Im Jahr 2019 schauten wir uns mit Freunden das Musical Chicago auf dem Domplatz in Magdeburg an. Für 2020 wurde bereits das Musical Rebecca beworben, welches wir bereits 2012 als Bühnenfassung in Stuttgart und 2017 als Freilichtaufführung in Tecklenburg gesehen hatten. Das Musical hatte sich für uns eingenommen. Schnell waren Karten und ein Hotelzimmer für 2020 bestellt. Tja nun, 2020 fielen alle Theatervorstellungen aus bekannten Gründen aus. Den Ticketpreis bekamen wir erstattet, das Hotelzimmer konnte storniert werden.
Das Theater Magdeburg behielt Rebecca auf dem Spielplan und konnte kürzlich aufgeführt werden. Für uns passte es terminlich nicht, dass wir uns Karten sichern konnten. Aber gestern Abend waren wir doch kurzfristig in Magdeburg und haben uns die Aufführung angeschaut.
Die Rezensionen überschlugen sich mit Lob, die Szenenfotos waren grandios. Wie war unser Eindruck:?
Auf der riesigen Bühne wurde ein großes Wasserbecken installiert, auf dem 4 „Inseln“ mit Ausstattungsstücken den Szenen gemäß hinundhergeschoben wurden. Soweit so gut. Wasser spielt im Musical eine Rolle. Kann man machen. Warum aber in einigen Szenen die Darsteller durch das Wasser latschen mussten, war nicht ersichtlich. Besonders deplatziert wirkte Patrick Stanke in seiner Rolle als Maxim de Winter, der während einer Gerichtsanhörung auf einem Stuhl in eben diesem Wasserbecken sitzen musste. Passte nicht wirklich.
Eine Wasserszene war hingegen grandios: Ein Schiffswrack wurde angeschwemmt. Das Folk, auf Strandgut hoffend, watete mit Laternen durch das Wasserbecken zum Wrack. Sowas kann man auf einer Theaterbühne nicht so real machen.
Was ist zu den Protagonisten zu sagen?: Rebecca, lebt von 3 Hauptdarstellern. Da ist der Witwer Maxim de Winter, der sich in Monte Carlo in eine junge Frau verliebt, sie vom Fleck heiratet und sie auf sein Anwesen Manderley an der Küste von Cornwall bringt. Patrick Stanke konnte ich mir aufgrund seines starken Körpers nicht als englischen Gentlman vorstellen. Und hatte er am Beginn eher die Ausstrahlung eines Lebemannes. Im Verlauf der weiteren Handlung wandelte er sich aber zum liebenden Ehemann. Als er mit dem Lied „Kein Lächeln war je so kalt“ seiner neuen Frau die Geschichte von Rebecca und ihm erzählte, war er ein bedauernswerter und sensibler Mann.
Seine neue Frau in der Rolle nur als „Ich“ benannt (sie erzählt die Geschiche aus ihrer Sicht), wird von Sybille Lambrich gepielt. Die Wandlung von der schüchternen Gesellschafterin einer reichen Amerikanerin zu selbstbewussten neuen Herrin auf Manderley ist glaubwürdig, unterstütz ihrem klaren Gesang.
Und dann ist da Mrs. Danvers, die dunkle Haushälterin auf Manderley. Kerstin Ibald gibt dieser Rolle die perfekte Ausstrahlung. Sie intigirert gegen „Ich“ und versucht, sie zu unterdrücken. Weiterhin betet Mrs. Danvers Rebecca an, die bei einem Bootsunglück ums Leben kam. Als das dunkle Geheimnis von Rebecca ans Licht kommt, ist sie enttäuscht, dass sich nicht alles von ihrer Herrin wusste. Enttäuscht brennt sie Manderley nieder.
Rebecca tritt überhaupt nicht in Erscheinung, sie ist ja ertrunken. Ihr haftet aber der Myhtos von Schönheit und Glamour an. Die Männer lagen ihr zu Füßen und Mrs. Danvers war ihr verfallen.
Texte, Musik und Spiel harmonierten perfekt und waren zum Teil sehr emotional. Insofern eine schöne Aufführung, wann das Wasser nicht gewesen wäre. Langer Applaus, standing Ovations und vereinzelte Bravorufe bedachten die zahlreichen Darsteller am Schluss für ihre Leistung.
Wie kamen wir nun dazu, ganz spontan nach Magdeburg zu fahren? Bei Instagram habe ich viele Szenenbilder gesehen, die Rezensionen, die ich gelesen hatten, waren voll des Lobes. Ich erzählte Bernd davon und dann sagte er zu mir: Was hälst du davon, wenn wir Mittwoch nach der Arbeit nach Magdeburg fahren und nach der Vorstellung wieder nach Hause? Donnerstag habe ich frei. Mittwochabend gibt es noch 2 gute Plätze. Was soll ich dazu schon sagen? Ja oder nein? Ich brauchte nicht lange zu überlegen. meine Antwort war „Ja, machen wir“. Vorsorglich buchte ich noch ein Hotelzimmer. 3 Stunden Fahrt nach Magdeburg, 3 Stunden Musicalaufführung und nachts 3 Stunden Heimfahrt? Das Zimmer konnte ich kostenfrei bis 18 Uhr am Tag der Aufführung stornieren, was ich gestern Vormittag auch gemacht habe. Den Katzen stellten wir vor der Abfahrt ausreichend Futter hin. Morgens würden wir ja wieder zu Hause sein.
Die Heimfahrt war sehr entspannt, auf den Straßen war nichts los, wirklich gar nichts. Kurz vor 3 Uhr in den frühen Morgenstunden waren wir wieder zu Hause, nach nichtmal 3 Stunden Autofahrt, und fielen dann müde ins Bett.
Es war eine verrückte Aktion, die ich nicht bedauert habe. Ich konnte mir jetzt selbst ein Bild von dieser Inszenierung machen, die dann doch nicht so ganz perfekt war. Aber irgendwas ist ja immer.
Ich finde solche Spontaktionen klasse. Wir sind ja auch schon, wenn auch nicht ganz so spontan nach Worpswede und Schleswig gefahren, um Konzerten zu lauschen.
Freut mich, dass es für ein dennoch gelungener Abend war.
Ich finde es gut, dass ich mir doch noch persönlich eine Meinung von der Inszenierung machen konnte, auch wenn sie ganz das war, was ich mir davon versprochen hatte. Trotzem bereuen wir es nicht, diese Tour gemacht zu haben.