Die drei Karten für die heutige Abendvorstellung hatte ich im Februar ganz spontan bestellt. Eine Karte war das Geburtstagsgeschenk für Bernds Mutter.
Wenn man an keinen bestimmten Termin gebunden ist, kann man sich die Plätze aussuchen, auch wenn man dann weit im Voraus buchen muss. Meine Traumpläzte sind in der zweiten Reihe, genau die Mittelplätze, direkt hinter dem Dirigenten. In der Hoffnung, dass Sebastian De Domenico, unser ehemaliger Chorpianist, die heutige Aufführung musikalisch leiten würde, hatte ich genau diese Plätze reserviert. Und wir hatten Glück.
Kurz vor Beginn der Vorstellung nahm Sebastian seinen Platz ein. Er bermerkte uns nicht und deshalb begrüsste ich ihn. Bevor die Vorstellung begann wechselten wir noch ein paar Worte. Hinter uns liess ein junger Mann die Bemerkung fallen: „Oh, das ist ja die geile Schnitte, die wir letztes Mal auch hatten.“ Nun ja, Sebastian ist wirlich ein ansehnliches Schnittchen, das muss ich zugeben.
Der Dirigent hat bei diesem Musical ausser dem Dirigieren auch noch die Aufgabe, das Keyboard zu spielen. Es war interessant zu beobachten, wie das funktioniert. Wenn Sebastian nicht spielen muss, ist es ganz einfach. Er macht das so, wie jeder Dirigent es macht, nämlich mit beiden Armen und dem Ausdruck der Hände leitet er das Orchester. Muss er aber das Keyboard bedienen, ist ganzer Körpereinsatz gefragt: Der Oberkörper bewegt sich vor und zurück, nach rechts und links, der Kopf dreht hierin und dorthin, nickt, die Hände fliegen über die Tastatur, ab und zu ein kleiner Wink mit einer Hand. Es war fasznierend, Sebastian zuzusehen.
Natürlich waren wir nicht wegen Sebastian gekommen sondern um uns das Muscial anzusehen. Die Musik von Abba fährt einem sofort in die Glieder und es ist kaum möglich, die Füsse ruhig zu halten.
Der erste Akt bringt das Publikum mit Witz in Stimmung. Es gab viel Szenenapplaus, was durchaus nicht immer üblich ist und ausser an den Darstellern auch an den Zuschauern liegt.
Nach der Pause wird es sehr emotionell. Carolin Fortenbacher als Donna, alleinerziehende Mutter am Vorabend der Hochzeit ihrer Tochter, lässt ihren Gefühlen freien Lauf. Sie ist eine grossartige Schauspielerin mit einer grossen Stimme. Wenn sie singt „Der Sieger hat die Wahl“ (the winner takes it all) geht es einem total unter die Haut. Ihre Wut und Trauer, vor 20 Jahren von der grossen Liebe und dem möglichen Vater ihrer Tochter verlassen worden zu sein und dem sie jetzt wieder gegenübersteh, spiegelt sich in Stimme, Gestik und Ausdruck wieder, so, als hätte sie es tatsächlich erlebt. Dies ist eigentlich die beste und grösste Szene im ganzen Musical.
Doch Spass und Witz überwiegen in diesem Stück. Und so gibt es am Schluss ein Happy End und viel Partymusik. Standing Ovations und tanzendes Publikum in den Reihen beendeten einen grossen Theaterabend.