Zu den Azoren mit „Mein Schiff Herz“ – 1. Teil


Unsere zweite Kreuzfahrt in diesem Jahr führte uns zu den Azoren. Die Inselgruppe der Azoren gehört politisch zu Portugal und liegt im Nordatlantik, etwa auf der Höhe von Lissabon auf der Europäischen Seite und etwa auf der Höhe von New York auf dem amerikanischen Kontinent. Die Reise begann in Santa Cruz de Tenerife, dort endete sie auch wieder.

Wer oft den Wetterbericht hört, kennt den Begriff „Azorenhoch“, welches meistens irgendwo feststeckt und uns dann den Sommer vermiest. Ich hatte ja gesagt, dass wir einen grossen Koffer mitnehmen und das Azorzenhoch reinpacken um es mit nach Deutschland zu nehmen. Von diesem Hoch war nicht viel zu sehen, der Wetterkoffer blieb also zu. Dazu später mehr.

10. November 2022 – Anreise nach Santa Cruz de Tenerife

Unser Limousinenservice stand pünktklich um 6:30 Uhr vor der Tür. Die Koffer wurden eingeladen und dann ging es durch den morgendlichen Berufsverkehr zum „Hamburg Airport Helmut Schmidt“.


Den Online Checkin hatten wir schon am Tag vorher erledigt. Wir wollten es wagen, unsere Koffer automatisch aufzugeben, was auch gut funktioniert hat. Da wir Business Class gebucht hatten, suchten wir die Business Lounge auf, nahmen dort ein leichtes Frühstück ein mit einem Glas Wein sowie einem Glas Sekt. Mit Blick auf das Vorfeld des Flughafens sassen wir dort ganz entspannt und warteten auf das Boarding. Zwei Tische weiter entdeckten wir zwei junge Männer!

Um 10 Uhr sollten wir starten, aber das Boarding gestaltete sehr sehr langsam. Der Chefpurser versuchte auf frech-humvorvolle Art, die Passagiere anzutreiben, „ihre Plünnen“ doch bitte schnellstmöglich zu verstauen. Einer Dame in der Reihe hinter uns gefiel die forsche Art überhaupt nicht während wir Tränen lachten über die spitzen Bemerkungen, die der Steward herausschoss. Als endlich alle Passagiere im Flieger ihre Plätze gefunden hatten, hatten wir unseren Startslot verpasst und mussten auf die nächste Möglichkeit zum Start warten. Währenddessen wurden wir sehr unterhaltsam über die Sicherheitseinrichtungen unterrichtet: „Die Notausgänge sind mit EXIT gekennzeichnet. Für die, die in der Schule nicht aufgepasst haben: Das ist englisch und bedeutet Ausgang.“ Die beiden jungen Männer aus der Business Lounge sassen 2 Reihen vor uns. Ach, guck an. Ob die auch auf das Schiff wollen? Einem der beiden rutschte ein Apple Airpod aus einem seiner Ohren und verlor sich in den Tiefen des Sitzes, oder er fiel unter den Sitz. Der Betroffene selbst und sein Mitreisender, die 2 Männer, die in der Reihe dahinter sassen, und wir suchten mit, so wie das in der Enge eines Flugzeugs möglich ist. Der Ohrentampon fand sich aber wieder an.


Uns Reisenden in der Businessclass wurden freie Getränke angereicht, u.a. Wein und Sekt. Bevor die Speisen verteilt wurden, bekamen wir ein Papierset ausgehändigt um damit den Klapptisch zu dekorieren und eine Serviettentasche mit dem Besteck. Der Steward riet uns, den Kuschelmodus zu verlassen und uns auseinanderzusetzen, dann könnten wir die Gläser auf dem Tisch vom Mittelplatz abstellen. Zum Essen hatte Bernd sich ein Thaicurry bestellt, ich bekam ein Schnitzel mit Kartoffelspalten und Gemüse. Die Bestellung erfolgte online ein paar Tage vor dem Abflug. Die Gerichte waren sehr sehr schmackhaft. Das Schnitzel war saftig, was ich nicht erwartet hatte. Die Gerichte und Getränke wurden in Plastikgeschirr serviert – nun ja. Allerdings war das Essbesteck aus Holz. Dann kam wieder der Getränkewagen, wir nahmen wieder Weisswein, und auch noch ein drittes Mal. In den beiden Reihen vor uns wurde auch Weisswein gewünscht mit dem Resultat, dass es kurz vor dem Ende des Fluges keinen Weisswein mehr gab. Aber Sekt gab es noch.

Natürlich landeten wir mit Verspätung in Santa Cruz de Tenerife, weil die Leute beim Boarding in Hamburg mit ihren Plünnen nicht in die Hufe gekommen waren. Als ich von Bord ging, bedankte ich mich beim Chefsteward für den guten Service und den unterhaltsamen Flug.

Obwohl unser Gepäck als „priority“ gekennzeichnet war, kamen unsere Koffer erst zusammen mit denen aus der „Holzklasse“. Die Koffer, die am Schalter der Condor aufgegeben worden waren, hatten ein rotes Fähnchen bekommen und waren demzufolge für das Personal sichtbar als „priority“ gekennzeichnet. Unsere „Selfservice-Koffer“ hatten das Fähnchen leider nicht. Die zwei jungen Männer trafen wir am Kofferband, sie hatten ihren Koffer ziemlich schnell. Wir wünschten uns gegenseitig einen schönen Urlaub und sie entschwanden. Mit dem Mein-Schiff-Shuttle-Bus fuhren wir zum Hafen.


Als Suitenpassagiere hatten wir einen Extra-Checkin und waren schnell an Bord. Als erstes begutachteten wir unsere Juniorsuite auf Deck 12. Auf diesem alten Schiff, Baujahr 1997, war die Kabine nicht so gross wie auf den neueren Schiffen. Auf unserer Koje lagen Grüsse der Schiffsleitung sowie eine Überraschung von Freunden, die uns ein Bordguthaben anlässlich unserer 25-Jahr-Feier in der Vorwoche zugedacht hatten. Das Bad war extrem klein, aber wir hatten zwei Duschen in der Duschkabine. Es gab eine riesige Terrasse von ca. 18 qm, ausgestattet mit 2 Liegen, 2 Stühlen mit verstellbarer Lehne, 1 Tisch, 1 Hocker und 1 Hängematte. Gemäss der Tradition begaben wir uns nach der Besichtigung der Suite zur Aussenalsterbar und tranken den Cocktail Swimmingpool, und noch einen.

Wir wechselten dann in die X-Lounge, ein Raum, der den Suitengästen vorbehalten ist. Dort erfreuten wir uns an kleinen Speisen und Champagner. Der Glasnudelsalat war etwas schwierig zu essen. Blinis mit Kaviar liessen sich entspannter geniessen.

Bevor wir uns zur Ruhe begaben, machen wir noch einen kleinen Spaziergang auf dem Schiff und schauten auf das abendliche Santa Cruz. Um 23 Uhr legte die „Mein Schiff Herz“ ab. Aber da lagen wir schon in der Koje und schliefen. Vor uns lagen nun zwei Seetage.

11. November 2022 – 1. Seetag

Wir frühstückten in der X-Lounge. Freundliche Stewards servierten uns heisse Schokolade, frisch gepressten Orangensaft und Champagner. Wir suchten uns am Buffet unsere Speisen zusammen, für mich ist der erste Gang immer Räucherlachs und Rührei. Danach nehme ich immer etwas „handfestes“, z.B. Brötchen mit Käse und/oder Aufschnitt. Traditionell ist ein Stück Plundergebäck der Abschluss meines Frühstücks.


Der Atlantik präsentierte sich passagierfreundlich mit ruhiger See und leicht bewölktem Himmel. Ich stellte fest, dass ein blauer Himmel ohne Wolken, wie wir es auf der letzten Reise erlebt hatten, eher langweilig ist. Wir erkundeten die Aussenbereiche des Schiffes. Auf dem Schwesterschiff, der alten „Mein Schiff 1“ hatten wir ja vier tolle Reisen gemacht. Beide Schiffe unterscheiden sich aber ein wenig. Wir machten hier und da ein paar Fotoaufnahmen. Fasziniert bin ich immer von den Farben des Wassers durch die Bugwelle: Das dunkle Blau = die Farbe des Rumpfes, das Weiss = die Farbe der Aufbauten, und in dem Weiss ein verwirbeltes Hellblau = die Beschriftung auf dem Rumpf der Schiffe. Ich bin überzeugt, dass nur wenige Passagiere die das erkennen. Sie gucken zwar ins Wasser, aber die Farben, die man dort sehen kann muss man eben auch mit den Farben der Schiffe der Mein-Schiff-Flotte in Verbindung bringen.

Die Sonnendecks füllten sich recht schnell mit sonnenhungrigen Gästen. Da es auf unserer Terrasse schattig und frisch war, zogen wir uns in die X-Lounge zurück und lasen während das aufmerksame Personal Champagner anreichte. Das hört sich sehr dekadent an, nun ja. Wenn’s schmeckt – warum nicht?! Da der normale Wind von vorn und der Fahrtwind des Schiffes sich addieren, ist es recht frisch auf dem Schiff. Und unsere Terrasse lag die meiste Zeit im Schatten, also blieb uns nichts anderes übrig, als in der X-Lounge zu lesen und sich an den kleinen Snacks zu bedienen, die dort angeboten werden.


Die X-Lounge selbst verfügt über keine sanitären Einrichtungen. Ist ein menschliches Bedürfnis spürbar, findet man diese im Treppenhausbereich auf dem selben Deck. Auf dem Weg dorthin hat man einen Blick auf das Sonnendeck. Ich stutzte als ich dort einen Wuschelkopf entdeckte. Nachdem ich erledigt hatte, was ich tun wollte, schaute ich nach, ob das wirklich einer der zwei jungen Männer ist, die wir bereits kennengelernt hatten. Und so war es. Die beiden lagen dort in der Sonne. Ach – ihr seid auch an Bord?! Das ist ja schön. Was macht ihr heute noch so? Smalltalk eben. Aber sehr sehr nett und locker drauf.

Was ich an Reisen auf dem Meer so liebe ist die weite Sicht. Während man selbst mit dem Schiff im Sonnenschein fährt, sieht man weiter weg eine Regenfront. Ich kann ja stundenlang reglos irgendwo sitzen und auf das Meer schauen.

Abends trafen wir zufällig „die Jungs“ vor dem Fischrestaurant Gosch. Wir beschlossen, uns einen Vierertisch zuweisen zu lassen. Man geht da nämlich nicht einfach so rein und sucht sich einen Platz. Nein, man wartet vor dem Zugang bis man einen Tisch zugewiesen bekommt. Der Wein wurde grosszügig nachgeschenkt. Als das Geschirr abgeräumt wurde, schob ich der aufmerksamen Dame einen für solche Zwecke gesammelten 5-Euroschein zu.


Zu viert tauschten wir uns über persönliche Dinge aus: Mein Haus, mein Pferd, meine Yacht – man kennt das. Nein, es war ganz natürlich und locker mit Ricardo und Jean Pierre aus der Nähe von Stade. Und dann kam das Schnapsi-Taxi, der Getränkewagen mit den Digestifs. Der „Taxidriver“ machte richtig Stimmung und sang mit toller Stimme „Bohemian Rhapsodie“, im Original heisst es im Refrain Mamma. Und was sang der Kerl?: Grappa! Es war köstlich. Und klar, dass wir einen Grappa nahmen. Als Zugabe gab es „Total Eclipse of the Heart“ („Totale Finsternis“ im Musical Tanz der Vampire). Die erste Strophe sang er direkt an unserem Tisch und schmalzte uns vier an. Wow, was für ein Abend. Klar, er bekam auch 5 Euro zugeschoben.

Seeluft macht bekanntlich müde. Deshalb gingen die alten Männer brav schlafen. Die Jungs wollten noch in die Abtanzbar.

12. November 2022 – 2. Seetag

Der Tag begann mit der täglichen Morgenroutine, d.h. Frühstück mit Lachs und Rührei, heute mal ohne „Traubensaft“. Man will ja nicht zum Gewohnheitstrinker werden. Am Nebentisch nahmen wieder Andrea und Olaf platz, Frühaufsteher so wie wir. Wir kamen gestern schon beim Frühstück ins Gespräch.

Der Tag verlief ohne besondere Vorkommnisse. Um 10 Uhr wurde von der Brücke die Morgenansprache von Kapitän Panagiotis Varotsos, genannt Panos, übertragen. Er informierte uns über die zurückgelegte Strecke und darüber, wieviel Seemeilen bis zum nächsten Hafen noch vor uns liegen. Die aktuelle Geschwindigkeit wurde erwähnt, in Knoten und in km/h. Kpt. Panos gab einen kurzen Wetterbericht mit Temperatur, Windstärke und Wellenhöhe, heute ca. 3 – 3,5 Meter. Wie unschwer aus dem Namen des Kapitäns zu erkennen ist, ist Kapitän Panos Grieche. Seine Ansprachen machte er auf Deutsch, waren aber nicht immer gut zu verstehen. Viele Passagiere interessierte es nicht, was der Kapitän zu erzählen hatte. Sie sabbelten weiter um uns herum und wir konnten nur noch bruchstückhaft erahnen, welche Informationen der Kapitän seinen Gästen gab.

Das Housekeeping hatte uns ein Monster auf die Koje gelegt. Wir ruhten auf unserer Terrasse und liessen es uns in der X-Lounge gutgehen. Wir nahmen einen Drink in der Aussenalsterbar. Mangels einer Zutat zum White Russian entschied ich mich für einen Negroni, von dem ich schon einiges gelesen hatte, soll ja ein In-Drink sein. Na ja, muss ich nicht nochmal haben. Wir nahmen eine Auszeit auf unserer Terrasse. Es ist zu erkennen, dass es nicht wirklich warm war heute.


Was ich auf See so liebe ist, dass man so weit schauen kann, natürlich bis zum Horizont. Da hinten geht ein Regenschauer nieder oder man sieht, dass das Schiff demnächst selbst in einen Regenschauer eintauchen wird.

Die See wurde im Lauf des Tages etwas wilder (siehe Foto oben). Das waren wohl die Vorboten zum dem, was der Kapitän uns heute Abend erzählen würde.

Die tägliche Abendansprache des Kapitäns hörte sich dramatisch an was das zu erwartende Wetter in der kommenden Nacht betraf: Von einer Wellenhöhe von 5 – 5,5 Meter war die Rede. Wir sollten auf die Sicherheit achten, d.h. uns besonders auf den Treppen an den Handläufen festhalten. Es könnte sehr unruhig werden. Er würde versuchen, dass wir schön nachts im nächsten Hafen, Praia da Vitória auf der Insel Terceira, ankommen würden um uns Unanehmlichkeiten zu ersparen. All das haben wir uns mehr oder weniger selbst zusammenreimen müssen da niemand zuhörte und laute Gespräche führte.

Ganz so schlimm wie man erahnen konnte, kam es dann doch nicht. Wenn ein Schiff in der Längsrichtung schaukelt, ist das sowieso nicht so unangenehm als wenn die Wellen von der Seite kommen. Ich wurde irgendwann in der Nacht wach und sah durch unsere Terrassentür Hafenbeleuchtung, das Schiff lag ruhig, wir waren also in Praia da Vitória angekommen. Ich machte die Augen wieder zu, drehte mich auf die andere Seite und schlief weiter.

Teil 2>

8 Gedanken zu „Zu den Azoren mit „Mein Schiff Herz“ – 1. Teil

  1. Hanna

    Mit großem Interesse habe ich deinen Bericht gelesen!
    So eine Reise würde ich auch gerne machen,aber…..
    mir fehlt eine gleichgesinnte Person,die so eine Reise mit mir unternehmen! Leider!

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