WIR sind Papst! Und wenn WIR Papst sind, sind WIR jetzt auch Letzter. Wir sind sogar noch mehr Letzter als Papst weil WIR Gracia ausgewählt und nach Kiew geschickt haben.
Verdient haben wir bzw. Gracia das nicht, nein, so schlecht waren wir und Gracia nicht. Es gab weitaus schlechtere Lieder und Interpreten – jedenfalls für meinen Geschmack. Frankreich, England, Spanien, Cypern, Kroatien und Bosnien Herzegowina z.B. hätten von mir keinen einzigen Punkt bekommen. Aber wie so oft spielten auch bei der diesjähringen Veranstaltung des ESC nachbarschaftliche Gründe eine Rolle. Und da sind wir nun mal chancenlos.
Im Allgemeinen war die Qualität beim Eurovision Song Contest wesentlich besser als in den Jahren zuvor. Gab es schon Jahre, in denen ich überhaupt Mühe hatte, meine Punkte an die Teilnehmer zu verteilen, hätte ich in diesem Jahr mühelos mehrmals 12 Punkte geben können: Malta, Israel, Schweden, Dänemark, Schweiz und Rumnänien standen bei mir an oberster Stelle. Griechenland hätte wohl maximal 10 Punkte von mir bekommen. Und Gracia, wenn ich für sie hätte punkten dürfen? Nun ja, ich denke 5 Punkte vielleicht.
Moldawien hat sicher Sympathiepunkte mit der trommelnden Oma gesammelt, ein Bild, das wir so schnell nicht vergessen werden. Der Song ist akzeptabel für meine Ohren, wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich ihn, ohne die Performance gesehen zu haben, bemerkt hätte.
Souverän wie immer führte Peter Urban durch das Programm, liess aber an Bissigkeit vermissen, was darauf hindeutet, dass die Qualität der Beiträge wirklich gut war in diesem Jahr.
Als Austragunsland des Eurovision Song Contest im nächsten Jahr hätte ich mir Malta, die Schweiz oder ein Skandinavisches Land gewünscht, nicht wegen der diesjährigen Teilnehmer oder Titel, sondern um dadurch zu versuchen, den kulturellen und nachbarschaftlichen Vorteil einiger Teilnehmerländer zu durchbrechen. Griechenland ist für mich gerade so akzeptabel.
Die Vor- und Aftershowparty von der Reeperbahn wurde spritzig moderiert von Thomas Hermanns, der sich nicht zu schade ist, sein Schwulsein auf die Schippe zu nehmen. Die Übermittlung der deutschen Abstimmung mit den Fans im Hintergrund, das hatte was und wirkt wesentlich lebendiger als eine dröge und sterile Punktevergabe aus einem Studio.
Bei einer Flasche Rotwein hatten wir einen vergnüglichen Abend auf dem Sofa. Vielleicht schaffen wir es ja, im nächsten Jahr eine kleine Grand-Prix-Party mit lieben Freunden zu veranstalten, und dazu gibt es dann Maibowle.