Paramour


Gestern Abend wurde das Weihnachtsgeschenk meines Mannes eingelöst, wir schauten uns das Musical „Paramour“ im Theater Neue Flora an. Das Stück beinhaltet natürlich eine Story, wird aber in weiten Teilen von Artikstiknummern des Cirque Du Soleil dominiert.

Der Gatte hatte ursprünglich Plätze mittig in Reihe 5 gebucht. Anfang März erhielt er eine Email: … „Bei den derzeit stattfindenden Proben mussten wie bedauerlicherweise feststellen, dass wir die von Ihnen gebuchten Pätze aus sicherheitstechnischen Gründen nicht zur Verfügung stellen können. …“ Stattdessen hatte man für uns 2 Plätze in Reihe 2 reserviert. Wir mussten dann aber feststellen, dass unsere ursprünglichen Plätze auch besetzt waren. Dazu später mehr.

Die Stunde vor dem Beginn der Vorstellung verbrachten wir im reservierten Bereich der Open Bar. Wir stellten fest, dass sich der überwiegende Teil des Publikums nett zurechtgemacht hatte, wie wir selbst auch. Es gab aber Ausnahmen mit „Hauptsache eng – egal ob das gut aussieht oder nicht“, eingequetscht in ein sportliches Oberteil mit heraushängender Kapuze. Und glaubt mir, das sah bei der Figur der Dame überhaupt nicht gut aus, zumal der BH die Fettpölsterchen hervorquellen ließen.


Kurz vor der Vorstellung nahmen wir unsere Plätze ein. Von und auf der offenen Bühne waberte Kunstnebel. Die Dame, die neben mir Platz nahm, war etwas verunsichert und fragte mich vorsichtig, ob das normal sei. Ich beruhigte sie und erklärte, dass das kein Rauch ist. Bernd und ich rollten mit den Augen.

Das Opening von Paramour war rasant und begann mit einem bunten und aufwändigen Bühnenbild. Gesang, Tanz und überall Akrobatik. Man wusste gar nicht, wo man hinschauen sollte. Besonders von unseren „neuen“ Plätzen (siehe oben) war das nicht ganz einfach. Hier, wie auch später bei anderen Szenen, wären Plätze weiter hinten von Vorteil gewesen. Die Musik war flott und eingängig. Meine Finger trommelten automatisch auf meinen Oberschenkeln herum. Das war schon mal sehr vielversprechend.

Die Story ist schnell erzählt: Indigo (Vajèn van den Bosch) wird von AJ Golden (Pasquale Aleardi) für den Hollywoodfilm entdeckt. Sie ist aber sehr dem Komponisten Joey (Anton Zetterholm) zugetan. Sie muss sich am Ende entscheiden zwischen Karriere und AJ Golden oder einem Leben an der Seite von Joey. Mir kamen da Vergleiche zur MeToo-Bewegung in den Sinn, wenn auch in abeschwächter Form: Heirate mich und du machst Karriere! Wie Indigo sich entscheidet, lass ich hier mal offen. Im Verlauf des 2. Aktes wird das aber ziemlich vorhersehbar.

Der 1. Teil steuert zur Pause auf einen wahren Höhepunkt zu: AJ Gold feuert die Artisten zu immer größeren Leistungen an, was diese auch schaffen. Es ist ein großes Feuerwerk an Musik, Farben, Tanzszenen und erstklassiger Kunst auf dem Schleuderbrett. Unsere Erwartungen an die Fortsetzung nach der Pause waren hoch.

Leider wurden die Erwartungen nicht erfüllt. Eine Steigerung dessen, was wir vor der Pause sehen durften, gab es nicht, was vielleicht auch gar nicht möglich war. Indigos Entscheidung rückte näher und war bereits zu erahnen. Die Verfolgungsjagd über den Dächern von New York war noch mal ein highligt, aber nicht zu vergleichen mit dem, was wir bereits gesehen hatten. Ein richtig großes Finale gab es nicht. Nach einem Song von DJ Gold wurde die Bühne dunkel, ein wenig enttäuschend.

Trotzdem war es „ganz großes Kino“ was wir gestern Abend erleben durften. Ohne Netz schweben die Aritsten über die Köpfe der Zuschauer hinweg, teilweise so niedrig, dass wir den Luftzug spüren konnten. Die beiden männlichen Hauptdarsteller waren perfekt ausgesucht: Der stattliche Pasquale Aleardi als Regisseur AJ Golden, stets im Anzug – dagegen der schmächtige Anton Zetterholm als Filmkomponist Joey, immer im Strickpulli. Zwischen beiden Männern spielte die junge Vajèn van den Bosch hinreißend die Neuentdeckung für den Hollywoodfilm, Indigo.

Die Besetzungsliste enthält 40! Namen des Ensembles, also Tänzerinnen, Tänzer und Artisten. Hier hat man geklotzt und nicht gekleckert, mit dem tollen Bühnenbild verhält es sich ebenso.

Ein Tipp für Interessenten, die sich „Paramour“ anschauen möchten: Bitte keine Plätze in den ersten Reihen buchen, da entgeht einem so einiges. Reihe 5 – 8 wären ok, von dort kann man auch noch die Mimik der Darsteller beobachten.

Mein Mann fragte mich nach der Vorstellung: Lieber Tina oder Paramour? Beide Musicals kann man überhaupt nicht miteinander vergleichen. Beide Stücke sind toll, jedes auf eigene Art.

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