Seit langem mal wieder was über Corona gelesen, und zwar den Kommentar des WHO-Experten David Nabarro zur Politik in Deutschland in Sachen Corona. Ich dachte mir, der Mann ist „von Außerhalb“ und schätzt es ziemlich neutral ein, was hier passiert. Er sagt u.a. „Dieses Virus wird uns besiegen, wenn wir nicht einig sind.“
Und genau das ist der Punkt: Hier in Deutschland kocht jedes Bundesland sein eigenes Süppchen. Und die Rede ist auch schon wieder davon, wo vielleicht Lockerungen möglich sind. Liebe Deutschen Politiker, besonders die Landesfürsten: Zieht doch mal alles an einem Strang und versucht nicht, euch ständig zu profilieren, vermutlich unter der Angst, bei der nächsten Wahl Stimmen zu verlieren.
Wir haben eine Pandemie! Eine Seuche! Und das wichtigste ist doch, dass wir den Mist in den Griff bekommen. Ich lese immer über Forderungen von Interessenverbänden, dass die dieses und jenes gelockert werden soll. Nein, gar nichts muss gelockert werden, so leid es mir für viele Bereiche tut, dass sie keine Einnahmen haben, dass Eltern mit Homeschooling überfordert sind, ach, eine unendlich lange Liste könnte ich hier erstellen. Man sieht, hier bei uns besteht keine Einigkeit, was zu tun ist.
Ich schrieb weiter oben, dass ich das lese. Nein, ich lese nur die Schlagzeilen. Das bleibt ja kaum aus wenn man sich in Newsseiten informiert. Ich bin es leid, in die Einzelheiten zu gehen, wer warum wieso was fordert, warum das mit den Impfungen nicht klappt. Jeder hat eine andere Meinung, jeder schiebt die Schuld auf den anderen.
Mein Reden seit Wochen: Reiseverbot, Grenzen zu. Schulen und Kindergärten schließen bzw. geschlossen halten – derzeit mindestens bis Ende Februar. Warum funktioniert das hier nicht in Deutschland? Weil jeder es besser weiß! Jetzt wird darüber gesprochen, Grenzen zu schließen, der Flugverkehr wurde aus besonders betroffenen Ländern gesperrt. Warum erst jetzt? Was soll diese Salamitaktik? Es ist zum Kotzen!
Es kommt immer zu wenig und zu spät. (Noch vorige Woche sind ungebremst, ohne Test und ohne Quarantäne Tausende Leute aus Großbritannien eingeflogen.) Stets herrscht Kakophonie aus 16 Landeshauptstädten. Kaum hat man sich nach einem Tag Verhandlungen auf was geeinigt und verkündet es, schon überbietet man einander mit Sonderwegen und Ausnahmen. Kaum sind es mal ein paar Infektionen weniger, erhebt sich das Geschrei nach Lockerungen. Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Herr Brinkhaus, ist nach meiner Wahrnehmung der einzige führende Politiker, der eingestanden hat, dass der Föderalismus in der Krise versagt und dringend reformiert werden muss, und zwar so bald wie möglich. Zuletzt hatte man uns striktere Regeln mit dem Versprechen schmackhaft machen gewollt, wir werden eine große Impfaktion erleben. Lächerlich. Die wenigen Impfungen werden auf das Pandemiegeschehen ohne jeden Einfluss bleiben. Bei uns z.B. steht Infrastruktur für 1000 Impfungen am Tag. Nicht mal 200 finden statt, und das sind jetzt nur noch Zweitimpfungen. Wenn die erst mal erledigt sind, wird das Impfzentrum geschlossen mangels Impfstoffs. Man schaut nach Israel und fragt sich, warum schaffen die das und wir nicht? Mir war die Katastrophe in dem Moment klar, als die Warnungen vor „nationalen Alleingängen“ und der Ruf nach einer „europäischen Lösung“ ertönten. Das ist immer das Signal, dass eine wirklich wichtige Sache die Toilette runtergespült wird. So zynisch es klingt, müssen wir froh ein, dass die britische Variante jetzt auch in RLP ausgebrochen ist, denn eigentlich wollte unsere irrsinnige Landesregierung morgen die Schulen teilweise wieder öffnen und ist jetzt doch noch zurückgerudert. Dieser Tage wurde in den Nachrichten ein älteres Ehepaar am Flughafen gefragt, ob ihre Reise unabdingbar notwendig sei. Antwort: Ja, sie müssen unbedingt nach Teneriffa, Urlaub machen. Verrückte, wohin man sieht. Anstand, Vernunft, Disziplin, das ist das Gebot der Stunde und nicht das Geschrei, die Grundrechte gehen verloren, weil man nicht nicht in die Oper darf, nicht in den Süden fliegen soll, abends nicht in der Kneipe saufen kann. Meine sämtlichen Münchenfahrten musste ich 2020 absagen und vor Herbst wird wohl auch 2021 keine möglich sein. Für mich kaum erträglich, aber es geht nicht anders. Deswegen geh ich doch nicht auf die Straße, erkläre mich zur Wiedergeburt eines NS-Opfers und brülle Coronadiktatur. Jürgen Trittin hat Recht, indem er sagt, dass diejenigen, die jetzt den Laden wieder öffnen wollen, auch sagen müssen, wie viele Tote sie dafür in Kauf nehmen. Die Erste, die die britische Variante nach Deutschland brachte, hatte unbedingt nach England reisen „gemusst“, das war ihr wichtiger als das Leben ihres Vaters, den sie damit getötet hat. So was macht mich fassungslos. Ich muss aufhören, sonst red ich mich noch mehr in Rage.
Wie ich schon schrieb, ich lese das alles gar nicht und im Fernsehen gucken wir uns keine Talkshows und sonstige Sendungen an. Mein Mann netflixed und ich lese. Wenn ich mir den ganzen Quatsch reinziehen würde, den die Politiker und Fachleute und solche die meinen, sie seien Fachleute von sich geben, müsste ich statt einer halben eine ganze Blutdrucktablette nehmen.
Na ich komm auch noch mit einem halben Betablocker tgl. aus (lol). Wenn tagsüber nichts im Haushalt zu tun ist, lese auch ich, telefoniere (meine Sozialkontakte haben sich dadurch sprunghaft erhöht – ich rede mit Leuten, die ich vorher jahrelang nicht gesprochen hatte), und abends schau ich fern, inzwischen auch möglichst Coronadebatten meidend – aber manchmal schaff ich’s doch nicht.