Und dann kam es anders

Die Vorweihnachts- bzw. Adventszeit verlief etwas anders als gedacht: Zwei Tage vor dem 1. Advent kam meine Mutter ja ins Krankenhaus. Jeden 2. Tag fuhr ich nach Lübeck um sie dort in der Klinik zu besuchen. Morgen wird sie nun endlich entlassen, vorerst (dazu ein anderes Mal mehr). Die Fahrerei war nicht besonders toll. Ca. 1 Stunde dauert eine Fahrt, etwa 1 Stunde war ich bei ihr. Ab und zu bin ich in Lübeck noch zu ihrer Wohnung gefahren. Mindestens 3 Stunden, manchmal 4, gingen an den Besuchstagen drauf.

Wenn ich nach Hause kam, war ich erstmal ein wenig geschafft. Eine 91-jährige Mutter kann anstregend sein, zumal sie sehr schlecht hört. Wenn man dann lauter spricht heisst es, ich hätte wohl schlechte Laune. Es ist halt alles nicht so einfach. Autofahren strengt auch an, obwohl man das nicht so merkt. Jedenfalls hatte ich keine große Lust, nach der Rückkehr aus Lübeck noch großartig den Haushalt zu machen. Nur das, was wirklich notwendig war, wurde angepackt.

Am „freien“ Tag wurde dann ein wenig mehr gemacht und natürlich musste auch mal was eingekauft werden. Aber mein ganzer Tagesablauf war eben durcheinander. Zumba? Da bin ich ausgestiegen, inzwischen komplett. Feste Zeiten für irgendwas liegen mir nicht.

Tja, ich hatte noch ein paar Pläne für die Vorweihnachszeit. Ich wollte z.B. noch ein paar Kekse backen und auch welche verschicken. Eine Dose hatte ich schon gekauft. Der Stollen bräuchte auch Nachschub. Nee, Backen war nicht mehr drin, ich brauche auch mal etwas Zeit für mich. Für unseren persönlichen Bedarf wurde das Backwerk aus dem Regal im Supermarkt ergänzt. Schmeckt ja auch nicht schlecht.

Heute war dann vorerst der letzte Besuchstag. Morgen wird mein Fräulein Mutter entlassen. Zu Hause ist für sie gesorgt, da habe ich keine Bedenken. Ich habe ihr aber verboten, mit Kerzen zu hantieren. Wenn sie mit einem brennenden Streichholz ins Straucheln kommt, fackelt die ganze Hütte ab. Sie wohnt ja in ihrem Elternhaus, ein 3-Familienhaus Baujahr 1900. Das geht dann ganz schnell und der Schuppen liegt in Schutt und Asche und meine Mutter mittendrin.

Als sie, in meinem Beisein, heute erfuhr, dass sie morgen entlassen wird, war die Freude natürlich groß. Aufgrund ihrer enormen Schwerhörigkeit hat sie die Untertöne leidergottseidank nicht gehört. Als ich mich von ihr verabschiedete, fragte sie nur: Wann sehen wir uns wieder? – Heiligabend! Da fiel dann erstmal ihre Kinnlade runter. Die Freunde, die im Haus wohnen, kümmern sie um sie. 2 x in der Woche kommt ihre Zugehfrau. Meine Mutter ist nicht totkrank, es besteht keine Veranlassung, den Besuchsrhytmus beizubehalten. Für den Fall, dass sie da nochmal draufrumhackt, was ich nicht glaube, habe ich mir schon eine passende Antwort zurechtgelegt.

7 Gedanken zu „Und dann kam es anders

  1. Elke

    Dann drück ich doch mal die Däumchen, dass alles gut fluppt. Und, sei etwas nachsichtig mit Deiner Mutti. 91 müssen wir erst noch werden. Das ist schon toll. Aber es ist auch normal, dass man in dem Alter nicht mehr so funktioniert wie zwanzig Jahre zuvor. Es kann nicht jeder Johannes Heesters-Gene haben. Obwohl… schön wärs schon. Liebe Grüße und TOI TOI TOI für die Frau Mamma – Elke

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    1. Hans-Georg

      Ich bin ganz bestimmt nachsichtig und sie ist dann auch einsichtig wenn man ihr erklärt, warum das dann so ist wie es ist. Und sie gibt mir auch zu verstehen, dass sie sehr froh ist, dass ich mich um verschiedene Dinge kümmer und auch einiges auf den Weg gebracht habe für die Zukunft.

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  2. Ingrid

    Ich kann mich noch gut erinnern … du weißt schon. Ein Glück, dass du nicht mehr arbeiten musst, so dass du das Ganze schaffen konntest. Das mit den festen Terminen kenne ich gut, ich hasse sie und mache außer Arztterminen möglichst keine. Allzu lange hat das mein Leben bestimmt.
    Dann wünsche ich dir mal, dass mit deiner Mutter alles gut verläuft und dass sie gut zurecht kommt.
    Liebe Grüße und schöne Feiertage,
    Ingrid

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    1. Hans-Georg Kloetzen Beitragsautor

      Guten Morgen Ingrid.
      Ich muss sehr oft an dich denken in diesem Zusammenhang. Und es war gut, dass du darüber geschrieben hattest. Es ist zwar nicht so arg, aber es ist hilfreich zu wissen, dass andere Menschen aus dem Umfeld auch solche Probleme hatten.
      Auch hier nochmal für euch: Frohe Weihnachten!

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  3. karin

    also ich denke, dass bei älteren menschen die vernetzung im gehirn deutlich verlangsamt ist, wenn du z.b. nach einem besuch wieder gehst, hat deine mutter nicht automatisch deine ganze situation im blick, also nicht: dass du weiter weg wohnst, dass du auch mal einkaufen musst, dass du einen haushalt schmeißt, etc., wir jüngeren haben das parat, sie fragt also, wann komst du wieder und nimmt an, du gehst grad nur über die straße,
    ältere menschen werden wieder wie kinder, da ist man ja auch nicht verwundert, sondern erklärt selbstverständlich ausführlich, ich kann erst dann und dann wieder kommen, weil ich ja weit weg wohne ……., ich gebe zu, wenn es um die eltern geht, möchte man, dass sie bis zum schluss sein könnten wie immer ……, ich wünsche dir seelenruhe zu der zukunft ….

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    1. Hans-Georg

      Hallo Karin.
      Meine Mutter ist trotz ihres hohen Alters noch sehr sehr fit im Kopf. Selbst die Ärzte und das Pflegepersonal in der Klinik wundern sich.
      Seit vor ein paar Jahren mein Vater nach über 60jähirger Ehe gestorben ist, lebt sie allein. Dazu kommt, dass einem die Freunde rundherum wegsterben wenn man so alt wird und sie durch ihre große Schwäche in den Beinen gar nicht mehr mobil ist. Als ihr Sohn bin ich ihr nächster Angehöriger und natürlich möchte sie mich so oft es geht um sich haben.
      Sie ist nicht noch lange nicht in dem Zustand „alte Leute wie kleine Kinder“, zum Glück. Wenn ich ihr die Dinge sage wie sie sind, ist das ok für sie und sie vergisst es auch nicht wieder. Deshalb vermute ich auch, dass das Thema „wann sehen wir uns wieder“ erledigt ist für sie.
      Meine Seelenruhe werde ich haben, egal was passiert. Sie hat ein gesegnetes Alter erreicht. Und da weiß man halt, dass Dinge auftreten können, die man nicht vermeiden kann. Ich wünsche mir und ihr nichts sehnlicher, als dass sie bis zum Ende ihrer Tage in ihrer Wohnung bleiben kann. Wenn sie doch noch in ein Heim muss – so sei es dann.

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