Ausflug in die Vergangenheit


Obwohl wir nichts hatten, hatte ich eine schöne Kindheit und Jugend. Wir hatten nämlich mitte der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts ein irgendwie selbst zusammengezimmertes kleines Motorboot, auf dem man kochen und schlafen konnte. Angetrieben wurde das Schiffchen durch einen Automotor, Marke Opel P4. Im Mai wurde das Bötchen von Lübeck zum Sommerliegeplatz in Travemünde gebracht, ende September ging es zurück ins Winterlager, jedes Mal ein trauriger Abschied vom Sommer für mich. In Travemünde habe ich die Sommer meiner Jugend verlebt und ich habe einige Veränderungen im Lauf der Jahrzehnte erlebt, ebenso wie meine Mutter, die ja kürzlich ihren 93. Geburtstag gefeiert hat.

Was schenkt man einer alten Dame zum Geburstag, deren persönliche Bedürfnisse auf ein Minimum geschrumpft sind? Eine Ausfahrt nach Travemünde mit einem Mittagessen! Bei unserem neuen Wagen ist es möglich, die Rückenlehne des Rücksitzes zu teilen, so hat der zusammengeklappte Rollstuhl Platz und trotzdem können wir noch Karin, die allerbeste Freundin unser Familie, mitnehmen, die Mutter betüdeln kann.

Gestern war der große Tag gekommen. Der Rollstuhl und die beiden Damen wurden im Wagen verstaut und die Reise ging los. Zuerst wollten wir zum Priwallhafen, wo Jahrzehnte der Sommerliegeplatz der Yacht war. Leider kamen wir aufgrund reger Bautätigkeit nicht dahin, was wir uns anschauen wollten. Also ging es gleich mit der Wagenfähre hinüber nach Travemünde. Der Wagen wurd auf einem Parkplatz abgestellt und Mutter wurde entlang der Vorderreihe mit den vielen Geschäften,Cafés und Restaurants auf der einen Straßenseite und der Trave, die hier in die Ostsee mündet, auf der anderen Seite zum Restaurant Marina in der Nähe des alten Leuchtturmes geschoben.

Mutter hatte Appetit auf Spargel, Karin auf Fisch und ich bestellte mir Roastbeef. Alles war sehr schmackhaft zubereitet, und ausreichend war es auch. Nichts ist schlimmer, als viel Geld für ein Essen auszugeben, welches entweder nicht schmeckt oder wenn die Menge nur für einen hohlen Zahn reicht, oder vielleicht sogar beides.

Direkt neben dem Restaurant war ein Riesenrad aufgebaut. Ich lud Karin ein, mit mir ein paar Runden zu drehen. Mutter blieb währenddessen im Restaurant sitzen und trank ihren Schnaps und ihr Bier aus.

Aus dem Riesenrad hatten wir einen tollen Blick über Travemünde, die Ostsee und den gegenüberliegenden Windjammer, den Flying P-Liner a.D. „Passat“. Ein kleiner Spaziergang bis zur Strandpromenade und anschließend zurück zum Parkplatz rundete den Ausflug zu Lübecks schönster Tochter ab. Es hat sich wirklich sehr viel verändert in den letzten Jahren. Aber für mich vermittelt das Flair immer noch ein Heimatgefühl, es gibt eben viel Wasser dort! Ich sollte mal allein hinfahren und durch die Straßen schlendern, ein Eis aus der Eisdiele essen, die es dort schon ganz lange gibt.

6 Gedanken zu „Ausflug in die Vergangenheit

    1. Hans-Georg

      Mit dem vorigen Wagen war das nicht möglich. Ich denke, dass ich das jetzt öfter machen werde. Nicht unbedingt immt mit dem Essen und einer Begleitung, einfach kurz durch die Gegend fahren damit sie mal rauskommt.

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  1. Elvira

    Ich denke, egal wieviel an materiellen Gütern Mensch hatte oder nicht hatte, bleiben bestimmte Erinnerungen besonders lange haften und vermitteln uns ein Heimatgefühl. Für deine Mutter war das sicher ein besonders schöner Tag.

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