Es ist ja immer dasselbe: Schwenkgrill, Fischbrötchen, Pommes, Crepes – dazu Bier, Cocktails, Caipi. Jedes Strassenfest ist ähnlich, egal ob es auf der Langen Reihe stattfindet oder sich Hafengeburtstag nennt oder Alstervergnügen. Sicher sieht es in anderen Städten ähnlich aus. Aber Strassenfeste üben nun mal eine magische Anziehungskraft auf die Menschenmassen aus.
Das Alstervergnügen ist nach meiner Meinung das schönste Fest hier in Hamburg, und nicht nur deshalb, weil Bernd und ich uns dort kennen gelernt haben. So sind die grossen alten Gebäude mit ihren von der Patina grünen Dächern – dazu noch durch Effektbeleuchtung gut in Szene gesetzt – an drei Seiten der Binnenalster eine wunderbare Kulisse. Die beleuchtete Lombardsbrücke an der vierten Seite passt sich wunderbar in das Gesamtbild ein. Die Besucher des Festes können sozusagen im Kreisverkehr endlos um die Alster gehen und brauchen nicht an einem Ende umkehren. Die Lichter der Stände und der umliegenden Häuser spiegeln sich im Wasser. Ich frage mich, ob es in Deutschland eine ähnlich schöne Stätte für so eine Veranstaltung gibt.
Traditionell mache ich am Donnerstag in meiner Mittagspause einen Rundgang um zu sehen, ob etwas gravierend Neues angeboten wird, das es sich lohnt zu essen oder zu trinken. Wie schon oben erwähnt – auch in diesem Jahr war es wie immer. Es würde sich also nicht lohnen, sich an den Abenden mit den Menschenmassen in den Kreisverkehr einzureihen. Es würde reichen, sich beim Bierstand vom Willi’s auf der Lombardsbrücke zum Feuerwerk einen Platz in der ersten Reihe zu ergattern. Und dort fanden wir uns am Donnerstag Abend zum Autaktfeuerwerk rechtzeitig ein.
Die Musik war, wie in jedem Jahr, schauderhaft. Schlager der 70er Jahre wird dort immer gespielt, egal auf welchen Fest das Willi’s vertreten ist. Wir hofften jedoch, dort ein paar Leute zu treffen, die wir lange nicht gesehen haben. Das war leider nicht der Fall und die Musik wurde im Laufe des Abends auch nicht besser. Die Tunten flippten zu den Tönen von Marianne Rosenberg fast aus – wie immer. Und so machten wir uns nach dem Feuerwerk recht schnell auf den Heimweg. Zu Hause mussten wir erst mal duschen. Der Wind hatte die Rauchwolken und Raketenreste direkt auf uns zu getrieben. Wir stanken nach Schwefel und in den Haaren hatten wir Russ- und Papierkrümel.
In der Hoffnung, dass am Freitag Abend bessere Musik gespielt werden würde, hatten wir uns am gleichen Platz mit Bernds Mutter verabredet. Als wir mit Melli am Bierstand eintrafen, lief die gleiche Platte wie am Abend vorher. Genervt suchten wir uns von der Brücke aus einen anderen Platz. Als Bernds Mutter eintraf, machten wir uns sofort auf den Weg. Wenige Meter weiter direkt am Wasser unterhalb der Brücke (nicht unter der Brücke) war noch Platz in der ersten Reihe. Von dort aus konnten wir das zweite Feuerwerk aus nächster Nähe beobachten. Wie es aussieht, haben wir einen neuen Lieblingsplatz gefunden, um Feuerwerk zu gucken.
Gestern Abend gingen wir gleich dort hin. Auf dem Weg mussten wir am Willi’s vorbei. Ich muss wohl nicht erst erwähnen, was dort gerade aus den Boxen schallte. Wir waren froh, als wir unseren neuen Platz erreicht hatten. Die Musik dort ist recht angenehm, das Publikum auch. Was zu trinken kann man dort auch bekommen, damit man sich, während man auf den Beginn des Feuerwerks wartet, am Becher festhalten kann.
Um die Wartezeit zu verkürzen, gab es auf der Alster Vorführungen mit fackeltragenden Wasserskiern. Der rote Feuerschein spiegelte sich in den Fenstern der umliegenden Häusern. Es sah aus, als würden die Räumlichkeiten in Brand stehen. Ein Fahrgastschiff der Alsterflotte kam von der Aussenalster durch die Lombardsbrücke und veranlasste ein paar Alsterschwäne zur Flucht, die auf dem Weg in ihr Schlafquartier waren. Kurz nach 21.00 Uhr liess uns ein lauter Knall erschrecken: An der Lombardsbrücke wurde ein pyrotechnischer Wasserfall gezündet. Als der versiegt war, kamen illuminierte Kanus und etliche Schwimmer mit Fackeln zu den Klängen der Musik aus dem Film Titanic durch die Brücke geschwommen, die sich auf der Alster verteilten. Es war wunderschön anzusehen.
Inzwischen hatten die Akkus für meine Kamera den Geist aufgegeben. Ich hatte extra ein Paar frisch geladen. Scheinbar ist ein Akku oder beide defekt. Deshalb konnte ich das grandiose Abschlussfeuerwerk geniessen, ohne mich um Fotos kümmern zu müssen. Nach dem Spektakel gesellte sich André noch zu uns. Nach einem gaymeinsamen Absacker machten wir uns auf den Heimweg.
Feuerwerk üben eine grosse Anziehungskraft auf mich aus. Näher als auf dem Alstervergnügen kommt man wohl niergends an ein Feuerwerk heran. Bei einigen Effekten ist es so, als würde man unter einer Feuerkuppel stehen. In den Häusern rund um die Binnenalster und auf dem Wasser spiegelt sich das Feuerwerk. Dazu die lauten Böller beim Zünden der Rakten, deren Echo von den Häusern zurückgeworfen wird – es gibt wohl kaum einen geigneteren Platz, ein Feuerwerk abzubrennen
Heute geht das Alstervergnügen nach vier Tagen zu Ende. Den Sonntag kann man als Familientag bezeichnen: Mit Kindern in Kinderwagen und Karren sowie mit Hunden ziehen die Völkerscharen rund um die Alster. Aber man kann am Sonntag Nachmittag auch den Mann für’s Leben treffen. Und der kann auch ein Feuerwerk auslösen.