Eigene Ernte

Im vorigen Jahr hatte ich ein kleines Feigenbäumchen angeschafft. Im Laufe des Sommers entwickelten sich auch ein paar Früchte. Doch die Hoffnung auf ein paar frische Feigen vom eigenen Baum erstarb im Herbst. Die Früchte fielen vom Baum bevor sie gross und reif waren.

Den Winter überstand das Bäumchen unbeschadet. Im Frühling schlugen neue Blätter aus, die Astenden wuchsen weiter und es bildeten sich wieder neue Früchte.

Den Sommer über beobachtete ich die Entwicklung der Früchte sehr neugierig. Das Bäumchen wurde von mir gehegt und gepflegt in der Hoffnung, wenigstens eine Feige zu ernten.

In den letzten zwei bis drei Wochen nahmen die zuerst entstandenen Früchte an Grösse erheblich zu. Sollte ich in diesem Jahr wirklich Feigen ernten können? Fast täglich prüfte ich mit den Fingern, wie sie sich anfühlten und ob sie sich leicht vom Ast lösen liessen. Die Feigen wurden langsam weich und es schien, als würde an den Fingern ein klebriger Rückstand haften bleiben. Nur lösen liessen sie sich noch nicht.

Heute Abend dann wieder ein Test. Einige Früchte fühlten sich sehr weich an und schwupps – hatte ich die erste Feige in der Hand. Schnell wurde sie abgespült und aufgeschnitten. Das rötliche Fruchfleisch signalisierte: „Ich bin reif, vernasch mich!“, was ich mir nicht zweimal sagen liess. Es war köstlich, die zarte, süsse Frucht, die erste selbstgeernte Feige vom eigenen Feigenbaum, zu geniessen.

Bernd zierte sich noch. Er ist in mancher Beziehung, was Essbares betrifft, ein wenig empfindlich. Nachdem ich aber noch mehr reife Feigen entdeckte und sie aufgeschnitten hatte, wagte er sich doch daran und probierte von der soeben eingefahrenen Ernte. Ich lag ja auch nicht mit Krämpfen danieder und lebte noch.

Meine Hoffnung, in diesem Jahr wenigstens eine Feige ernten zu können, wurde mehr als erfüllt. Es sind noch recht viele Früchte am Baum. Aufgrund des hier herrschenden Klimas werden sie aber nicht reif werden. Die ersten von den kleinen Früchtchen sind schon abgefallen. Zur Not bleiben uns noch ein paar Feigenblätter – falls wir nichts mehr anzuziehen haben.

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