Provinzler in der Grossstadt


Vor ein paar Wochen erregte die Beschreibung eines Bühnenstückes meine Aufmerksamkein: Das Geheimnis der Irma Vep.

Zitat aus der Kurzbeschreibung: „Vier Frauen- und vier Männerrollen in atemberaubendenem Wechsel von zwei Darstellern gespielt – hysterisch, abgedreht und mit ganz, ganz schlimmen Kostümen“. Das Original soll eine der erfolgreichsten Off-Broadway-Komödien sein.

Alles was abgedreht ist und wo die Gefahr besteht, dass man auch lachen muss, interessiert mich. Ich fragte deshalb unsere Nachbarn Astrid und Holger sowie Claudia und Thomas, ob sie Interesse hätten, sich mit uns den Trash anzusehen. Und sie hatten. Die Karten waren schnell bestellt. Gestern Abend machten wir uns zu sechst auf in die grosse Stadt, in den Stadtteil St. Pauli, in das Schmidt Theater auf der Reeperbahn.

Die beiden Darsteller, die in acht Rollen schlüpfen, sind der Theaterdirektor und Fussballclubpräsident Corny Littmann himself und Berndhard Hofmann. Beide spielen abwechselnd Frauen- und Männerrollen, zum Teil übertriebend tuntig. Textschwächen sind gewollt gespielt eingebaut, Textänderungen von einem Darsteller lassen das Stück manchmal als Improvisationstheater aussehen. Die Handlung verkommt mehr oder weniger zur Nebensache. Corny Littmann und Bernhard Hofmann machen auf der Bühnen durch diverse kleine Anspielungn keinen Hehl aus ihrer Homosexualität. Weiss man vor der Pause manchmal nicht genau, ob man ob der dargebotenen Wortspiele lachen kann oder nicht, geht es nach der Pause sehr rasant weiter und es wird dann doch recht witzig. Na, vielleicht trug auch das Pausenbier dazu bei, dass ich das Dargebotene lustiger empfand.

Sinn hat das alles irgendwie nicht – aber muss immer alles einen Sinn haben? Ist es nicht auch mal schön, sich völlig sinnfrei und ohne Tiefgang in ein Theater zu setzen und sich sinnloses Zeugs anzusehen bzw. anzuhören?

Nach der Vorstellung trieb uns der Appetit auf den Hamburger Dom zum sinnlosen Verzehr von überteuerten Fischbrötchen. Thomas lud alle ein zum Lustigen Mäuler. In ständig auf- und zugehende Mäuler menschlicher Fratzen müssen 5 Bälle versenkt werden, damit man die freie Auswahl hat, sich ein sinnloses Teil aus dem Angebot auszusuchen. Mein Mann Bernd schaffte dieses Unterfangen. Er suchte sich einen kuscheligen Bären aus, wovon wir schon eine ganze Galerie haben. Aber der Bär war wirklich das Einzige von all dem sinnlosen Zeugs, was wirklich noch halbwegs akzeptabel war. Wir anderen, weniger erfolgreichen Teilnehmer, erhielten als Trostpreis eine Plastikrose.

Nachdem wir Fischbrötchen bzw. Currywurst gegessen hatten, stand uns der Sinn nach einer Fahrt in der Loopingbahn mit 5(!) Loopings. Die Damen sahen darin keinen Sinn und blieben wartend draussen vor der Bahn stehen. Tapfer machten sich vier Männer auf den Weg in das rasende Ungetüm. Nun denn, als ich da wieder raus war, musste ich feststellen, dass mir etwas schwindelig war und ich ausserdem Kopfschmerzen hatte, ich also mit zunehmendem Alter so einen sinnlosen Kram nicht mehr gut vertragen kann. Wir beendeten unseren Rundgang über das grösste Volksfest des Nordens in einer klaren Herbstnacht, in der die bunten Lichter der Buden und Fahrgeschäfte funkelten.



Meine Meinung zu diesem Abend: Ein netter nachbarschaftlicher Abend ausserhalb des Pappelwäldchens. Wiederholung nicht ausgeschlossen.

3 Gedanken zu „Provinzler in der Grossstadt

  1. Anke

    Bei all dem “ SINNLOSEN
    habt ihr aber noch mächtig Spass gehabt. So muss es auch sein.

    Was im Norden der “ Dom “ ist, ist im Westen die Kirmes.

    Schöne Fotos!!!

    Euch noch einen gemütlichen Abend.
    Liebe Grüße, Anke

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  2. Hans-Georg

    @Flotter Feger:
    Gibt’s die hier nicht in unserer kleinen Stadt?
    @Anke:
    Eine Kirmes nennt man hier im Norden Volksfest oder Rummel. Der “Dom” ist der Name für das grösste Volksfest hier im Norden, dass 3 x im Jahr stattfindet. In Bremen ist es “Freimarkt”, in München “Oktoberfest”.

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