Tanzverbot

In Deutschland gibt es am Karfreitag ein gesetzliches Tanzverbot. Es gibt bei uns eine Trennung von Staat und Kirche, warum muss also dieses Tanzverbot rechtlich geregelt werden? Das mal vorneweg.

Aber warum muss das so sein? Weil unser angeblicher Religionsspender am Karfreitag, wobei dieses Datum nicht fiktiv ist, am Kreuz gestorben ist? Weltweit sterben täglich Tausende, da schert sich niemand darum, ob man tanzen darf oder nicht. Es gibt sogar christliche Bestattungen, bei denen bewusst getanzt wird und man fröhlich ist.

Im November letzten Jahres verstarb der irische Sänger Shane MacGowan. Auf der Trauerfeier wurde in der Kirche an seinem Sarg getanzt. Es gibt tanzende Sargträger, würde ich mir für mich wünschen. Warum also am Karfreitag nicht tanzen?

Bei der Beisetzung der Urne mit der Asche meiner Mutter gab es am Grab ein Glas Schnaps. Ein Glas goss ich über die Urne die in der Erde abgesenkt war. Wenn wir Musik dabeigehabt hätten, hätten wir uns sicher im Takt dazu gewiegt.

Es muss im Angesicht des Todes nicht immer alles todernst zugehen, auch nicht, weil vor mehr als 2000 Jahren jemand am Kreuz gestorben ist. Wobei er ja angeblich nach ein paar Tagen wieder auferstanden sein soll. Es gibt also keinen Anlass zur Trauer. Also lass die Leute doch tanzen.

14 Gedanken zu „Tanzverbot

  1. Anne

    von Zynaesthesie auf Mastodon:

    „Funfact zum Geplärr der Katholiban, der Staat müsse den #Karfreitag strafrechtlich schützen, da er seit dem Mittelalter höchster christlicher Feiertag sei: er war bis zur Reformation größtenteils unbekannt, nur ein Gedenktag ohne Arbeitsverbot, wurde auf Betreiben Luthers protestantischer Festtag, worauf Urban VIII. in der noch gültigen Festordnung 1642 ihn unkatholisch nannte und Katholiken fürs Feiern mit Exkommunikation strafte. Erst seit dem 19. Jahrhundert kriegt man die fürs Nichtfeiern“

    Antworten
  2. Birte

    Ich finde das Tanzverbot auch nicht angebracht, genauso wenig wie das Verbot, Filme wie Das Leben des Brian an diesem Tag im Kino zu zeigen.
    Andererseits finde ich das alljährliche Geplärre auch nervig. Es geht um einen Tag. In seinen eigenen vier Wänden kann eh jeder machen, wonach ihm ist. Vielleicht würde dem ein oder anderen etwas wie innere Einkehr auch mal nicht schaden.
    In Hamburg ist das Tanzverbot übrigens gelockert worden. Ich habe auch als Christin kein Problem damit, wenn es endlich abgeschafft würde. Allerdings würde ich mir eine Diskussion darüber mal etwas sachlicher wünschen. Dieses ewige Bashing gegen Menschen, denen dieser Tag etwas bedeutet nervt mich ehrlich gesagt. Ich selber gehe weder in die Kirche, tue ich eh sehr selten, noch begehe ich diesen Tag in besonderer Weise. An diesem einen Tag will die ganze Welt nun tanzen gehen…. was sie die restlichen 364 Tage im Jahr tun können.
    Der 24.12 ist genauso fiktiv. Alle nehmen gerne die arbeitsfreien Tage mit, wobei man natürlich darüber nachdenken könnte, sie durch nicht religiöse abzulösen.

    Antworten
    1. Hans-Georg

      Der 24.12. ist nach dem Gesetzt ein normaler Arbeitstag. In anderen Ländern wird der komplett ignoriert, da ist Weihnachten erst am 25.12. Nur bei uns werden heilige und sentimentale Lieder gesungen während man in anderen Ländern um den Weihnachtsbaum tanzt. Ein Geburstag ist ein freudiges Ereignis und keine Trauerveranstaltung, wie das bei uns praktiziert wird.

      Antworten
      1. Birte

        Da bin ich ja mit Dir einer Meinung. Deshalb gehe ich so ungerne in Gottesdienste. „Wir feiern“ Gottesdienst. Unter feiern stelle ich mir was anderes vor. Da könnte man sich von afrikanischen Gottesdiensten mal was abgucken.
        Trotzdem finde ich es schwierig, wenn Menschen, die mit Glaube und Kirche nix am Hut haben, meinen zu wissen, wie es gehen soll. Die wenigsten würden dann wohl in einen GD gehen, auch wenn er anders wäre.

        Antworten
        1. Hans-Georg

          Die Kirche bemüht sich ja inzwischen, Menschen zu motivieren. So gab es in Lübeck die Möglichkeit zu Spontantrauungen. Ein schwuler Pfarrer veranstaltet in seiner Kirche Parties.. Im vorigen Jahr waren wir zu einer Hochzeit von 2 schwulen Freunden mit einer grossen Zeremonie in der kleinen Kirche hier nebenan. Es bewegt sich also ein wenig was.

          Antworten
  3. ClaudiaBerlin

    Stimme dir prinzipiell zu, wundere mich aber auch um das Aufhebens, das jährlich wiederkehrend um das „Tanzverbot“ an diesem Tag gemacht wird. Wie viele würden denn wirklich an diesem Tag tanzen gehen, wäre es erlaubt? Und häusliche Partys kann eh niemand verbieten…

    Antworten
    1. Hans-Georg

      Es geht dabei ja im öffentliche Veranstaltungen. Die jungen Menschen nutzen ja jede sich bietende Gelegenheit, in Clubs und Discotheken abzuzappeln. Dafür bietet sich dieses lange Wochenende ja an.
      In Hamburg findet ja gerade der Frühjahrsdom statt, Norddeutschlands grösstes Volksfest. Da plärrt ja aus jedem Fahrgeschäft und jeder Bude irgendeine Musik. Ich weiss nicht, ob das immer noch so ist, dass am Karfreitag dort zwar alles geöffnet ist, aber ohne Musik.
      Ich erinnere mich gerade an meine Kindheit. Da wurde am Karfreitag sowie an den Gedenktagen im November nur ernste Musik gespielt. Diese Zeiten sind schon lange vorbei.

      Antworten
  4. Trude

    Habe mich gestern übrigens strafbar gemacht und getanzt. Gerade verbotenes hat ja seinen eigenen Reiz 😉
    Wobei sich das ganze in meinen eigenen Vierwänden abspielte und somit toleriert wird.

    Ich wünsche dir einen schönen Samstag.
    Trude

    Antworten
      1. Trude

        Die Fenster waren zwar zu, aber die Balkontür zwischendurch offen. Und die Musik war laut!

        Egal – dafür kennen mich die Nachbarn. Und sie freuen sich über meine Lebensfreude 🙂

        Antworten
  5. Ralf

    Die Kirche selbst hält von Ruhe wenig. Gestern um 5 Uhr in der Nacht (nach alter Zeit 4 Uhr!) läutete man oben auf dem Berg Sturm, zehn Minuten lang. Um 5.30 Uhr wieder. Um 5.50 Uhr wieder. Denn um 6 verantalteten die Protestanten da oben ihre Auferstehungsfeier, und da darf doch im ganzen Dorf, zumindest in Kirchenumgebung, niemand schlafen. Ich hatte dann am Abend ein freundliches Gespräch mit der Pfarrerin, denn in 37 Jahren, die ich hier lebe, hatte es solch einen nächtlichen Glockenkrawall nie gegeben. Ich vermag nicht zu erkennen, weshalb man das jetzt neu eingeführt hat. Die hochwürdigste Dame zeigte sich sogar einsichtig und sicherte mir zu, sie werde dem Presbyterium vorschlagen, künftig nur noch zu Beginn der österlichen Feier, also um 10 vor 6, zu läuten. Man darf auf nächstes Jahr gespannt sein. Es ist wirklich nicht lustig, nachts um 5 aus dem Schlaf gerissen zu werden, dann, wenn man gerade wieder am Einduseln ist, ein zweites und schließlich auch noch ein drittes Mal. Die ganze Nacht durch schlägt alle Viertelstunde die Turmuhr, jeweils zur vollen Stunde mit bis zu 12 Schlägen. Das macht mir nichts, das ist auch eher sanft. Aber wenn in der Nachtstille das volle Geläut aller verfügbaren Glocken losdröhnt, ist das von ganz anderer Qualität.

    Für mich ist das ebenso wie das Feierverbot an den sogenannten stillen Tagen ein Zeichen typisch christlicher Arroganz. Alles hat sich nach kirchlichen Regeln zu richten, auch und insbesondere die Nichtgläubigen haben sich daran zu halten. Das ist in einer freiheitlichen und vielfältigen Gesellschaft nicht mehr akzeptabel. Samstag war hier in der Zeitung ein Leserbrief zum anstehenden Verfassungsgerichtsprozess wegen der Söder-Kreuze. Die Schreiberin sprach davon, Kreuze seien Symbole „unserer Religion“ und Europa sei das „christliche Abendland“. Wir hier in diesem Haus sind zwei Atheisten, ein Konfuzianer und ein Katholik. Den beiden Großkirchen gehört deutschlandweit weniger als die Hälfte der Bevölkerung an. Es muss endlich Schluss sein mit der christlichen Arroganz. Die gesellschaftlichen Veränderungen müssen endlich auch zu einer entsprechenden Anpassung des geltenden Rechts führen, und zwar auf allen Ebenen und Sachgebieten.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert