Momente

Wir haben es wohl alle schon mal erlebt: Momente wahrnehmen. Es kann ein ganz banaler Moment sein oder ein trauriger oder ein ganz besonders schöner. Der erste Schmetterling, den wir im Frühling sehen, ein Sonnenuntergang, eine Berührung – es gibt viele Momente im Leben, wir müssen sie nur wahrnehmen und verinnerlichen, wir müssen uns in die Momente, in die Wahrnehmung fallenlassen, einfach mal innehalten.

Viele Menschen haben es verlernt, ja, vielleicht haben sie es nie gelernt, Momente wahrzunehmen. Was ist schon ein Schmetterling, der da gerade rumfliegt? Ein Sonnentergang? Pah, die geht doch jeden Tag unter. Die Menschen nehmen Dinge, die um sie herum passieren zwar zur Kenntnis, aber sie sehen sie eigentlich nicht, sie können sich nicht darin verlieren.

Einen Spaziergang machen, sich irgendwo auf eine Bank setzen und einfach nur schauen, auch wenn man meint, dass es gerade nichts besonderes zu sehen gibt. Das Smartphone in der Tasche lassen und am blauen Himmel weißen Wolken nachschauen oder dem Kaninchen, das da gerade über die Wiese hoppelt. Ich kann stundenlang auf unserer Terrasse sitzen und den Vögeln lauschen, am Abend die Fledermäuse beobachten, die auf der Jagd nach Insekten sind. Ich kann auf Kreuzfahrten stundenlang auf der Veranda sitzen und einfach nur auf das Wasser schauen, bis die Sonne untergeht.

Im Urlaub nehmen wir viele neue Eindrücke auf, die zu Momenten werden können. Es gilt dann, nicht nur zu sagen: Ach wie schön! Ein Foto, vielleicht auch ein Selfie – und weiter zum nächsten Punkt. Nein, stehenbleiben und genießen, den Moment, die Wahrnehmung dessen, was wir da sehen, verinnerlichen, das ist es worauf es ankommt.

Wir können noch viele Jahre aus solchen Wahrnehmungen schöpfen: In der Firma, in der ich meine Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann gemacht habe, hatte ich als Auszubildender die Möglichkeit, auf Frachtern einige Reisen zu machen. In der Firma gab es für mich Zeiten, die nicht immer einfach waren und mir manchmal schlaflose Nächte bereiteten. Irgendwann erinnerte ich mich an Momente auf diesen Reisen, die ich bis heute nicht vergessen habe. Und über die Erinnerung an die besonderen Momente fiel ich wieder in den Schlaf.

Inspiriert zu diesem Beitrag hat mich Igor, Autor des Reiseblogs 7 Kontinente, welches ich jetzt in der Rubrik „lifestyle“ bei mir verlinkt habe. In seinem neuesten Beitrag „Reisen im Jetzt“ schreibt Igor sehr anschaulich über das, was wir machen sollten, besonders wenn wir im Urlaub sind.

Ein paar Tage später fand ich bei n-tv.de einen zum Thema passenden Beitrag über den Selfiewahn.

Doch damit nicht genug, auch das passt, ebenfalls auf n-tv.de entdeckt: In Augsburg will man jetzt Ampeln in den Boden einlassen damit Fußgänger, die, statt ihre Umwelt wahrzunehmen – und damit vielleicht Momente verpassen -, auf ihr Handy starren und nicht auf die Ampeln achten. So wichtig kann absolut nichts sein als dass es nicht Zeite hätte, sich in Ruhe damit zu beschäftigen. Die Welt wird immer verrückter.

Besonders krass fand ich folgende Beobachtung vor ein paar Tagen: Eine Mutter schob mit einer Hand die Karre, in dem ihr Kind saß, mit der anderen Hand hantierte sie mit ihrem Smartphone. Fehlte nur noch, dass sie auch noch eine Zigarette irgendwie zwischen den Fingern eingeklemmt hätte. Vielleicht hätte sie gar nicht gemerkt, wenn ihr Kind aus der Karre gefallen wäre.

8 Gedanken zu „Momente

  1. Jane Blond

    Ich bin Königin im Innehalten und Momente-aufsaugen. Nur das mit dem späteren Abrufen funktioniert – depressionsbedingt – leider nur selten. Was aber nicht schlimm ist, weil ich dann einfach bewusst losgehe, wenn ein Down droht, und Schönes gibt es überall.
    Selfies gibt es von mir nicht eines, und mein Handy war, ist und bleibt nebensächlich. Ich höre andauernd, dass ich das doch mal am Mann haben und rangehen soll. Nöpö.

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    1. Hans-Georg

      Ich habe noch nie ein Selfie gemacht. Mein Mann hat mal eins von uns beiden gemacht, es ist aber auch das einzige, was von uns existiert.
      Mein Handy habe ich meistens dabei wenn ich aus dem Haus gehe, meist steckt es nutzlos in der Gesäßtasche. Wenn es da hinten steckt und ich bin mit dem Wagen unterwegs, passieren damit manchmal ungewöhnliche Dinge und schickt z.B. alte Fotos, dich ich von Kollegen bekommen habe, an die zurück.
      Wenn du die Momentekönigin bist, bin ich der König dazu!

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  2. Achim

    Hallo Georg,
    du trifft den berühmten Nagel auf den Kopf. Den Moment bewusst wahrnehmen, innehalten, sich einfach entschleunigen. Es ist wichtiger den je. Selfis sind eine Erscheinung unserer Zeit. In unserer Jugend war es die Kofferheule oder der Kassettenrecorder. Und die Alten haben sich darüber und über uns aufgeregt. Die IT Revolution der letzten Jahre brachte uns allen so viel Neues und Möglichkeiten. Mein Spruch lautet dazu, es ist Fluch und Segen zu gleich. Also die Dosierung machte. Das Smartphones muss nicht ständig im Blick sein. Es ist aber toll, wenn einem der Moment ein schönes Fotomotiv bietet, oder man kann schnell gucken welche Zugverbindungen da sind. Schönes WE.Achim.

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    1. Hans-Georg

      Ich bin mit meinen 66 Jahren natürlich ein alter Mann. Als ich aufgewachsen bin, war mein soziales Netzwerk meine Freunde, und zwar live und analog und nicht am Computerbildschirm oder am Smartphone. Wo das hinführen wird bleibt abzuwarten.
      Wenn aber ein Paar in ein Restaurant geht und anstatt sich zu unterhalten sich jeder mit dem Smartphone beschäftigt kann das nicht gut sein. Ebenso wie kann es nicht gut sein, wenn eine Mutter sich mit dem Smartphone beschäftigt anstatt mit dem Kind, im vielleicht dies oder jenes zeigt, gerade jetzt im Frühling. Ich frage mich, ob dieses Kind jemals „Momente“ wahrnehmen wird. Die Mutter hat’s womöglich auch schon verlernt.

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  3. Igor (7 Kontinente)

    Ciao Hans-Georg

    Ein schöner Beitrag, der meine Ansichten aus der Perspektive widerspiegelt.
    Wir verlernen leider immer mehr den Augenblick zu geniessen und erinnern uns gerne an diesen durch Fotos oder Erinnerungen im Kopf. Leider ist der Moment dann schon vorbei und wir haben ihn eventuell einfach zu wenig genossen, als es vorhanden war.

    PS: Freut mich sehr, dass du mich erwähnt hast. 🙂

    Liebe Grüsse, Igor

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    1. Hans-Georg

      Hi Igor,
      ich denke, dass es auch eine Sache ist, die man seinen Kindern beibringen kann. Ich kann mich dunkel daran erinnern, dass mein Vater mich gelegentlich auf „die kleinen Dinge am Wegesrand“ hingewiesen hat, sei es optisch oder akustisch. Innehalten und hinschauen bzw. hinhören, darauf kommt es an. Und das kann man seinen Kindern beibringen.
      Die Sache mit den Fotos hast stimmt natürlich. Aber manchmal ist es ja auch so, dass man die Kamera gar nicht so schnell bereit hat. Ich habe auf unseren Reisen schon ab und zu gedacht: Lass stecken, ist eh gleich vorbei.
      Schlimm finde ich, wenn Leute während der Fahrt ständig Videos oder Fotos aus dem Busfenster machen. Die Qualität ist dann doch meistens mist.
      Igor, ich lese gern bei dir. Deshalb der Link bei „Lifestyle“ und in meinem Beitrag!

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  4. Ina

    genau so isses … momentan verliere ich mich nachts in diesem gewaltigen sternenhimmel, wo du wirklich das gefühl hast, alles ist eins. so einen sternenhimmel kann ich selbst bei uns opn dörp nicht sehen, weil auch da zu viel luft- und lichtverschmutzung ist. und ich bin meinem hund dankbar, der mich immer wieder auf die kleinen dinge hinweist. seine neugier überträgt sich immer.
    lass uns dieses geschenk des wahrnehmens und innehaltens nie verlieren!
    liebe grüße!

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