Europa hat gewählt

Ein schöner Abend war’s mal wieder bei unseren Gastgebern. Gastgeber? Also teilweise. Denn jeder Gast war für irgendwas zuständig, wir z.B. für den Wein. Die Gastgeber stellten ihre Wohnung und den Spargel vom Spargelbauern nebenan zur Verfügung. Schinken, Kartoffeln, Dessert, Knabberkrams für danach und den Schnaps für danach – alles wurde von jemandem mitgebracht. Ach ja, wir steuerten ja noch die Wahlzettel von Ossi bei.


Auf dem grossen Flatscreen schauten wir dann die Wahlveranstaltung aus Kopenhagen. Und in so einer grossen Gruppe, 14 Personen, wurde mit Kommentaren nicht gegeizt. Dementsprechend laut war’s, die machnmal bissigen Kommentare von Peter Urban gingen dann ab und zu unter. Aber wir ja waren zusammengekommen, um die grossartige Show aus Kopenhagen zu sehen und um gespannt auf das Wahlergebnis zu warten.

Die Damen der Runde schienen einen Hang zur Ballade zu haben, wie man den Äusserungen entnehmen konnte. Und die Herren? Na klar, die waren für Polen – wohl weniger wegen des flachen Liedguts als vielmehr wegen des gar nicht flachen Dekolletés der schlübberwaschenden Polin. Was sagte ich schon beim 2. Semi?: Sex sells.


Aber gereicht hat es nicht, die Hupen nochmal als Sieger auf der Bühne zu sehen. Schon ziemlich schnell war deutlich zu erkennen, dass Conchita Wurst aus Österreich auf den vorderen Plätzen landen würde, zusammen mit Schweden und Holland. Letztendlich machte Österreich das Rennen. Herzlichen Glückwunsch! Neidlos gönne ich unseren Nachbarn den Sieg. Da spielt es überhaupt keine Rolle, wo Deutschland denn gelandet ist. War ja eh klar, dass wir allerbestenfalls einen Platz im Mittelfeld ergattern würden.

Die Frage, wem ich denn 12 Punkte geben würde, gestaltete sich für mich recht schwer. Holland, Schweden, Österreich? Gewonnen hat bei mir dann Griechenland. Eine gemeinsame Auswertung der Punkte haben wir nicht gemacht. Wir sollten das vielleicht für das nächste Jahr ins Auge fassenn – oder nach Wien zum Finale reisen.

Habt ihr schon mal was von einem Streubart gehört? Das ist ein künstlicher Bart, den man sich ins Gesicht streut und der dann fixiert wird damit die Fusseln nicht wieder abfallen. Tina vermutet, dass Conchita sowas im Gesicht hat. Vielleicht sollte ich meine Stoppeln mal als Streubart verkaufen, so als kleines Zubrot wenn ich im nächsten Jahr Rentner bin.

Das Headerbild zeigt Conchita Wurst im Moment des Sieges, als klar war, dass sie von Schweden oder Holland nicht mehr überholt werden könnte.

10 Gedanken zu „Europa hat gewählt

  1. Elvira

    Conchita hat Ausstrahlung und Stimme, das bleibt neben ihrer Botschaft leider oft ungenannt. Auch wenn einige Votings politischer Natur waren, hat sie den Sieg in meinen Augen eindeutig verdient. Ich glaube nicht, dass viele Männer die polnische Gruppe gewählt hätte. In dem Zusammenhang würde mich aber der Text ihres Beitrages interessieren. Es würde mich nicht wundern, wenn da etliches auf die Schippe genommen wurde.

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    1. Hans-Georg

      Ich glaube nicht, dass die politischen Stimmen in der Überzahl waren, hat sie doch Punkte bekommen aus Ländern, die man eher dem konservativen Flügel zurechnen muss.
      Na ja, meine Worten zu den Reaktionen der Männer gestern Abend waren auch eher scherzhaft gemeint, so wie die Äusserungen derselben natürlich auch.

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  2. ossi1967

    Ah! Griechenland! Tja. Es tut mir in der Seele weh, daß die nur auf Platz 20 gelandet sind. Andererseits: Platz 20 von insgesamt 37. Das ist ja dann nicht soooo schlecht. 🙂

    Wir sind ja völlig sprachlosvor der Glotze gesessen, wie die Punkte für Conchita nach und nach mehr geworden sind. Du darfst nicht vergessen: Ich bin ein Jahr *nach* dem Sieg von Udo Jürgens geboren. Ich war immer der Meinung, daß es irgendwo im ESC-Regelwerk einen verklausulierten Unterpunkt gibt, daß Österreich einfach nicht gewinnen darf. Und dann das! Das hat uns schon sprachlos gemacht. 🙂

    (Während ich in der Nacht noch die letzten Zeilen im Blog getippt habe, wurden unten auf der Straße „Conchita! Conchita!“-Rufe laut und junge Burschen haben stockbesoffen „Rise like phoenix, out of the ashes…“ gegröhlt.)

    Eins muß ich noch sagen: So schön angerichtet wie bei Euch wars bei uns nicht. Wir haben uns mit Chips und Brötchen zufrieden gegeben. *LOL*

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    1. Hans-Georg

      So ganz unvorhergesehen kam der Sieg ja nun nicht nach dem Semi, wo der Saal getobt hat. Nur kann man natürlich nicht davon ausgehen, dass die Stimmung im Saal ein Barometer für den Sieg ist, besonders in diesem Fall, wo die Interpretin doch aus dem Rahmen fällt und in den konservativen Länden sicher für Kopfschütteln gesorgt haben wird.

      Das Kompliment bezüglich des Tisches werde ich bei Gelegenheit gern an die Gastgeber weiterreichen.

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  3. Inge

    Hallo Hans-Georg,
    der Beste (die Beste) gewinnt, das ist absolut richtig. Dein Schinken hats mir angetan, der sieht verdammt gut aus.
    Hab einen schönen Sonntag,
    Gruß von Inge

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    1. Hans-Georg

      *lach* – sehr nett.
      Also „mein Schinken“ ist nur für meinen Mann da!
      Aber für den Schinken waren wir nicht zuständig – aber er war sehr sehr lecker. Beim nächsten Mal lassen wir den Spargel weg und essen nur Schinken.

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  4. Hase II

    Wir waren gestern völlig mit den Nerven fertig. Nachdem klar war, dass Ö gewinnt, sind wir aufgesprungen und haben gejubelt und getanzt … unsere Hunde waren völlig verwirrt. Ich finde das so irre! Das wir das noch erleben durften!!! Wir sind eine Generation des Glücks! Jahrtausendwende, totale Sonnenfinsternis und jetzt das!!! Hach, und ich bekomme noch immer Gänsehaut wenn ich an die Momente denke, wo Ö schon wieder 12 Punkte bekommen hat. Und wieder. Und wieder! Jetzt versteh ich erst, wie es Fußballfans geht, wenn ihre Mannschaft ein Tor schießt bzw. die WM gewinnt ;-))
    Es war ein aufregender Abend. Ich bekomme heute noch Herzklopfen, wenn ich mir die Videos in der TVThek ansehe. Und ich finde nicht nur die Schluss-Botschaft von Conchita besonders ergreifend, sondern auch ihre Art, wie sie mit der ganzen Häme und den ganzen Anfeindungen umgegangen ist. So souverän, bei sich bleibend und trotzdem hat sie immer auch die Meinung anderer gelten lassen. Das, finde ich, hat echte Starqualitäten!

    Wir freuen uns auf jeden Fall über so viele positive Meldungen und Support – nicht nur aus dem schwulen Europa. Und allen homophonen Politikern sei ins Stammbuch geschrieben: Die Menschen wollen keine menschenverachtende, verhetzende Hass-Politik! Man kann Conchita mögen oder nicht! Man kann ihr Aussehen cool, grässlich, ästhetisch, bezaubernd oder was auch immer finden. Aber sie hat wie jeder Mensch das Recht, ihr Leben nach ihrer Fasson zu leben: in Würde, Freiheit und Offenheit! Und dass sie eine großartige Künstlerin ist, hat sie hinlänglich bewiesen … 🙂

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    1. Hans-Georg

      Moin Rainer!
      Wir haben uns ehrlich gefreut, dass Österreich in diesem Jahr den Preis bekommen hat.
      Der Song lief hier natürlich ein paar Mal im Radio und er klingt einfach grossartig und immer grossartiger, je öfter man ihn hört.
      Die ESCs der letzten Jahre und die eingeführte Regelung der Punktvergabe durch eine Jury UND durch das Televoting haben gezeigt, dass dieser Schritt richtig war. Es gibt zwar immer noch die „Nachbarschaftspunkte“, aber sie haben nicht mehr den grossen Einfluss wir in den Jahren zuvor. Es macht wieder mehr Spass, die Punktevergabe zu verfolgen.
      Nochmal herzlichen Glückwunsch nach Österreich und an Conchita, die wirklich eine grosse Präsenz auf der Bühne zeigte.
      Leider ist mir in einem anderen Blog eine recht starke Kritik an ihr begegnet. Es geht, vereinfacht gesagt um das Thema „Transe mit Bart“, also „entweder – oder“. Wenn man das in einem kleinen Nebensatz abhandelt, ok, es muss nicht jeder alles leiden mögen. Aber das, was ich da gelesen habe, ist schon recht heftig. Jeder hat das Recht, ob schwul oder nicht, sein Äusseres nach eigenem Gutdünken zu gestalten. Und natürlich kann sagen, dass einem das nicht gefällt. Das, was ich da gelesen habe geht, meiner Meinung nach, schon in Richtung Intoleranz.
      Hoffen wir nun, dass Österreich es schafft, im nächsten Jahr eine schöne Show auf die Beine zu stellen.

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