Ein sehr netter Abend mit bösem Ende

Oliver und Melli brachten meine Eltern mit, Bernd hatte Margreth abgeholt. Alle waren begeistert von den vorbereiten Leckereien. Meine Mutter bekam gar nicht genug von den mit Frischkäse gefüllten Windbeuteln. Gemütlich und lustig sassen wir zusammen bis wir uns auf den Weg zum Schauspielhaus machen mussten.

Wir hatten Plätze in der 2. Reihe im ersten Rang und von dort eine sehr gute Sicht auf die Bühne. Pünktlich um 20.00 Uhr begann die Show der Ten Tenors. Von Klassik über Jazz, Country, australische Folklore, Pop – es gab wohl kaum einen Bereich, den die Jungs nicht in ihrem Repertoire haben. Abba, Queen, Verdi, Rossini, Puccini – mit gekonnter Leichtigkeit und dem ihnen eigenen Humor rissen sie das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin, Fusstrampeln bereits währen der Vorstellung und nicht erst zum Schlussbeifall. Zeitweise hatte ich doch Bedenken, ob es meinen Eltern (beide 79 Jahre alt) gefallen würde. In der Pause beruhigten mich ihre zustimmenden Äusserungen. Sie hatten die Karten jeder zum Geburtstag bekommen und dann hofft man doch, dass man keinen Fehlgriff mit dem Geschenk gemacht hat.

Insgesamt 2 Stunden standen die Ten Tenors auf der Bühne, d.h. 2 Stunden Gesang, Tanz, Humor. 2 Stunden pure Spiellaune. Sie hatten sich die standing ovations des Publikums am Ende der Show verdient.

Die Kritiken in der Zeitung waren nicht sehr positiv. Von flachen Witzen und dünnen Stimmen war die Rede. Ich weiss natürlich nicht, was die Kritiker erwartet hatten. Aber wer zu den Ten Tenors geht erwartet kein Konzert auf künstlerisch hohem Niveau. Wer sich die Ten Tenors anschaut will unterhalten werden, will Spass. Und darauf verstehen sie sich gut, sehr gut!

Mit der U-Bahn machten wir uns wieder auf den Weg zu uns nach Hause. Auf der Strasse fand die grosse Verabschiedung statt. Oliver, Melli und meine Eltern machten sich auf den Rückweg nach Lübeck, Bernd brachte seine Mutter nach Hause, ich ging nach oben und setzte mich auf den Balkon. Mit Bernd wollte ich dort den Abend ausklingen lassen.

Die Zeit wurde lang und ich wurde ein wenig unruhig weil Bernd nicht wieder nach Hause kam. Im Hintergrund hörte ich aus dem dem Radio eine Verkehrsmeldung über eine Strecke, auf der Bernd entlang fahren musste. Was genau dort passiert war hatte ich nicht bekommen. Da Bernd immer noch nicht da war, nahm ich an, dass es dort eine Sperrung gab und mein Mann einen Umweg fahren musste.

Mein Herz blieb fast stehen als ca. 20 Minuten vor Mitternacht das Telefon klingelte. Aber es war nur meine Mutter, die sich aus Lübeck zurückmeldete und sich noch Mal für den schönen Abend bedankte. Bernd hätte allerdings spätestens jetzt wieder zu Hause sein müssen.

Während ich noch mit meiner Mutter sprach hörte ich das Zeichen, das noch ein Gespräch ankam. Ich unterbrach meine Mutter, um das andere Gespräch entgegen zu nehmen. Es war Bernd. Mein erster Gedanke war: Es geht ihm gut. Doch dann kam die Ernüchterung. Er erzählte mir, dass er einen Unfall hatte und er sich im Krankenhaus befinde. Er hätte eine Wunde am Hinterkopf und einen Verband drum und er müsste dort bleiben. An den Unfall hätte er kaum Erinnerungen, nur soviel, dass unser Wagen vorne heil war und dass hinten ein Taxi war.

Ich sprach ganz ruhig auf ihn ein während meine Gedanken rasten. Selbstverständlich entschloss ich mich, sofort zu ihm ins Krankenhaus zu fahren. Geld hatte ich noch für eine Fahrstrecke im Haus. Also ging ich zum nächsten Geldautomaten um mich mit Geld zu versorgen. Offensichtlich waren alle grossen Scheine bereits ausgegeben worden. Ich bekam 200 Euro in 5er Scheinen. Ein Taxi liess nicht lange auf sich warten.

Die diensthabende Dame in der Aufnahme war sehr nett. Sie war gerade dabei, Bernds Daten in den Computer einzugeben. Sie erzählte mir, dass er eine Wunde am Kopf hätte, die genäht werden müsse und er sich gerade zu weiteren Untersuchungen in der Röntgenabeilung befindet. Ich müsste noch einen Moment warten. Während wir uns noch unterhielten erschien eine humpelnde Polizistin in der Aufnahme. Der Diskrektion wegen ging ich auf den Flur. Es blieb aber nicht aus, dass ich aus ein paar Wortfetzen mitbekam, dass die Polizistin mit dem Unfall zu tun hatte, in den Bernd verwickelt war. Sie musste nach der Aufnahme im Warteraum warten. Ich setzte mich zu ihr und erklärte ihr, dass ich der Halter des einen Fahrzeuges sei. Über den Hergang des Unfalls bekam ich folgendes zu hören:

Ein unbekanntes Fahrzeug hatte auf der Schnellstrasse 2 Benzinkanister verloren, die teilweise ausgelaufen waren. Ein PKW kam auf dem Benzinfilm ins Schleudern. Bernd muss dann mit unserem Wagen das nächste Fahrzeug gewesen sein, wohl aber bislang ohne Probleme. Hinter ihm kam das Taxi, das ungebremst auf dem Benzinfilm in unseren Wagen rutschte. Und unser Wagen sei hinten „breit“. Die Polizistin ist selbst auf dem Film ausgerutscht und hat sich dabei einen Fuss verstaucht. Wir unterhielten uns noch eine Weile sehr nett. Sie gab mir die Telefonnummer der zuständigen Polizeiwache. Endlich durfte ich zu Bernd. Er lag unter einem Laken auf einer Art OP-Tisch. Unter seinem Kopf, an seiner Hand und im Gesicht war Blut. Aber er war guter Dinge. Er meinte, dass er wohl nun eine Narbe am Kopf hätte. Ich versuchte ihn damit zu trösten, dass ich Narben sexy finde. Hm, war nicht so gut. er mag keine Narben. Aber das nützt ja nun nichts, das Ding ist nun mal da. Ich war dann erst Mal halbwegs beruhigt. Der Pfleger liess uns alleine um für Bernd ein freies Bett zu suchen. Mein Schatz wusste nicht allzu viel von dem Unfall. Ich erzählte ihm in groben Zügen, was ich eben gehört hatte. Der Pfleger kam zurück und schob Bernd zur Station. Ich durfte ihn begleiten damit ich dann gleich wüsste, wo ich ihn Besuchen kann.

An der Aufnahme liess ich mir ein Taxi bestellen. Während ich noch wartete kam die humpelnde Polizistin wieder. Inzwischen wusste sie auch schon, wo unser Wagen abgestellt worden ist. Und ich sollte ja nicht vergessen, Bernd zu grüssen. Ihr „Polizeitaxi“ kam kurz darauf um sie abzuholen während ich auf mein Privattaxi noch ca. 30 Minuten warten musste. Inzwischen war es kurz vor 2 Uhr morgens. Die Strasse, auf der der Unfall passiert war, war noch gesperrt. Um 2 Uhr war ich zu Hause, zu aufgedreht um zu schlafen. Bis 4 Uhr früh setzte ich mich an den Computer. Dann wurde ich müde. Aber schlafen konnte ich doch nicht richtig. Um 7 Uhr war ich wieder wach.

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