Spektakel mit Gänsehauteffekt


‚Classical Spectacular‘ – so hiess der heutige Abend in der Colorline-Arena, ein Konzert mit dem Royal Philharmonic Orchestra aus London. Und es war wirklich ein Spektakel, und das ist nicht negativ gemeint.

Ein Musikmix aus mehreren Jahrhunderten in bunter Reihenfolge, begleitet von Licht- und Lasereffekten wurde uns serviert. Bekannte und weniger bekannte Orchesterstücke wechselten sich ab mit Opernarien und Duetten. Der Dirigent, Anthony Inglis, leitete locker und mit Humor durch das Konzert. Der Chor der Hamburger Singakademie, obwohl mit ca. 70 Personen vertreten, hatte manchmal Mühe, gegen das 100 Personen starke und durch Technik noch verstärkte Orchester gegenan zu singen, was den Gesamteindruck dieses Abends aber nicht schmälerte. Auch das Orchester spielte nicht immer perfekt auf. An einer Stelle während des Triumphmarsches aus Aida überholte es sich selbst und einer der Bläser spielte ein Mal etwas schief – was allerdings wohl nur geübten Zuhörern aufgefallen ist. Als britisches Orchester verstand es sich fast von selbst, in England beliebte Musik zum Besten zu geben. So wurden einige der alljährlich bei den Last Night Of The Proms zu hörenden Stücke aufgeführt, wie z.B. Pomp and Circumstances und Jacks’s The Lad. Zum letztgenannten Stück bekam das Publikum von Anthona Inglis einen Kurzlehrgang zum Mitklatschen. Desweiteren war Musik von Georg Friedrich Händel zu hören, die seit 1727 bei der Krönung englischer Königinnen und Könige gespielt wird.

Den Abschluss des offiziellen Programmteils bildete die Ouvertüre ‚1812‘ von Peter Ilych Tchaikovsy, ein Stück, dass ich schon immer gern mal live gespielt hören wollte – wegen des Kanonendonners. Links und rechts der Bühne standen je eine Kanone, die dann zu den entsprechenden Stellen mehrere Male abgefeuert wurden. Ein Herr in der Reihe hinter uns, der wohl sehr lautstärkeempfindlich war (er hatte schon zu Beginn des Konzertes ein Papiertaschentuch zerfleddert und sich die Fetzen in die Ohren gesteckt), wusste was auf ihn zukam und verliess zu Beginn der Ouvertüre fluchtartig seinen Platz und kehrte erst nach deren Ende zurück. Während unseres Rundgangs durch die Arena vor dem Konzert hatten wir gesehen, dass an den Plätzen nahe der Bühne Gehörschutz zum Kauf angeboten wurde – extra wegen des Kanonendonners.

Nach der Ouvertüre ‚1812‘ gab es den Can Can von Jacques Offenbach als Zugabe. Das Publikum hätte sicher gern noch mehr gehört, aber inzwischen hatte das Konzert zwei Stunden gedauert. Da ist es verständlich, dass nur eine Zugabe geboten wird.

Der ungewöhnliche Musikmix verleitete mich dazu, eine Doppel-CD ‚The Very Best Of Classical Spectacular‘ zu kaufen. Die Tonqualität wird darauf wesentlich besser sein als in der Colorline-Arena. Denn ganz im Ernst: Als Konzertsaal für klassische Musik ist die ganz bestimmt nicht besonders gut geeignet. Aber für ein Classical Spectacular ist es in Ordnung. Und für uns besteht Wiederholungsgefahr im nächsten Jahr!

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