Schwule Väter


Eins vorweg:
Mein Sohn ist das Liebste was ich habe. Seine Geburt, ihn kurz danach in meinen Armen zu halten, ist das Schönste was ich in meinem Leben je erlebt habe. Ich habe ihn aufwachsen sehen und ihn viele Jahre durch das Leben begleitet – und das macht mich glücklich. Und glücklich bin ich darüber, dass Bernd und ich ein sehr gutes Verhältnis zu Oliver und seiner Frau haben. Es hätte auch anders sein können.

Den unbändigen Drang zum anderen, zum eigenen Geschlecht, habe ich erst relativ spät entdeckt. Da war ich schon viele Jahre verheiratet und mein Sohn war bereits geboren. Um meine kleine Familie zu schützen, sie nicht aus dem eigenen Haus vertreiben zu müssen, habe ich den endgültigen Schritt der Trennung erst sehr viel später gemacht. Ein Schritt, der mir nicht leichtgefallen ist. Und ein Schritt, der dazu geführt hat, dass meine Frau sich weitgehend zurückgezogen hat, wofür ich Verständis habe.

Wenn ich es recht betrachte, hätte ich eigentlich gar nicht heiraten sollen, waren da doch recht früh schon entsprechende Gefühle. Meine Generation kannte kein Internet, in dem ich mich hätte informieren können. Von Haus aus war man gewissen Erwartungen unterworfen. Gut, es gibt genügend Beispiele von Männern meiner Generation, die den Bund der Ehe gar nicht erst eingegangen sind. Aber es ist auch eine Frage der eigenen Persönlichkeit, wie stark man selbst ist, um die Entscheidung zu treffen, den Weg für das schwule Leben zu gehen. Heute, mit Internetanschluss und Foren wie Gayroyal und Gayromeo, ist es viel einfacher geworden, Gleichgesinnte zu treffen und sich mit Männern die die gleichen Probleme. Schwul zu sein an sich ist für die Meisten nicht das Problem. Das Problem ist, schwul zu sein und eine Familie zu haben.

In einem der Foren bin ich schon einige Male von Männern angesprochen worden. Sie wollen wissen, wie es bei mir war. Sie erzählen von sich und ihren Problemen und fragen mich um Rat. Allein die Tatsache, dass da jemand ist, der das Gleiche durchgemacht hat, gibt diesen Männern eine Hilfestellung. Klar, jeder Fall, mag er noch so ähnlich sein, liegt dann doch anders. Die persönlichen Umstände spielen dabei eine grosse Rolle. Ein lieber Mann hat sich nach einer Zeit schwuler Erfahrungen wieder für seine Frau entschieden. In einer schweren Zeit konnte ich ihm Halt gegeben und mit einem offenen Ohr und mit Rat zurseite stehen. Was er mir über sich erzählte, über seinen Zwiespalt zwischen Familie, d.h. Frau und Kindern und schwules Leben, war teilweise so, als wäre es mein Leben. Genauso war es zum Teil bei mir. Heute sind wir mit F. und seiner Frau gut befreundet. Wir haben uns zusammen bei uns in der Wohnung getroffen und wir hatten einen sehr netten Abend.

Damals bei mir fühlte ich mich ziemlich allein. Ja, und ich gebe es zu: Ich dachte machnmal daran, meinem Leben ein Ende zu setzen. Auch wenn meine Frau mir heute vorwirft, ich hätte mit ihr sprechen sollen – was ich auch hätte tun sollen – ist es doch etwas anderes mit einer Person zu sprechen, die mit den gleichen Problemen lebt wie man selbst.

Wie komme ich nun dazu, über das Thema schwule Väter zu schreiben?:
Erstmal ist es ja so, dass ich bei Gayroyal und Gayromeo feststellen konnte, dass es wirklich eine überraschend hohe Anzahl schwuler Väter gibt. In beiden Foren gibt es entsprechende „Clubs“, in denen man sich registrieren kann. Einmal beigetreten bzw. aufgenommen sieht man die vielen Mitglieder, die ein gleiches oder ähnliches Schicksal hinter sich haben.

Der eigentliche Auslöser ist aber die Tatsache, dass wir auf unserer Minikreuzfahrt gleich vier(!) schwule Väter waren. Von Heinz, den wir als Freund von Frank das erste Mal persönlich trafen, wussen wir es vorher nicht. Es kam bei unseren vielen Gesprächen auf der Fahrt eher zufällig heraus. Er lebt mit Frau und Sohn unter einem Dach.

Wer sind denn nun die anderen Beiden? Das stellte sich erst gestern heraus. Es sind die beiden Jungs unserer Reisebekanntschaft. An Bord hatten wir ja nicht so viel Kontakt. Es war ja an dem Abend, an dem wir gaymeinsam in der Lounge sassen, aufgrund der lauten Musik auch recht mühsam, sich zu unterhalten. Am letzten Morgen an Bord bekam ich von den Beiden die Emailadressen. Die Kontaktaufnahme war deshalb recht einfach. Beide sind auch bei Gayromeo vertreten und deshalb konnten wir uns gestern Abend eine Weile „unterhalten“. Im Verlauf des Chats erfuhr ich dann, dass beide zusammen sieben(!) Kinder haben. Über die Hintergründe werde ich demnächst mehr erfahren.

Schwule Väter – es gibt mehr von uns als jeder von uns auch nur ahnt!

5 Gedanken zu „Schwule Väter

  1. Volker

    Klar gubt es unzählige schwule Väter. Bei mir im Ort gubt es auch ein schwules Paar, dass frühe in klassischen Familien mit Kindern lebte.
    Beide sind inzwischen über 60 und ich kenne den Lebensweg im Ansatz.
    Früher gab es noch den Schwulenparagrphen, der sie dazu zwang, die Wahrheit verborgen zu halten und so zu leben, wie es die Gesellschaft als “normal” bezeichnete. Duch die zunehmende Anerkennung von Schwulen und Lesben wird dies wohl in Zukunft aber immer seltener werden.

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  2. Frau Momo

    Es gibt schwule Väter, es gibt lesbische Mütter und ich sehe da kein Problem. Weder bei Eltern, die sich bewußt auch als homosexuelle für Kinder entschieden haben, noch bei Kindern, die entstanden sind, weil ein Elternteil erst später sein “coming out” hatte.
    Ich selber habe eine Kollegin, die mit ihrer Frau zwei Kinder hat. Wo ist das Problem…
    Leider wird es oft als solches gesehen und ich finde das albern und unnötig.

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  3. kalle

    Hallo Hans-Georg,

    auch ich kenne viele Lesben udn Schwule mit Kindern. Bei vielen kenne ich sogar die Kinder persönlich, und allesamt haben mit der Homosexualität des Elternteils und deren Freunde und Bekannte keine Probleme – im Gegenteil! Ich freue mich immer, wenn ich sehe, dass es die (reaktionären) PolitikerInnen Unrecht haben, und bin deswegen für die Adoption wie bei “normalen” Paaren.

    Liebe grüsse kalle

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  4. Lacarian

    Lieber Hans-Georg, ich bin sehr froh, dass ich auf das Internet nicht so lange warten musste und mein Coming Out damit verhältnismäßig früh in Angriff genommen habe. Vorher wäre das für mich undenkbar gewesen. Die einzige Frau, in die ich jemals verliebt gewesen bin, ist heute meine beste Freundin. Wäre damals nur ein bisschen was anders gekommen, wäre ich vielleicht heute mit ihr zusammen, vielleicht hätten wir sogar Kinder. Ich kann mir nicht ausmalen, ob ich meine sexuelle Identität wirklich dauerhaft hätte ausblenden können. Ich fand mein Coming Out schon schwierig. Wieviel schwieriger muss es erst sein, wenn man Frau und Kind hat? Ich freue mich für dich und deinen Sohn, dass euer Verhältnis ein so gutes ist! Liebe Grüße, Lacarian.

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  5. Norbert

    Hallo,
    auch von meiner Seite ein großes “Respekt”!. Ich selbst bin auch (immernoch) ungeouted, obwohl ich keine eigene familie habe, was die ganze Sache natürlich extrem erschweren würde. Nicht das es was total verbotenes wäre, aber ich finde, dass es schon eine gewisse Hemmschwelle ist, seinen eigenen Kindern ein gewisses Verständnis dafür abzuverlangen… ich würde mich da sehr, sehr schwer tun, und deswegen noch einmal “Respekt”!

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