Am frühen Abend hörte ich ein Martinshorn unten an der Straße, die an der Elbe entlang führt. Das ist nicht ungewöhnlich, in beiden Richtungen ist das die Hauptstrecke für „zum Einsatz“ und für „ins Krankenhaus“. Das Martinshorn klang ein wenig anders als normal und ich schaute aus dem Fenster links von meinem Arbeitstisch. Dort habe ich den Blick auf die Straße an der Elbe entlang, zur Elbe – solange die Bäume und Sträucher noch kein Laub tragen -, und zur Hafenbrücke.
Also als ich da so schaute, flitzte ein Einsatzfahrzeug mit einem Anhänger vorbei, auf dem ein kleines „Feuerwehrboot“ lag. Oh, ungewöhnlich! Dann entdeckte ich Blaulicht und helle Beleuchtung unten an der Elbe, hm!? Na gut, wir sind ja nicht neugierig, aber irgendwas musste da los sein.
Inzwischen hatten wir den Rest aus der Flasche mit dem Hausschnaps geleert. Das Wochenende war schon eingeläutet und was nun? Wir mussten nochmal los und Ersatz besorgen.
Aber vorher schauten wir mal nach, was da unten an der Elbe los ist. Wir sind ja nicht neugierig – wir wollen nur alles wissen. Auf dem Weg zum Einsatzort mussten wir über die Hafenbrücke. Toll, wie die jetzt abends nach der Renovierung in Szene gesetzt ist.
An der Elbe standen mehrere Einsatzfahrzeuge, drüben, am Elbeufer in Niedersachsen, blinkte Blaulicht. Als ich noch so vormichhinstand, kam ein netter Feuerwehrmann mit so einer Strickkapuze, man kennt das. Ich sagte: Darf ich sie was fragen? (Besser so als gleich mit der Tür ins Haus fallen). Ich durfte und frage, ob das eine Übung oder ein Ernstfall sei. Ich bekam tatsächlich eine Anwort: Es ist ein Ernstfall, eine vermisste Person. Wir sind hier mit Booten und Hunden. – Gut, äh, eher nicht gut, sagte ich. Mit einem Grinsen sagte er dann, es sei eher nicht gut.
Jetzt, ca. 2 Stunden nachdem wir an der Elbe waren, sehe ich da unten noch immer die Einsatzfahrzeuge. Ob da nun wirklich jemand verschwunden ist, wie z.B. in die Elbe gefallen, oder ob sich da jemand einen Haufen entsorgte Klamotten entdeckt hat? Wenn da jemand in der Elbe gelandet ist – der ist inzwischen das Wehr hinuntergestürzt und im kalten Wasser …
Hoffen wir auf entsorgte Klamotten! Neugier ist o.k., man muss ja wissen, was vor der Haustür geschieht. Schrecklich sind die sensationslüsternen Schaulustigen bei Unfällen. Die, die alles kaltherzig mit ihren Smartphones filmen und dabei vergessen, Rettungsgassen zu bilden. Die, die vergessen, dass das echte Menschen sind, deren Leben sich von jetzt auf eben völlig verändert hat, und keine Statisten für die Anzahl der Likes und die Höhe der Follower.
Ja, man sieht es immer wieder, dass Autofahrer abbremsen wenn irgendwas ungewöhnliches zu sehen ist, schlimm.
Gestern Abend standen dort an der Elbe ein paar Einsatzfahrzeuge und ein paar Uniformierte waren vor Ort. Irgendwelche Aktionen waren nicht vorhanden. Heute Morgen haben wir in den Medien gelesen, dass nach einer vermissten alten Dame gesucht wurde.