Der Amtsschimmel hat gewiehert

Am Montag nächster Woche findet die Trauerfeier für meine unlängst verstorbene Mutter statt. Es ist klar, dass diese „unter den gegenwärtigen Umständen“ stattfinden muss, dass es in der Friedhofskapelle eines städtischen Friedhofs der Hansestadt Lübeck zu Einschränkungen kommt. Aktuell bedeutet dies, dass maximal 9 Personen in besagter Kapelle an der Trauerfeier teilnehmen dürfen. Diese Vorgabe besteht schon seit mehreren Wochen.

Wie wir alle wissen, sind inzwischen in allen Bereichen die Regeln gelockert worden, u.a. auch in Teilbereichen der Hansestadt Lübeck. Das Land Schleswig-Holstein hat erst vor einer Woche weitere Lockerungen verfügt, u.a. ist es jetzt erlaubt, „Veranstaltungen mit Sitzungscharakter in geschlossenen Räumen mit bis zu 100 Personen“ durchzuführen.

Ich habe daraufhin eine Email an die Friedhofsverwaltung der Hansestadt Lübeck geschickt, höflich auf inzwischen in anderen Bereichen erfolgten Lockerungen hingewiesen und höflich gefragt, ob die Trauerfeier denn nicht mit 12 Erwachsenen und 2 Kindern stattfinden könnte, auch mit dem Hinweis auf den „Sitzungscharakter“.

Gestern bekam ich die Antwort von einer Amtsstute, die jedes Bedauern vermissen ließ. Die Dame hielt es nicht mal für nötig, mir zum Tod meiner Mutter zu kondolieren. Stattdessen ist die Nachricht voll von Worten und Redewendungen, die klar zu verstehen geben, dass man nicht willens ist, vom Konzept abzuweichen, ich zitiere auszugsweise:

verbindlichhe Hinweise / für alle Beteiligten verbindlich und inhaltlich nicht diskutabel / das ist bei uns nicht zulässig und auch vorgabemäßig ziemlich sinnfrei / keine Möglichkeiten einer „Aufweichung“ / Erweiterung des Personenkreises leider nicht möglich ist und abgelehnt werden muss

Am Schluss der Email werde ich vor die Wahl gestellt, die Trauerfeier bis heute 12 Uhr abzusagen oder diese in einer anderen Kirche stattfinden zu lassen.

So geht man mit trauernden Angehörigen nicht um, man hätte das alles auch ein wenig freundlicher verpachen können.

Ich habe meine Anwort mit folgendem Satz eingeleitet: „Vielen Dank für Ihr Mitgefühl.“ Dann wurde ich auch ein wenig frech, jetzt habe ich ja nichts mehr zu verlieren, und auch meiner Enttäuschung Ausdruck verliehen. Diese Mail ging in Kopie auch an die Vorgesetzten der Dame.

Von diversen Trauerfeiern kenne ich die besagte Kapelle recht gut und weiß, dass die nicht gerade klein ist, es gibt auch eine Empore. Ich vermute, dass man diese bewusst nicht öffnet um den Aufwand der Reinigung/Desinfektion nach einer Trauerfeier so klein wie möglich zu halten.

Die Antwort auf meine Anfrage ist jedenfalls würdelos. Die Dame ist eine Fehlbesetzung auf dieser Position, jedenfalls für die Interaktion nach außen. Ich erwarte keine Antwort mehr und eine Zusage für 14 Personen schon gar nicht.

6 Gedanken zu „Der Amtsschimmel hat gewiehert

  1. Elke

    Hallo Hans Georg,
    habe ich das überlesen…? wann ist denn Deine Mutti gestorben? Ich verstehe gar nicht, dass ich das nicht mitbekommen habe und kann nur jetzt von Herzen sagen, wie Leid mir das tut. Ich weiss genau, wie sich das anfühlt. Auch wenn der Angehörige, der die letzte Reise antreten muss, schon recht betagt ist; das ändert gar nichts an der Trauer, die man empfindet. Und ganz bestimmt dann, wenn es sich um die Mutter handelt. Es tut mir wirklich sehr, sehr Leid. Und, wenn dann noch die ganzen Unsäglichkeiten dazu kommen, auf die man gerne in dieser Zeit verzichten kann… Mist! Ich hoffe, Du wirst die schönen Momente, Jahre, Erlebnisse, Gespräche mit Deiner Mutti im Hinterkopf behalten und schaffst es, durch diese die Trauer irgendwann ein wenig beiseite zu schieben. Eines weiß ich inzwischen, geliebte Mitmenschen, die gegangen sind, sind nicht weg… sie sitzen irgendwo auf Wolke 7 und wachen über Dich. Und in bestimmten Momenten stehen sie Dir helfend zur Seite. Ich wünsche Dir ganz viel Kraft, die kommende zeit gut zu überstehen. Ganz liebe Grüsse und sanften Drücker – Elke

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    1. Hans-Georg

      Moin Elke. Ganz lieben Dank für deine Worte. Ich hatte am Tag ihres Todes einen kurzen Eintrag hier gemacht, allerdings lässt der Titel nicht darauf schließen und die Kommentare hatte ich dazu auch deaktiviert.
      Liebe Grüße!

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  2. Elvira

    Diese Dame ist kein Einzelfall, leider! Es scheint Menschen zu geben, die ausschließlich die Buchstaben sehen und denen der Hintergrund völlig egal ist. Ich habe das leider schon sehr oft erlebt. Einmal, als es um meinen Mann ging, habe ich einen langen Brief an die Sachbearbeiterin geschrieben. Sie rief mich an und man hörte noch ihre Bestürzung. Mein Brief, sagte sie, wäre ein Weckruf gewesen. Es gibt sie also noch, die Menschen, die irgendwann merken, dass sie ebenfalls mit Menschen zu tun haben, nicht nur mit Akten. Ich würde den Vorgang an eine eurer Regionalzeitungen weiterleiten.
    Wende dich doch mal direkt an die Kirchengemeinde (falls es eine Kirchliche Bestattung ist) oder den Bestatter.
    An dieser Stelle auch von mir herzliches Beileid!
    Liebe Grüße,
    Elvira

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    1. Hans-Georg

      Moin Elvira.
      Die Sache an die örtliche Presse durchzustechen, daran habe ich auch schon gedacht.
      Es ist ein städtischer Friedhof mit dazugehörigen Kapellen, da hat die Kirche keinen Einfluss obwohl die Trauerpredigten von den Pastoren der Gemeinde gehalten werden, in denen die Verstorbenen wohnten. Beim Vorgespräch mit dem Pastor hatte ich die begrenzte Teilnehmerzahl erwähnt, zu dem Zeitpunkt hatte ich aber meine Anfrage an das Friedhofsamt nicht nicht rausgeschickt.
      Der Bestatter kenn den Fall. Normalerweise arrangiert er ja alles mit den Behörden. Er hatte mir aber den Tipp gegeben, mich selbst nochmal an das Friedhofsamt zu wenden. In einem Telefongespräch erzählte er mir, dass er die Dame kennt und weiß, wie sie tickt.
      Ich merke, dass mir die Sache immer noch in den Knochen sitzt und überlege, wie ich mich abreagieren kann, obwohl die Vorgaben jetzt wohl so akezptieren müssen. Vielleicht kommt bis heute Mittag ja noch eine Antwort auf meine Antwort, ich vermute, wohl eher nicht.

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  3. Achim

    Lieber Hans Georg,
    mein aufrichtiges Beileid zum Ableben deiner Mutter. Ich würde an deiner Stelle mit allen Trauergästen
    den Abschied von der Mutter durchführen. Sprich nochmal mit dem Bestatter, es wird kaum zu erwarten sein, dass jemand vor der Kirche(Trauerhalle) steht und zählt. Nehmt eure Masken mit und haltet so weit wie es geht. Es kann nicht sein, dass eine nicht sensible Beamtin für weiteren Kummer und Frust bei dir sorgt.
    Deine Regel und Gesetzestreue in allen Ehren, hier geht es um mehr.
    Viele Grüße Achim.

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    1. Hans-Georg

      Moin Achim. Wir haben gestern entschieden, die Trauerfeier in der etwas größeren Kapelle durchzuführen, auch wenn der Weg zum Familiengrab von dort länger ist. In dieser Kapelle sind 12 Personen erlaubt, das passt gerade weil unsere Schwiegertochter mit den beiden Mädels wg. plötzlichem Schulbeginn in NRW leider nicht mitkommen kann.
      Wir haben uns in den letzten Tagen sehr intensiv mit dem Bestatter ausgetauscht. Er meint, dass es sein könnte, dass besagte Frau (Dame kann ich sie nicht nennen) eine Kontrollperson schickt bzw. das Friedhofspersonal entsprechend anweist. Dem wird sich dann niemand widersetzen wollen.
      Ich habe gestern Nachmittag noch eine wirklich eindeutige Mail an die Frau und ihre Vorgesetzten geschickt um die Sache für mich abschließen zu können. Denn das, was sie geschrieben und wie sie geschriebe hat, kann ich so nicht stehenlassen. Ich habe da wirklich sehr deutliche Worte gebraucht und am Schluss steht. „Ich bezweifle nicht Ihre fachliche Kompetenz, aber Ihren menschlichen Umgang mit trauernden Personen. Wenn Sie so wie mit mir auch mit anderen Personen umgehen, haben Sie die falsche Position.“
      Ich weiß, dass der Bestatter voll hinter mir steht. Nur er kann sich solche Worte nicht leisten, er muss schließlich mit der Frau weiter zusammenarbeiten, wenn man da überhaupt von Zusammenarbeit reden kann. Für unsere Familie ist es vermutlich die letzte Bestattung in unserem Familiengrab in Lübeck. Unser Sohn hat seine eigene Familie in NRW. Mein Mann und ich leben im südlichen S-H und wollen beide hier auf dem wunderschönen Waldfriedhof die letzte Ruhe finden.

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