Dieses wird mein letzter Eintrag im Jahr 2005. Ich möchte hier ein Wenig darüber schreiben, wie sich im Laufe der vergangenen Jahre Silvester für mich verändert hat.
Die ersten Silvesterfeiern, an die ich mich erinnern kann, verbrachten meine Cousine Andrea und ich gemeinsam bei unserer Oma. Unsere Eltern gingen aus, wohin weiss ich heute nicht mehr, wahrscheinlich irgendwo hin, wo Remmidemmi war und man Tanzen konnte. Andrea und ich waren also bei Oma. Es gab ganz bestimmt Berliner und Saft. Die bösen Geister vertrieben wir um Mitternacht mit Knallerbsen, Wunderkerzen und, man staune, mit bengalischen Zündhölzern. Ja, sowas durften im zarten Alter von ca. 8 – 10 Jahren auch schon haben. Ob sich die Geister davon beeidrucken liessen, wage ich zu bezweifeln. Kurz nach dem Spektakel mussten wir schlafen gehen. Ich erinner mich noch ganz genau daran, dass ich im Bett lag und rund um uns herum noch Böller gezündet wurden, deren Explosionen durch die Strassenschluchten der Lübecker Innenstadt hallten. Aus dieser Zeit existieren in den Familienarchiven noch Bilder von Andrea und mir, auf denen wir zu sehen sind, wie wir alberne bunte Papphütchen tragen.
Nur sehr vage Erinnerungen habe ich an die Feiern, die danach kamen. Ich weiss nur noch, dass sie in der Messe des Bootsvereins Lachswehrwasserfahrer Lübeck, kurz LWL, stattfanden. Dort hatten meine Eltern ihre Yacht im Winter eingelagert. Die Messe war üppig mit Luftschlangen dekoriert und zum Tanz spielte die Kappelle Edelweiss auf.
Nachdem ich meine Frau kennen gelernt hatte, ging es mit der gesamten Famile (Grosseltern, Onkel, Tanten, Cousinen, Cousins) zum grossen Festball des Bürgerveins Lübeck. Traditionell wurde der Silvesterball in den Räumen der Gemeinnützigen Gesellschaft Lübeck gefeiert mit Tanz zu Livemusik in drei Sälen. Wir hatten immer Plätze im grossen Saal, der auch der festlichste Saal war, ausgestattet mit Stuck und grossen Bildern von lange verblichenen wichtigen Lübecker Persönlichkeiten in goldenen Rahmen. Die Bilder waren zwar so gut es ging mit Luftschlangen verhängt, trotzdem war es auch zu Silvester der schönste Saal. Über der Tanzfläche war ein grosses Netz gespannt, das mit hunderten Luftballons gefüllt war. Beim ersten Tanz nach Mitternacht, immer ein Wiener Walzer, wurde das Netz geschüttelt und die Luftballons fielen auf die Tanzenden Paare. Jeder versuchte, die Ballons zum Platzen zu bringen oder einfach weiterzustupsen. Natürlich war es eine Selbstverständlichkeit, dass die Damen zu diesem Ball im langen Kleid erschienen und die Herren mindestestens im dunklen Anzug oder, wer hatte, im Smoking. Mangels Nachwuchs wurde der Bürgerverein Lübeck in diesem Jahr aufgelöst.
Im Dezember 1980 wurde Oliver geboren und unsere Silvesterfeiern änderten sich ein weiteres Mal. 1980 feierten wir mit Thomas, Olivers Patenonkel und seiner Freundin – heute seine Frau – Barbara, im ganz kleinen Kreis.
In den Jahren darauf feierten wir zusammen mit Freunden, die in der Nachbarschaft wohnten, abwechselnd ein Jahr bei uns und ein Jahr bei denen. Als die Kinder alt genug waren, zogen wir gemeinsam mit ihnen vor dem Essen um die Häuser und zündeten Böller, Raketen und Bodenfeuerwerk. Wir wussten ja nicht, ob sie aufgrund ihres Alters den Jahreswechsel noch erleben oder schon seelig in den Kissen schlummern würden.
Es kam die Zeit, da waren die Jungs alt genug, allein um die Häuser zu ziehen. Ein Jahr, Oliver war schon auf dem Gymnasium, war es eisig kalt in der Silvesternacht. Oliver hatte seine Fahrradhandschuhe an, die er immer zum Rudern trug, also Handschuhe, wo nur Handfläche und -rücken geschützt sind und die Finger vorn herausragen. Plötzlich kamen die beiden Jungs herein, Oliver weinte, und sagte, dass seine Finger so weh täten. Tja, was war passiert? Die Handschuhe hatten die Blutzufuhr zu den Finger eingeschränkt, dazu die Eiseskälte. Er hatte leichte Erfrierungen an den Händen bzw. Fingern. Ich liess ihm kaltes Wasser über die Händer laufen und alsbald war er wieder OK. Ich kann mich zwar nicht mehr daran erinnern, aber vermutlich gingen die Beiden dann wieder raus, um weiter um die Häuser zu ziehen.
Seit 1997 feier ich den Jahreswechsel mit Bernd. Zuerst hier zu Hause mit seiner Mutter und Freunden. Freunde kommen und gehen, aus welchen Gründen auch immer. Berufliche Veränderungen erzwingen einen Ortswechsel, gemeinsame Interessen laufen auseinander. Man hat zwar noch Kontakt, aber nicht mehr so eng, dass man zusammen feiert. So hat sich auch der Kreis, mit dem wir den Jahreswechsel verbringen, in den letzten Jahren immer wieder verändert. Vor zwei Jahren haben Bernd und ich ganz allein gefeiert, was auch ganz gemütlich war.
Heute Nacht werden wir in der Hasenbude feiern. Von Eiseskälte sind wir weit entfernt, Erfrierungen sind nicht zu erwarten. Die einzige Unsicherheit ist Glatteis, dass eventuell auftreten könnte. Wie dem auch sei, wir freuen uns auf diese Silvesterfeier bei den Hasen. Zum Jahreswechsel gehört bei mir ein gewissen Ritual, nämlich alles, was im alten Jahr aus dem Körper gewachsen ist, muss weg, also bis auf notwendige Längen.
Früher, als wir noch zum Ball gingen und ich noch mehr Haar auf dem Kopf hatte, war mittags ein Friseurtermin angesagt, bei dem überflüssige Haare abgeschnitten wurden. Später dann, bevor wir das Haus verliessen, wurde ausgiebig geduscht, gefolgt von Manküre und Pediküre, will sagen, Finger und Fussnägel wurden geschnitten. Alles was überflüssig war, wurde im alten Jahr gekürzt bzw. vernichtet, so weit das möglich war.
Das hat sich bis heute nicht geändert. Ich gehe zwar heute nicht mehr zum Figaro, die Haare stutze ich selbst. Aber ich habe eben ein entspannendes Bad in der Wanne genommen, anschliessend alles, was vom Badewasser am Körper klebte, abgeduscht und danach die Jahresendmaniküre und Pediküre erledigt.
Das Jahr 2006 kann kommen! Ich wünsche allen Freunden und Lesern ein gutes, friedvolles und gesundes neues Jahr!