In einer Schifffahrtszeitung wurde gestern der Stapellauf eines Fährschiffes für heute Nachmittag in Lübeck angekündigt. Auf der Flenderwerft, werden Schiffe noch auf alt hergebrachte Art und Weise ihrem Element übergeben. Auf vielen Werften werden Schiffe heute in einem Baudock gebaut, das dann beim entsprechenden Grad der Fertigstellung geflutet wird und das neue Schiff schwimmt dann ganz einfach auf – langweilig und unspektakulär.
Bernd hat noch nie einen Stapellauf gesehen und für mich ist schon ein paar Jahre her, seit ich das letzte Mal auf der Flenderwerft zu so einem Ereignis war. Es muss zeitlich ja auch immer passen. Ein Samstag Nachmittag war also ideal.
Wir waren viel zu früh in Lübeck, das Werfttor war für die Allgemeinheit noch nicht geöffnet. Das neue Schiff war aber auch von aussen nicht zu übersehen (Bild 1). Um 15.00 Uhr öffnet der Pförtner die Schranke und wir betraten, zusammen mit vielen anderen Schaulustigen, das Werftgelände.
Ein Stahlkoloss von 165 m Länge, 30 m Breite und 20 m Höhe ist schon ein imponierender Anblick. Das Gewicht des Schiffes in diesem Zustand beträgt 10.000 T (Bild 2, 3, 4)!
Es dauerte noch eine Weile bis die Ehrengäste eintrafen und das Podium zur Taufe betraten. Bis dahin mussten wir uns anhören, was die selbsternannten Fachleute ihren Freunden oder Angehörigen über das Schiff erzählten. Es war teilweise haarsträubend, was für ein technischer Schwachsinn verzapft wurde. Am liebsten hätte ich mich eingemischt und die Leute berichtigt. Ich liess es lieber bleiben.
Endlich kamen die Ehrengäste an. Nach den üblichen Reden des Werftdirektors und der Vertreter der Reederei wurde das Schiff von der Frau des Reedereidirektors auf den Namen „Norröna“ getauft. Die Sektflasche zerbarst am Schiffsbug (Bild 5). Durch einen Knopfdruck, ausgführt durch einen leitenden Werftingenieur, wurden die letzten Bremsvorrichtungen, die das Schiff noch auf dem Helgen hielten, gelöst. Sanft setze sich der Koloss in Bewegung und glitt, begleitet von Tönen der Signalhörner der Schlepper und anwesender Yachten in sein Element (Bild 6, 7, 8). Ich bekam mal wieder eine Gänsehaut und feuchte Augen. Unter den Klängen der Nationalhymnen der Färöer Inseln (Sitz der Reederei) und Deutschlands wurde die „Norröna“ von 3 Schleppern auf den Haken genommen, gedreht und zum Ausrüstungskai bugsiert.
Hier noch ein paar technische Einzelheiten:
Die Zeit von der Kiellegung bis zum Stapellauf: 7 Monate
Ablieferung des Schiffes an die Reederei: in ca. 7 Monaten
Das Schiff wird 1482 Passagiere befördern können und hat für Autos auf 2 Decks eine Stellfläche von 1830 Metern zur Verfügung.
Der Preis für dieses Schiff: 100.000.000 Euro
So soll das Schiff aussehen wenn es fertig ist