Jung, forsch und locker

Meine Hausarztpraxis nimmt zwar Blut ab, aber Patienten, die mobil sind, schickt sie mit einer Überweisung gern in ein örtliches Labor. Und dort war ich heute morgen, nüchtern, wie es so schön heißt. Als wenn ich morgens schon Alkohol trinken würde. Nur ein Glas Wasser gab es zu Hause, ich habe nämlich ein Venen- und Blutflussproblem. Eine blutabnehmende Dame dieses Labors hatte mir mal den Tipp mit dem Wasser gegeben.

Als ich heute im Labor eintraf, waren noch drei Patienten vor mir an der Reihe. Als diese jeweils aufgerufen wurden, bemerkte ich, dass dies durch einen Mann geschah. Sehen konnte ich ihn nicht, aber die Stimme war sehr markant. Ich wurde neugierig, wer sich wohl demnächst meiner Venen bemächtigen würde.

Ich wurde aufgerufen und ein junger Mann reichte mir die Hand und stellte sich vor. Der Typ sah noch recht jungenhaft aus. Von seinem Haarwirbel am Hinterkopf standen ein paar Haare vorwitzig vor. Schnell kamen wir ganz locker ins Gespräch über dies und das während er versuchte, eine Vene zu finden. Jaaaha, es klappte dann auch. Und während das Blut so träge sprudelte – „Das läuft aber recht langsam“ – gab ein Wort das andere, wie ein kleiner Schlagabtausch. Ich hatte gefragt, wie lange er noch zu arbeiten habe: „Bis 14 Uhr muss ich noch Blut abnehmen, dann noch eine Stunde im Labor arbeiten und dann bis morgen früh um 9 Uhr Bereitschaft in einer Klinik.“

Wir stellten dann fest, dass wir beide aus Lübeck sind. Währenddessen lief mein Blut so still vor sich hin. Ich sollte dann noch was erzählen, aber ich hatte eine Frage: Sind Sie noch in der Ausbildung? – Ich bin Arzt, Assistenzarzt! – Oh, ich hatte Sie auf 18 Jahre geschätzt. – Ich bin erst 17, eigentlich darf ich gar keinen Nachtdienst machen!

Das wahre Alte von Dr. W. war 29, aber er sieht wirklich wie 18 aus, na ja, vielleicht auch wie 22.

Also so einen lockeren Arzt hatte ich noch nie. Der Typ ist klasse! Ich weiß ja nicht, wie er seine Zukunft plant. Aber die Patienten brauchen keine Scheu vor einem Halbgott in Weiß zu haben. Mit dem hätte ich noch stundenlang schnacken können. Aber leider waren die Röhrchen dann irgendwann voll.

Wenn ich mal wieder zum Blutabnehmen ins Labor muss, sollte ich vorher anrufen und nach Dr. W. verlangen.

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