn mich jemand im privaten Kreis schief anschaut, weil ich z.B. Negerkuss gesagt habe, dann muss er damit leben.

Es geht aber um gendergerecht. Als wir 2018 auf einer Kreuzfahrt zum Nordkap waren, hatten wir in Aalesund einen Guide, eine Dame, die aus Deutschland kam. Sie erzählte uns auf der Busfahrt auch aus ihrem privaten Bereich, u.a. sagte sie „Meine Tochter lernt Koch, ja, Koch! Wir haben es hier nicht so mit Sternchen usw.“ Hach, ich hätte die Frau umarmen können.

Es gibt derzeit wichtigere Dinge in Deutschland, als darüber nachzudenken, gendergerecht zu schreiben oder zu sprechen. Damit meine ich nicht nur dieaktuellesituation. Im sozialen Bereich gibt es genügend Probleme, die wichtiger sind als Sternchen oder „innen“ oder sonstwelche sprachlichen Verrenkungen.

Schon gar nicht sollte man versuchen, eine neue Deutsche Sprache per Gesetz oder behördlicher Anweisung zu generieren. Ebenso finde ich es sinnlos, gendergerechte Sprache zu verbieten.

Eine Sprache verändert sich ständig, ohne dass Einfluss genommen wird. Lass uns doch alle reden, wie uns der Schnabel gewachsen ist. In einer nach mir folgenden Generation mag man ja so schreiben oder sprechen, wie jetzt zwanghaft versucht wird, uns einzureden, dass man jetzt „das Salzstreuende“ zu sagen hat und nicht mehr „der Salzstreuer“. Ich sage es klipp und klar: Ich will mich nicht mehr umgewöhnen. Widder halt!

10 Gedanken zu „Gendersprache

  1. Frau Momo

    Bei Worten wie Negerkuss und Zigeunerschnitzel geht es, denke ich, weniger darum, was wir damit verbinden oder wir damit aufgewachsen sind, sondern wie das z.B. Sinti und Roma empfinden.
    Da ich im Beruf gendern muss, habe ich mich irgendwie daran gewöhnt und finde es in Schriftform auch okay. Schwer tue ich mich tatsächlich auch damit, wenn Nachrichtensprecher:innen gendern.
    Das dieser CDU Azubi aus Hamburg das nun verbieten will… nun ja, wenn er sonst keine Themen hat. Die CDU sollte sich mal lieber Sorgen machen, dass sie in Sachsen-Anhalt und Sachsen inzwischen umfragetechnisch von der AfD überholt worden sind. Aber sie hacken ja lieber auf den Grünen rum, die ihnen wohl mehr Angst machen. Anders kann ich mir die verbalten Ausfälle eines Herrn Blume nicht erklären.

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      1. Frau Momo

        Herr Weiß vermutlich. Die Siedlung ist hier in der Nähe. Machen übrigens auch tolle Musik.
        Ich finde, man bricht sich keinen Zacken aus der Krone, wenn man nicht mehr Zigeunersauce oder Schnitzel sagt.
        Ich denke, das hat sich auch inzwischen so gut wie überholt. Ich würde meinen Nachbarn auch nicht als Neger betiteln. Aber ob nun Farbiger, People of Colour, das weiß ich dann auch nicht immer so genau. Tatsächlich ist es vielleicht auch schwierig nachzuvollziehen, ob und wie wichtig das ist, wenn man selber nie Diskriminierung erfahren hat. Ich habe das nicht wirklich, bei Dir weiß ich es nicht. Da gibt es ja auch wenig schmeichelhafte Bezeichnungen.

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        1. Hans-Georg

          Ich habe nie direkte Diskriminierung erfahren. Was evenuell hinter meinem Rücken geredet wurde oder wird, ist mir wurscht. Am besten ist es doch, wenn man sich selbst nicht so ernst nimmt und sich als schwuler Mann auch über Schwulenwitze amüsieren kann.

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  2. Trulla

    Lieber Hans-Georg, du bist doch recht wortmächtig, sonst würdest du nicht schon seit langem dieses Blog betreiben. Und wie ich sehe, gehst du auch sprachlich mit der Zeit, was daraus zu entnehmen ist, dass du neue Wortschöpfungen wie
    „dieaktuellesituation“ benutzt. Und da soll es für den erwachsenen
    Hans nicht möglich sein, sich von den Ausdrücken zu trennen, die er als Hänschen gelernt hat?
    Kann doch nicht so schwer sein, N… zu ersetzen (z.B. durch Afrodeutsch) und für Z… Sinti und Roma zu verwenden, wenn man weiß, dass die anderen Worte diskrimierend SIND. Auch wenn du sie nicht so meinst.

    Da wir das Thema ja schon mal hier erörtert haben, will ich mich nicht weiter verausgaben. Sondern schließe mich

    @Frau Momo an.
    Die Familie Weiss ist mir ein Begriff. Konzerte mit einigen ihrer Mitglieder habe ich zum Beispiel im Wilhelmsburger Bürgerhaus und der Harburger Kirche erlebt. Sie kennen vielleicht auch das Café Royal Salonorchester?

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    1. Frau Momo

      Ja, kenne ich. Ich wohne in Wilhelmsburg. Richtung Georgswerder gibt es eine Sinti Siedlung, die gerade saniert wird. Das war damals so eine Art Wiedergutmachung nach der Nazizeit.

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  3. Trulla

    @Frau Momo

    Genau! Es gab mal eine sehr gelungene Doku über die Siedlung (vom NDR glaube ich zu erinnern).

    Und ich möchte noch anfügen, dass auch diese Bevölkerungsgruppe gesellschaftlich immer noch sehr unter Vorurteilen und Diskriminierung zu leiden hat. Ein Grund, warum sich manche Sinti und Roma nicht als solche zu erkennen geben, um Beruf und Alltag nicht zu erschweren.
    Und wenn man so wie wir hier auf dieser Seite, die AfD von Herzen verabscheut, weil Ausgrenzung und Diskriminierung in großem Maße ihr Programm bestimmt, dann können wir doch wenigstens unseren Wortgebrauch überdenken.

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  4. Elvira

    Irgendwann im Laufe der Zeit sind Wörter wie Neger oder Zigeuner aus meinem Sprachschatz verschwunden. Ganz ohne Zwang von „oben“, sie waren plötzlich weg. Was das Umschreiben klassischer Literatur oder Musik betrifft, um dort diese Wörter zu ersetzen, bin ich der Meinung, dass das nicht sein sollte. Vielleicht könnte ein entsprechendes Vorwort eine Hilfestellung sein. Manche Kinderlieder, wie z.B. zehn kleine Negerlein, verschwinden von ganz alleine. Sprache sollte sich schleichend verändern, so wie sie es immer schon machte. Und sie sollte flüssig bleiben, ohne Stolpersteine, wie das gesprochene Gender*. Ich erinnere mich noch gut an den letzten öffentlichen Streit bei der großen Rechtschreibreform, als es zB. auch um das ß ging. Heute schreibt fast jeder nach dieser Vorgabe. Weil sie auch Sinn ergibt.
    Liebe Grüße,
    Elvira

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    1. Hans-Georg

      Ich meine auch, dass Literatur und Musik, in denen die besagten Worte vorkommen, auch so bleiben sollte wie Autoren, Komponisten und Librettisten das vor vielen Jahren angedacht haben.
      Wann spricht man schon mal über Neger und Zigeuner? Es geht doch nur noch um kulinarische Dinge wie Negerkuss und Zigeunersauce. Allerdings vermisse ich sehr das Lied „Zigeunerjunge“, das die Sängerin Alexandra so gefühlvoll interpretiert hat.

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