9. August 2919 – 2. Seetag und Geburtstag
Seetage sind reine Entspannungstage, es sei denn, man findet es langweilig, dass rundherum nur Wasser ist. Das Adriatische Meer ist allerdings wie ein großes Binnenmeer. An einer Seite sieht man fast immer Land, auch wenn das oftmals im Dunst nur zu erahnen ist. An diesem Tag geht es parralel zur Küste nach Slowenien, zur Hafenstadt Koper.
An diesem Tag begeht mein Schatz das 3. Mal seinen Geburtstag auf einem Kreuzfahrtschiff. Geschenke gab es auch, wenn auch nur in ausgedruckter Form. Eintrittskarten für ein Konzert mit Cher im Original mit auf die Reise zu nehmen, war mir zu risikoreich. Wenn die aus irgendeinem Grund verlorengehen, war’s das mit dem Geschenk.
Viele Schiffe sind in der Adria unterwegs. Meistens sieht man sie nur in weiter Entfernung. Mit der App Marinetraffic waren wir stets in der Lage herauszufinden, um welches Schiff es sich handelt, woher es kam und welches der Zielhafen ist. Als Suitengast hat man für das Internet einen VIP-Tarif, nämlich ständig eine Internetverbindung all inclusive. Neu ist, dass die Verbindung nicht nach einer Stunde unterbrochen wird und man sich wieder neu einloggen muss.
Mein Gatte machte an seinem Ehrentag mal den Waschbären. Der alte Mann hatte nämlich eine seiner kurzen Bordhosen bekleckert. Das Doppelwaschbecken im Bad war für die Reinigungsaktion gut geeignet. Die Hose trocknete dann auf dem Balkon, aber nicht auf der Leine. Sie lag auf einem der Stühle in der Sonne zum Trocknen.
Dem Anlass angemessen speisten wir am Abend in der X-Lounge. Ich hatte dem Concierge einen kleinen Hinweis gegeben damit der Tisch hübsch eingedeckt wird. Während des Essens drehte und faltete der Steward einen Schwan. Es ist erstaunlich, was die alles so machen können.
In der ruhigen X-Lounge bekommt man so allerlei mit. Eine Passagierin beschwerte sich beim Concierge über irgendwelche Missstände, die angeblich nicht behoben worden seien. Als sich das Paar zu Tisch begab, der für 3 Personen eingedeckt war, erwähnte der Gatte der Beschwerdeführerin: „Unser Sohn hat es vorgezogen, woanders zu speisen.“ Wir haben die 3 am nächsten Tag mal zusammengesehen. Also der Sohn war im Alter von ca. 16 Jahren. Der hat vermutlich eher Lust auf Tapas, Burger, Döner, Pommes etc. Und bei den Eltern würde ich es auch vorziehen, nicht mit ihnen speisen zu müssen. Die Dame ließ nämlich die ausgewählten Speisen zurückgehen und mäkelte ständig herum. Junge, das war die richtige Entscheidung.
Der Geburtstag endete am Abend im Bordtheater. Dort wurde eine Musicalshow geboten. Wer uns kennt weiß, dass wir Musicalfans sind und uns sowas nicht aus der Nase gehen lassen.
Es gab jeweils kurze Ausschnitte, u.a. aus Les Miserables, Chicago, Phantom der Oper, Cats und The Rocky Horror Show. Wir waren überrascht über die Professionalität der Darsteller, sei es gesanglich oder tänzerisch. OK, ein schiefer Ton kommt auch mal aus der Kehle eines Darstellers eines reinen Musicaltheaters. Passiert halt mal. Die Inszenierung war sehr hochwertig, das Showprogramm hat sich positiv weiterentwickelt.
Zum Abschluss der Show gab es einen Ausschnitt aus dem Musical König der Löwen. Als dem Publikum klar wurde, was da jetzt auf es zukommt, ging ein Raunen durch die Reihen. Scheinbar war die Vorfreude auf den kleinen Ausschnitt groß, was wir überhaupt nicht verstehen konnten. Denn König der Löwen gehört zu den wenigen Musicals, mit denen wir ganz und gar nichts anfangen können.
Uns hat die Show so gut gefallen, dass es uns am Schluss nicht mehr auf den Sitzen hielt und 2 von wenigen Zuschauern waren, die den Darstellen mit Standing Ovations applaudierten. Ein sehr schöner und gelungener Abschluss des Geburtstages.
10. August 2019 – Koper
Koper ist die einzige Hafenstadt Sloweniens. Der Liegeplatz unseres Schiffes befand sich fast innerhalb der Altstadt, jedenfalls am Kai direkt davor. Vom Schiff konnten wir schon weit in die Stadt hineinschauen. Nach wenigen Schritten befanden wir uns in den noch menschenleeren Gassen. Wir hatten kein bestimmtes Ziel, wir ließen uns einfach durch die Gassen treiben.
Überall in den südeuropäischen Ländern ist es ja üblich, die Wäsche unterhalb der Fenster bzw. quer über der Straße an den Leinen zu trocknen. Ich hatte die Idee, das auch bei uns zu Hause einzuführen. Die Fassade über 3 Fenster vom Schlafzimmer zum Arbeitszimmer ist dafür breit genug. Na, das Aufsehen, dass das erregen würde, wäre interessant. Meiner Hautfarbe nach könnte ich ja Vorfahren aus solchen Gegenden haben.
Ich hatte ja den Wunsch, irgendwo auf unserer Reise ein Meerwasserbad zu nehmen. In Koper, waren morgens Einheimische mit Badeutensilien unterwegs. Sollte hier in der Nähe die Möglichkeit bestehen, ins salzige Nass zu tauchen? Wir verließen die Altstadt und folgten unauffällig denen, die offensichtlich dem Meer zustrebten. Wir gelangten an eine Straße entlang des Meeres und kamen an eine schöne Promenade, an der gerade ein Ausflugsschiff anlegte. Wenige Meter weiter war dann eine Art Freibad im Meer, wasserseitig klein eingegrenzt. Das Areal selbst war schon ziemlich überfüllt, es war Sonntag. Obwohl dieser Platz ganz nah am Schiff war, gelüstete es mich nicht, mich hier in die Fluten zu stürzen. Stattdessen fröhnte ich meines Ticks: Überall wo ich kann, muss ich eine Hand ins Wasser stecken.
Am Abend gab es Pizza und Pasta in unserem Stammlokal an Bord, in der Osteria. Inzwischen hatten wir den Stewards schon mal 5 Euro zugesteckt. Was wir trinken, war schon bekannt, es wurde nur noch nachgefragt, ob wir wirklich Rosé trinken wollen. Unser Lieblingssteward, Fajari Muhammad aus Bali, stellte uns an diesem Abend ein Arrangemant mit 2 Herzen aus zusammengedrehten Servietten auf den Tisch, „Für Stammgäste!“.
Dann nahm er sich mehrere Papierservietten und bastelte daraus eine weiße Rose. Wir haben die tatsächlich heil nach Hause bekommen.
Wir beendeten den Abend in der Außenalster-Bar mit Rosé St. Jaques. Die Holzklasse trägt übrigens Strohut und trinkt Aperol Spritz (ich weiß, wir sind böse und haben eine spitze Zunge). Auch an dieser Bar hatten wir hier und da schon mal 5 Euro verteilt. Man wusste genau, was wir am liebsten trinken.
Es gab wieder mal einen wunderschönen Sonnenuntergang. Langsam senkte sich die Dunkelheit über den Hafen von Koper, den wir erst um 23 Uhr verließen. Und die Weiße Rose aus Bali war immer dabei.
11. August 2019 – Triest
Ich freute mich auf diese Stadt weil ich ganz dunkel in Erinnerung hatte, dass mein ehemaliger Arbeitgeber und eine ihm zurseite stehende Schifffahrtsfirma eine geschichtliche Verbindung hierher hatten. Ich habe das jetzt nachgelesen und wurde bestätigt. Das jetzt weiter auszuführen, wäre zuviel des Guten.
Es sind nur 2 Stunden Fahrzeit von Koper nach Triest. Um 1 Uhr nachts trafen wir bereits in dieser tollen Stadt ein. Wir waren gar nicht erst in die Koje gegangen und beobachteten das Anlegemanöver fast mitten in der Stadt. Der Hafen und die ihn umgebenden Gebäude waren beleuchtet und tauchten alle Gebäude in ein gelbliches Licht. Und es war warm, 26 Grad um 01:16 Uhr. Die Bilder machten Vorfreude auf den kommenden Morgen.
Um 9 Uhr schon wieder unterwegs. Für einen Teil der Passagiere war hier die Reise zu Ende. Die ersten Gäste mussten schon ganz früh das Schiff verlassen, deshalb machte es auch schon in der ersten Stunde das neuen Tages in Triest fest.
Unser erster Weg führte zur Mole Audace von wo man direkt auf die wundervollen Fassaden der Stadt schaut. Von dort aus erkundeten wir die schöne Stadt, beginnend im Salon von Triest, dem Piazza Unità d’Italia. Gleich vorn rechts steht das ehemalige Bürogebäude der Reederei Lloyd Triestino, die im weitesten Sinn mit meinem ehemaligen Arbeitgeber zu tun hatte. Damals musste sehr viel Geld mit der Schifffahrt verdient werden, so wie allein diese Fassade gestaltet ist. Brunnen plätschern an der Fassade, der Frontgiebel ist reich verziert und Figuren stehen. Heute beherbergt das Gebäude den Sitz der regionalen Regierung.
Wir schlenderten durch die Straßen und Gassen und über die Plätze von Triest. Es ist überall eine Fülle von gut erhaltenen schönen Fassaden. Man könnte hunderte Fotos machen und noch viele Detailaufnahmen.
Dann machten wir den Aufstieg zur Kathedrale von Triest. Trotz des frühen Vormittags war das in der Sonne nicht gerade einfach. Aber die Anstrengung hat sich gelohnt. Vom Hügel hat man einen Blick über die Anlegestelle, an der unser Schiff liegt und natürlich weiter hinaus auf das Meer. In der Kirche selbst sind wir nicht gewesen, ich habe Skrupel, Kirchen in kurzen Hosen zu betreten.
Der Abstieg war dann viel angenehmer als der Aufstieg, logisch. Unten in der Stadt lustwandelten wir noch ein wenig umher bevor wir wieder an Bord gingen. Am Terminal kamen uns immer noch Passagiere entgegen, die die Heimreise antraten. Viele von ihnen waren nur eine Woche an Bord, einige auch 2 Wochen. Für uns war nun Halbzeit. Die 2. Hälfte unserer Reise begann heute Abend um 22 Uhr und sollte in einer Woche hier in Triest für uns
enden.
Triest ist eine beeindruckende Stadt. Ich kann nicht viel darüber schreiben, man muss es gesehen haben und das Flair dieser Stadt spüren und genießen.
Zurück an Bord konnte ich mich nicht sattsehen und schaute immer wieder hinunter auf die geschichtsträchtige Stadt. Mein Mann betätigte sich sportlich, was er gar nicht nötig hat wenn man so sieht, wie sich andere Menschen in die Bar wagen. Und ich? Ich sprach der Brüllcreme zu.
Um 22 Uhr legte die Mein Schiff 6 in Triest ab, nicht ohne vorher wieder einen Sonnenuntergang beobachtet zu haben.
12. August 2019 – 3. Seetag
Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich Seetage liebe? Ich kann davon nicht genug bekommen, am liebsten mehrere am Stück. Heute „düsten“ wir mit 6,2 Knoten in Richtung Korfu durch die Adria. In seiner Morgenansprache meinte der Kapitän, dass es sein könnte, dass uns ein Segelschiff überholen würde.
Seetage -neudeutsch- entschleunigen ganz ungemein: Aufstehen, frühstücken, ein Spaziergang über Deck gehört auf jeden Fall dazu, essen, trinken, gucken wie die anderen gucken, chillen, relaxen, sich zurücklehnen. An solchen Tagen bummeln wir einfach umher, hier und da und dort.
Wer seine Action braucht, hat genug Möglichkeiten an Bord, diese auszuleben: Sport, Sauna, Strudelziehen, Tücher binden, Fleisch- und Ginverkostung, Malkurse, der Lektor hat was zu sagen über die nächsten Reiseziele. Langweilen muss sich keiner an Bord.
Wir ziehen es vor, sich dem ersten Absatz dieses Artikels anzuschließen, natürlich im Schatten, entweder auf dem Balkon, auf dem Deck der X-Louge oder unter dem Sonnensegel der Außenalster-Bar. Das Leben ist schön, lass es uns genießen.
In der X-Lounge spielt Loungemusik. Man sitzt da bei einem Glas Champagner oder einem Cappuccino und einem Glas Cardenal Mendoza dazu und sieht, wie das Schiff seine Bahn über das Meer zieht. Wer etwas Appetit hat, bedient sich am Buffet und versorgt sich mit Kaviar und Blinis, kleinen Snacks und mit süßem Kuchen, hübsch dekoriert. Das Leben ist schön! Und dessen sind wir uns jeden einzelnen Tag an Bord – wie zu Hause – bewusst. Nichts ist für uns selbstverständlich.
Zu den Previligien der Suitenpassagiere gehört ein separates Sonnendeck mit einem Whirlpool. Diese Möglichkeit nahm ich heute mal wahr. Könnt ihr sehen, wie braun ich schon geworden bin, trotz Aufenthalts im Schatten? Da blitzt es doch über dem Bund der Badehose am Rücken ziemlich hell. Ich bin nicht stolz darauf, ich habe durch gute Gene eine ziemlich unempfindliche Haut und muss mich nicht besonders vorsehen. Trotzdem habe ich bei den Landgängen immer ein Cap getragen.
Für die in Triest zugestiegenen Passagiere war dies der erste Seetag, der Tag, an dem für die Suitengäste der Kapitänsempfang stattfindet. Auch wir hatten eine Einladung zu diesem, für uns 2. Empfang. Wir hatten die Gelegenheit, uns etwas länger mit Hans, dem ehemaligen Kreuzfahrtdirektor, heute Kreuzfahrtmanager, zu unterhalten, wie auch mit Kapitän Simon Böttger. Ich konnte Fragen stellen, z.B. was ein Staffkapitän ist, in diesem Fall eine Kapitänin! Ich erfuhr, dass es mehrere 1. Offiziere gibt, aufgeteilt in diverse Sachgebiete, z.B. Sicherheit, Navigation usw. Diese Empfänge sind wirklich informativ und sehr nett.
Das Buffet wird nach einer kleinen Ansprache des Kapitäns eröffnet. Und klar, es gibt immer Leute, die schon vorher zugreifen und dezent darauf hingewiesen werden müssen, dass es noch nicht so weit ist. Beim ersten Abend eine Woche zuvor konnte ich beobachten, wie ein Gast darauf gierte, was der Koch da gerade auf dem Buffet drapierte. Am liebsten hätte er die Kleinigkeiten dem Koch vom Tablett geschnappt. Solche Leute gehören in die Holzklasse, Deck 3 Innenkabine. Ich weiß, ich bin eine böse alte Frau.
13. August 2019 – Korfu
Aus dem Tagesprogramm: „Heute strahlt tagsüber die Sonne und die Temperaturen liegen bei bis zu 34 Grad C. Dazu weht eine leichte Brise aus nordwestlicher Richtung.“ 34 Grad, im Schatten wohlgemerkt. Gleich nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg, Korfu Stadt zu entdecken, zu Fuß, obwohl ein Shuttle angeboten wurde.
Gut, der Shuttle fährt nicht da, wo wir gegangen sind. Die Shuttleleute haben also nicht die Ecken gesehen, an denen wir vorbeigekommen sind. Wir hätten aber doch lieber den Shuttle nehmen sollen. Denn bei mir war irgendwann die Luft raus und ich machte mich linksrum auf den Rückweg zum Schiff während Bernd rechtsrum die Stadt erkundete. Von einer leichten Brise war nichts zu spüren.
Hübsch war es da wo Bernd gewesen ist, wie mir die Fotos verraten. Hätten wir man den Shuttle genommen …
In Korfu war heute große Schiffsansammlung. Wir waren mit Mein Schiff 6 als erste da. Danach kam ein Costa-Schiff, welches hinter uns festmachte. Neben uns, auf der anderen Seite der Mole, wrude ein Schiff von NCL vertäut. Später kam noch ein Schiff der Kussmundflotte. Es muss ziemlich voll gewesen sein in Korfu Stadt. Ich habe davon nicht viel mitbekommen. Ich genoss die Leere an Bord, schaute mal zu den Nachbarn rüber und spielte in der X-Lounge mit dem Milchschaum. Der Schaum, den die Kaffeemaschine fabriziert, ist fantastisch. Da steht ein mir unbekanntes Fabrikat aus der Schweiz. Sollte man mal nach suchen wenn Bedarf an einem neuen Vollautomaten ist.
Vielleicht ist es langweilig, aber es gab wieder einen Sonnenuntergang an diesem Abend. Für mich sind Sonnenuntergänge nie langweilig. Und ein paar andere Gäste waren auch fasziniert.