Musicalbesuch in der Hauptstadt


Oder auch: Weihnachten vorweg!
Eigentlich schenkt man ja nichts vorab. Aus terminlichen Gründen, weil nämlich das Musical „Les Misérables“ nur noch bis Ende Dezember läuft, bekam Bernd sein Weihnachtsgeschenk schon jetzt. Ich hatte mich vor 3 Wochen ganz spontan auf Grund einer Fernsehwerbung dazu entschlossen. In diesem Werbespot ging es um Veranstaltungen im Rahmen von „Winterzauber Berlin“. Gleich am nächsten Tag suchte ich im Internet nach einer Hotelunterkunft. Das Interconti Berlin bot einen günstigen Preis bei einer Onlinebuchung an. Aus unerfindlichen Gründen akzeptierte das System aber meine Kreditkarten nicht. Eine Karte hatte eine Ziffer zu viel, die andere eine Ziffer zu wenig. Mir fiel ein, dass ich Jemanden kenne, der dort arbeitet. Ich rief Frank an und bat um Assistenz. Telefonisch wurde die Angelegenheit geregelt. Als das geklärt war, bestelle ich bei Stagholding 2 Karten für das Musical, die ich mir in die Firma schicken liess.

Mein Plan war es, Bernd am Dienstag Morgen zu sagen, dass wir jetzt über Nacht wegfahren. Leider war das aus planungstechnischen Gründen nicht möglich. Er wusste also schon vorher, dass wir etwas unternehmen würden, aber nicht was und wohin. Ich vermute aber, dass er eine Ahnung hatte, hatten wir doch bereits einige Male davon gesprochen, uns das Musical anzusehen, es aber immer wieder ad acta gelegt.

Dienstag, 30. November 2004

Für eine Nacht braucht man ja nicht viel. Nachdem wir unsere Sachen in 2 Rucksäcken verstaut hatten ging es los. Bernd bekam grosse Augen, als ich ins Navigationssystem als Ziel „Interconti Berlin“ eingab. Und los ging die Reise. Die Fahrt über die Autobahn war ganz entspannt. Es waren kaum Autos unterwegs. Ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. Bis zur Berliner Stadtgrenze war das Navisystem eigentlich überflüssig. Spannend war es dann, als wir Berlin erreicht hatten. Würden wir ohne Probleme zum Hotel kommen? Es klappte vorzüglich.


Wir fuhren am Hotel vor. Beim Wagenmeister tauschten wir den Wagen gegen eine Nummer. Er fuhr das Auto in die Garage, wir checkten ein. Das Anmeldeformular war bereits mit Namen und Adresse versehen, ich brauchte nur noch zu unterschreiben. „Frau Interconti“ händigte uns die Magnetkarte für das Zimmer aus und schon brachte uns der Lift in die 6. Etage. Ein modern eingerichtetes Zimmer erwartete uns.

Der Clou ist der „drehbare Kubus“, ein Säulenelement, in dem die Minibar und der Fernseher untergebracht sind. Die Säule kann man wahlweise so drehen, dass man von überall im Zimmer einen ungestörten Blick auf den Fernseher hat – und der Witz des Teils: Es lässt sich so drehen, dass man auch fernsehen kann, wenn man in der Badewanne liegt. Ausgiebig nahmen wir das Zimmer weiter in Augenschein. Auffällig war ein Fenster zwischen Zimmer und Badezimmer, direkt an der Badewanne. Wenn es irgendwie möglich gewesen wäre, die Jalousie zu öffnen, könnte man in der Badewanne liegend ins Zimmer schauen bzw. auf dem Bett liegend in die Wanne – sehr merkwürdig. Aber ich versichere, dass wir in einem 5-Sterne-Hotel untergebracht waren und nicht in einem Stundenhotel. Und für den 5-Sterne-Manager von Welt gibt’s sogar ein Telefon auf dem WC.


Als wir genug gestaunt hatten machten wir uns auf den Weg, die Umgebung zu erkunden und das Theater zu suchen. Das Hotel liegt sehr zentral, nahe beim Bahnhof Zoo. Das Theater des Westens liegt auch in der Nähe und wir fanden es schnell. Ein kurzer Blick auf den Kurfürstendamm bestätigte unsere Erinnerung, dass der nichts besonderes ist. Da ist es auf dem Jungfernstieg in Hamburg interessanter. Rund um die Gedächtniskirche gab es einen Weihnachtsmarkt. Die sind auch alle austauschbar, es gab den gleichen Kitsch zu kaufen wie in Hamburg. Weiter ging es zum KaDeWe. Äusserlich ist die Weihnachtsbeleuchtung eher enttäuschend, das Alsterhaus in Hamburg sieht dagegen besser aus. Die Weihnachtsdeko der Schaufenster und im Inneren des KaDeWe sind dann doch sehr schön, besonders der grosse Lichthof über mehrere Etagen mit dem grossen Weihnachtsbaum. Mit den Rolltreppen gelangen wir bis unters Dach, wo sich das Selbstbedienungsrestaurant befindet. Ich habe vor vielen Jahren dort mal gegessen und wollte es Bernd zeigen. Appetit hatten wir noch nicht, ausserdem wollten wir, wie in jeder Stadt, in der wir uns aufhalten, chinesisch essen.


Ein chinesisches Restaurant fanden wir ein paar Schritte weiter, nachdem wir das KaDeWe wieder verlassen hatten. Es waren nur wenige Gäste anwesend, aber es waren Asiaten, im Grunde immer ein gutes Zeichen. Na ja, das Essen war weder besonders gut oder schlecht. Unser Topchinese ist immer noch der in Essen, gefolgt von Zürich auf Platz 2.

Es tauchte die Frage auf: Was machen wir jetzt? Vor Jahren, als wir mit dem Chor in Berlin waren, haben wir uns den Potsdamer Platz angeschaut. Er war noch eine riesige Baustelle. Mal sehen, wie es jetzt aussieht, besonders in der Weihnachtszeit. Eine U- oder S-Bahnhaltestelle war nicht in der Nähe. Da wir gut zu fuss sind, machten wir uns auf. Der Weg dorthin war für die Autofahrer ausgeschildert, also folgten wir den Hinweisen.



Das einzig interessante am Potsdamer Platz war das Sony Center. Im überdachten Atrium gibt es einen Weihnachtsmarkt, auf dem endlich mal ausgefallene Dinge angeboten werden wie z.B. moderne Bilder. Auch gibt es eine Eisbahn für Eisstock schiessen. In den umliegenden Strassen gibt es eine moderne Weihnachtsbeleuchtung. Aber das war’s dann auch. Wir machten uns auf den Rückweg ins Hotel. Ein helles Schaufenster erregte meine Aufmerksamkeit und ich musste davon ein Foto machen.

Im Hotel machten wir uns erst mal frisch. Ich probierte das „rain shower“ aus. Es war tatsächlich, als würde man im warmen Regen stehen und duschen. Allerdings machte das Teil seinem Namen auch anderweitig alle Ehre: Ein Sprühregen verursachte ausserhalb der Badewanne ein kleines Rinnsal. Die Duschabtrennung für die Wanne ist wohl etwas zu kurz und zu schmal geraten.


Mit dem Besuch des Theaters erfüllte sich meinerseits ein viele Jahre gehegter Wunsch. Nachdem Karl Viebach, der ehemalige, sehr erfolgreiche, Generalintendant der Städtischen Bühnen Lübeck als Intendant an das Theater des Westens gewechselt war und dort auch sehr erfolgreich Musicals inszeniert hatte, war es immer schon mein Wunsch, ein mal eine Aufführung dort zu besuchen.

Das Theater wurde 1896 eröffnet, 1912 durch ein Feuer zerstört, renoviert und wieder eröffnet. Weltstars wie Josephine Baker, Maria Callas, Enrico Caruso sowie Eartha Kitt und Hildegard Knef sind dort aufgetreten. Entsprechend seinem Alter ist auch die Gestaltung der Innenräume: Viel Stuck, Lüster, Lämpchen und Nischen. Die Toiletten werden Cabinet genannt. Im Zuschauerraum herrscht die Farbe rot vor: Rote Wandbespannung und rotgepolstertes, mit mahagoniefarbenem Holz gerahmtes Gestühl, ein wenig plüschig, aber doch sehr edel.



Die Besetzungsliste versprach ein Wiedersehen mit alten Bekannten aus Hamburg. Drei Darsteller aus dem Musical Titanic würden heute Abend auf der Bühne stehen. Zwei hatten Hauptrollen, einer, der in Hamburg eine Hauptrolle hatte, stand hier in einer Nebenrolle auf der Bühne – Showbusiness halt.

Die Musik aus Les Misérables ist grandios. Die Stimmen waren, bis auf wenige Ausnahmen, sehr gut. Insgesamt eine schöne Aufführung. Einzig der Einsatz der Drehbühne nervte. Das Ding war dauernd in Betrieb. Vermutlich brauchten die Darsteller eine Astronautenausbildung um nicht schwindelig zu werden.


Les Misérables kann man, wie Titanic und auch Phantom der Oper, im weitesten Sinn als Oper bezeichnen. Man sollte keine leichte Unterhaltung erwarten, obwohl es sich Musical nennt. Musical ist halt eine moderne Form von Musiktheater. Wären diese Stücke vor hundert Jahren entstanden, würde man heute Oper dazu sagen. Natürlich wäre der Musikstil ein anderer gewesen – wobei die Musik der 3 genannten Musicals ja nicht wirklich modern ist sondern sehr melodisch und…. opernmässig.

Mittwoch, 1. Dezember 2004

Die Nacht im Hotelzimmer war angenehm. Es waren kaum Geräusche aus dem Hotel zu hören. Hier merkt man dann doch Qualität eines 5*****-Hauses. Auf das Frühstück, das nicht im Preis enthalten war, verzichteten wir. An der Rezeption gab ich das Kärtchen mit der Nummer für den Wagen ab. Der Wagenmeister wurde telefonisch verständigt, unseren Wagen vorzufahren. Da gerade Hochbetrieb mit ankommenden Hotelgästen war, dauerte es ein paar Minuten. Dann tauschten wir Wagenschlüssel gegen ein kleines Trinkgeld. Wir programmierten unser Navisystem Richtung Heimat. Problemlos wurden wir durch Berlin und auf die Autobahn nach Hamburg gelotst.

Nach ca. 100 km machten wir an einer Raststelle einen Tank- und Frühstücksstopp. Wir sassen am Tisch und verzehrten unser Baguette und heisse Schokolade als Bernd bemerkte, dass der Garagenschlüssel nicht im Schlüsseletui für den Wagenschlüssel war. Der Reissverschluss für das Nebenfach war offen! Wir überlegten, wo der Schlüssel sein könnte. Zuerst schauten wir im Wagen nach. Da war kein Schlüssel. Meine Vermutung war, dass er bei der Übergabe im Hotel herausgefallen sei. Wir riefen im Hotel an und wurden mit dem Wagenmeister verbunden. Er wollte nachschauen und wir sollten uns in 10 Minuten wieder melden. Währendessen überlegte ich krampfhaft den Ablauf unserer Abfahrt aus Hamburg. Ich war alleine in die Garage gegangen, hatte das Gepäck verstaut und den Wagen herausgefahren. Und plötzlich hatte ich eine Eingebung. Ich bat Bernd, mal an seinem Schlüsselbund nachzusehen. Und da war der Schlüssel!

Was war passiert?: Als ich das Gepäck verstaute war mir ein Schlüssel auf den Boden gefallen. Da Bernds Schlüsselring die Eigenschaft hat, sich selbstständig zu öffnen, schaute ich nach – und tatsächlich war der Verschluss offen. Ohne genauer hinzusehen, um was für einen Schlüssel es sich handelt, befestigte ich ihn am Schlüsselring. Es war der Garagenschlüssel. Er war mir aus der Hand gefallen.

Ich rief das Hotel an, liess mich mit dem Wagenmeister verbinden und klärte die Angelegenheit auf. Entspannt und ohne weitere Störungen konnten wir unsere Heimreise fortsetzen nachdem wir noch eine heisse Schokolade getrunken hatten, die widererwarten sehr gut schmeckte – sonst hätten wir sicher keinen zweiten Becher bestellt. Wir sind schliesslich Feinschmecker.

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