Heute vor 5 Monaten verstarb meine Mutter im gesgegneten Alter von 96 Jahren. An ihrem Geburtstag einfach eingeschlafen, so, wie sie es sich gewünscht hatte, so, wie wir ihr das gewünscht haben, so, wie wir uns das alle wünschen. Ein glücklicher Tod.
4 Jahre wohnte Mutter in einem Seniorenwohnheim in Lübeck. Sie hat sich dort sehr wohlgefühlt. Bis zuletzt hat sie am Leben teilgenommen, sich für ihre Mitmenschen interessiert, für das Wetter, für das, was in Lübeck und der Welt passierte.
Jede Woche bin ich nach Lübeck gefahren und habe Mutter im Heim besucht, ca. 90 Minuten hin, ca. 90 Minuten zurück und ca. 90 Minuten bin ich bei ihr geblieben. Manchmal waren das sehr zähe Besuche. Was soll man sich erzählen? Sie erlebte nichts im Heim, ich hatte auch wenig Neuigkeiten. Wir sprachen über das Wetter, über das Essen im Heim, was natürlich nicht so perfekt war. Meist war das Fleisch zu hart. Sie erzählte mir von ihren Mitbewohnern, z.B. dass der mit dem einen Bein immer mit den Fingern in der Aufschnittplatte grabbelte. Langsam kannte ich alle Geschichten. Aber ich habe das alles hingenommen und sie nicht darauf hingewiesen, dass sie das schon mal erzählt hatte.
Und was hatte ich zu berichten? Wenig. Und doch gab es ab und zu kleine Begebenheiten aus unserem Leben, aus unserer Nachbarschaft. Oft sagte ich zu mir: Das kannst du Mutter erzählen.
Und so ist das heute immer noch: Das kannst du erzählen! Und im gleichen Moment fällt mir ein, dass das nicht mehr geht. Mutter gibt es nicht mehr.
Im Laufe der Jahre wurde dieser Gedanke bei mir immer weniger. Ersetzt wurde er bei diversen Gelegenheiten (Geburt meiner Enkel, Einschulungen, Diplome, erstes Buch und ab und an Weltgeschehen) durch: Ach, was würdest du wohl dazu sagen? Ganz aufhören wird das wohl nie. Gerade jetzt könntest du sicher viel durch die Katzendamen erzählen.
Liebe Grüße schickt Elvira
Ich gehe auch davon aus, dass dieser Gedanke nachlassen wird.
Sie hat noch erfahren, dass wir 2 Katzen bekommen werden. Und ja, ich könnte viel erzählen und Fotos zeigen.
ach ja, das geht mir manchmalnoch nach jetzt genau 10 Jahren noch so. Wir hatten fast schon ein Ritual : täglich um 17:00h telefonieren…
heute schau ich noch manchmal auf die Uhr und denke: oh, 17:00h, Mutti anrufen – DAS könntest du ihr jetzt erzählen !
Ja, es wird weniger – aber ich finde es auch schön, das etwas bleibt…
Liebe Grüsse ♥
Täglich? Ui, ich wüsste gar nicht, was ich sagen sollte. Und dann müsste ich auch noch alles 3 x wiederholen weil sie nicht gut hören konnte.
Aber ja, es gibt ab und zu Erinnerungen an meine Großeltern, Onkel und Tanten und natürlich an meine Eltern, die durch kleine alltägliche Begebenheiten ausgelöst werden. Und das ist mehr wert als Friedhofsbesuche, die ja gerade im nächsten Monat wieder zu absolvieren wären. Aber nicht mit mir!
Das ist schön, dass du so lieb an deine Mutter denkst und sie ganz bestimmt vermisst!
Deine Schilderung kommt mir sehr bekannt vor,beinahe täglich habe ich meine sehr demente Mutter besucht! Habe mit ihr zu Abend gegessen und war meistens dabei wenn die Schwestern sie danach ins Bett gebracht haben. Bis zum einschlafen habe ich ihre Hand gehalten, ich vermisse sie immer noch, 2014 ist sie verstorben.
Vermissen – das hört sich so intensiv an. So ist es aber nicht. Aber ich wüsste auch keine andere Beschreibung dieses Zustandes.