Titanic – Das Musical auf einer Freilichtbühne, geht das überhaupt? Ja, das geht, und wie das geht. Gestern Abend haben wir die sensationelle Aufführung in Tecklenburg angeschaut.
Tecklenburg ist eine Kleinstadt in der Nähe von Osnabrück. Der alte Ortskern mit den Fachwerkhäusern mutet schon eher dörflich an. Es ist erstaunlich, dass ein Trägerverein, „Freilichtspiele Tecklenburg e.V.“ in der Lage ist, hochkarätige Musicalaufführungen auf die Beine zu stellen.
Wir logierten ein einem Hotel am Ortsrand, aber fussläufig ca. 20 Minuten vom Theater entfernt. Es geht bei den Freilichtspielen eher Familiär zu. Bei dem gestrigen tropischen Wetter war sommerliche leichte Bekleidung angesagt. Um 19 Uhr ist Einlass.
Schon eine Stunde vorher kann man die Karawane beobachten, die der Freilichtbühne entgegenstrebt, bepackt mit Taschen für das Picknick vor der Vorstellung und in der Pause. Und natürlich mit Kissen. Die Holzbänke sind nämlich sehr unbequem.
Diese Inszenierung ist wirklich der Hammer, und das sage ich nicht nur deshalb, weil ich ein grosser Fan dieses Musicals bin. Bei den ersten Takten flossen bei mir die Tränen, so schöne Musik, so schöne Liedtexte. Thomas bekam eine Gänsehaut.
Ich weiss gar nicht, was ich im Einzelnen schreiben soll. Am besten ist es, ich zitiere aus den Rezensionen, die ich nach der Premiere gelesen hatte.
Die Kulturfeder schreibt:
Benjamin Eberling gibt Kapitän E. J. Smith authentisch als tragische Autoritätsfigur, seine volltönende Stimme verleiht dem alten Seemann Würde und Verzweiflung.
Alexander di Capri als Konstrukteur Thomas Andrews fasziniert besonders im finalen Solo – seine Rolle ist Anklage und Requiem zugleich.
Felix Martin spielt den Reeder Ismay als gewissenlosen Karrieristen, ein Stinkstiefel par excellence, ohne in Karikatur zu verfallen.
Til Ormeloh überzeugt als Heizer Frederick Barrett mit großer Stimme und Emotionalität, sein Duett mit Tobias Bieri als Funker Harold Bride ist ein musikalischer Höhepunkt.
Masha Karell und Anton Rattinger als Ida und Isidor Straus bilden das berührende Herzstück des zweiten Aktes. Ihr Duett, gesungen von zwei Menschen, die lieber gemeinsam sterben als getrennt leben, ist still, aber von erschütternder Kraft. (Dieses Duett ist wirklich herzzerreissend.)
Hier nachzulesen
Da Capo Magazin schreibt:
… denn was das Tecklenburger Kreativteam unter der Leitung von Regisseur Ulrich Wiggers auf der alten Burgruine geschaffen hat, darüber wird man in 20 Jahren noch sprechen. Eine perfekte Inszenierung mit grandiosen Bildern, toller Musik und herrlichen inszenarischen wie auch optischen Ideen ..
Musicalzentrale:
Als das Ensemble aus der Stille, die einem Gedenken an die realen Opfer der Katastrophe gleicht, aus den Trümmern des Wracks und der Dunkelheit wieder ins Licht tritt und abermals den mächtigen Choral mit „Nun fahr mit Gott, mein Schiff, Titanic, weit hinauf auf’s Meer“ anstimmt, bleibt kaum ein Auge trocken und das große Ensemble wird vom Auditorium aus berührt wie frenetisch gefeiert.
Ich kann dem nichts hinzufügen, ausser, dass es eine Inszenierung ist, die man so schnell nicht vergisst.
Ein 26-köpfiges Orchester sorgte für einen fulminannten Klang. Die Bühne wurde zeitweise mit 70 Personen bespielt. Die Kostüme – ein Traum. Bei den Temperaturen, die gestern herrschten, müssen die Darsteller darin und unter den Perücken gelitten haben.
Nach diesem Abend konnten wir nicht so einfach ins Bett gehen und das Licht ausmachen. Das Hotel Bismarckhöhe hat eine kleine Veranda, in der man den Abend ausklingen lassen kann. Dort sassen wir noch eine Weile mit unseren Freunden Claudia und Thomas und unterhielten uns über die Aufführung.