Gehen wir oder gehen wir nicht? Das war am heutigen Tag die zentrale Frage. Wir meinten damit, ob wir zum Strassenfest Lange Reihe gehen. Nachdem ich fast eine Stunde von Balkon zu Balkon mit André geklönt hatte, schauten wir ins Regenradar bei Wetteronline.de und entschieden uns dann für „wir gehen“. Schnell noch einen Blick gen Himmel bevor wir das Haus verliessen, an dem von Osten doch ein paar bedrohlich wirkende schwarze Wolken aufzogen. Was ziehen wir an? Bernd warf sich in die Lederjacke, ich legte mir einen Pullover leger um die Schultern und dann gingen wir los. Nach ein paar Metern meinte Bernd, dass es wohl doch zu warm sei mit der Jacke und ich hatte das Gefühl, dass der Pullover unnötig sei. Wir drehten also um und brachten die Sachen zurück. Ich wartete unten auf Bernd.
In dem Moment als er aus der Haustür trat fing es an zu regnen. Wat nu? Nach kurzer Beratung einigten wir uns darauf, mit der U-Bahn in die Stadt zu fahren und dann würden wir weiter sehen. Mittlerweile regnete es ziemlich heftig und es donnerte sogar.
< Am Hauptbahnhof angekommen stellten wir fest, dass dort die Strassen trocken waren, es fielen nur ein paar wenige Tropfen. Nach wenigen Schritten waren wir auf dem Strassenfest und holten uns beim Stand vom "Willi's" das erste Bier. Nach einer Weile entdeckten wir hier und da ein paar bekannte Gesichter in der Menschenmasse. Winken, lächeln - hin und her. Dann gesellte sich Tobi zu uns und schon bald standen wir im Kreise lieber Freunde, die wir lange nicht gesehen hatten. Wir unterhielten uns prächtig. Bernd entdeckte seinen Ex-Freund Uwe. Ich wusste, dass er mit Schifffahrt zu tun hat und so kamen wir ins Gespräch: Was machst du und wo usw., das Übliche eben. Im Laufe der Unterhaltung stellte sich heraus, dass er eine zeitlang mit 2 Ingenieuren zusammen gearbeitet hat, die jetzt bei uns in der Technikabteilung sind, einer davon als Geschäftsführer. Wieder einmal bewahrheitete sich, dass die Schifffahrtswelt ziemlich klein ist und man irgendwann auf Irgendwen trifft, der Jemanden kennt...... Auch ich traf meinen Ex-Freund Frank. Ich fragte ihn nach Jochen, einem Ex-Freund von ihm, der ein sehr lieber Mann ist und mir in einer schweren Zeit sehr geholfen und zur Seite gestanden hat. Jochen hatten wir zuletzt auf dem Alstervergnügen 2002 getroffen. Er hatte mir erzählt, dass er umgezogen sei und ich seine neue Telefonnummer ja noch nicht hätte. Dabei war es dann auch geblieben. Frank erzählte mir, dass Jochen an Leukämie leidet und lange Zeit im Krankenhaus gewesen ist. Ich erkundigte mich auch nach Jochens Schwester und Mutter, die ich auch beiden kennen gelernt hatte. Von der Schwester wusste ich, dass sie an MS leidet. Ich musste leider hören, dass sie mittlerweile im Koma liegt. Und die Mutter, sie muss weit über 80 Jahre alt sein, liegt im Krankenhaus mit einen Oberschenkelhalsbruch. Ich muss sagen, dass mich diese Neuigkeiten sehr betroffen gemacht haben. Ich hab Frank gebeten, mir die Telefonnummer von Jochen zu besorgen. Um 22.30 Uhr gab es beim "Willi's" kein Bier mehr. Bernd und ich waren zwar schon lange auf Alsterwasser umgestiegen, aber da gehört ja nun mal auch Bier rein. Da wir aber noch Durst hatten, entschieden wir uns ganz spontan für Mineralwasser. Nach und nach wurde es leerer, die Musik wurde auf Rücksicht auf die Anwohner abgestellt, Freunde und Bekannte verabschiedeten sich. Auch wir machten uns auf den Heimweg durch die Lange Reihe über das Strassenfest. Ein Hotdog-Stand erregte unser Interesse. "Möchtest du?" - "Nur wenn du auch möchtest." Und schon stellten wir uns an. Es wurden auch "Riesen-Hotdogs" angeboten, also quasi doppelte. "?" - "Hm" - "Ja gut - OK!" - "2 Riesen bitte." Ich kann mir nicht helfen, aber die Flaschen, die von der Decke hängen und aus denen Ketchup, Senf und Remoulade auf den Hotdog gespritzt werden, haben für mich etwas erotisches. Wir vertilgten unsere Hotdogs und machten uns endgültig auf den Heimweg. Beide waren wir der Meinung, dass wir richtig entschieden hatten, auf das Strassenfest zu gehen.