Ich bin etwas ratlos, was ich über den gestrigen Abend schreiben soll, genauso ratlos, wie mein Mann und ich uns am Ende der Veranstaltung anschauten. Nämlich das, was da gestern abend in Tel Aviv geboten wurde, riss uns nicht vom Hocker bzw. vom Sofa. Kein Song war dabei, über den wir gesagt hätten: Wow – toll.
Den besten Auftritt lieferte die transsexuelle Dana International als Pausenfüller in der Abstimmphase. Dana Inernational hatte für Israel 1998 die ESC-Krone in Birmingham mit dem Song „Diva“ gewonnen. Assi Azar aus dem Moderatorenquartett gestand, dass das seinerzeit für ihn der Anlass war, sich als homosexuell zu outen.
Tja, was schreib ich jetzt, wo fang ich an? Ich nehme mal Australien, ein Land, welches sich wohl eher durch eine spektakuläre Bühnenshow als durch die musikalische Darbietung ins Finale retten konnte. Kate Miller-Heidke, die Frontsängerin, ist ausgebildete Opernsängerin und hat bereits in der New Yorker Met auf der Bühne gestanden. Als sie mit ihren beiden Backroundsängerinnen ins Scheinwerferlicht geholt wurde, war mein erster Gedanke: Die Königin der Nacht aus der Zauberflöte. Tatsächlich enhielt der Beitrag ein paar angedeute Koloraturen. Die 3 Frauen schwankten auf langen Stangen auf der Bühne, man hatte Angst, dass es zu einer Kollision kommen könnte.
San Marino bot einen alternden Türken auf, der Mühe hatte, die Töne zu halten. Bisweilen klang es ziemlich schräg, was er ins Mikro sang. Warum ausgerechnet dieses Lied ins Finale kam, hinterließ bei uns ein großes Fragezeichen. Ein Fragezeichen stand uns auch ins Gesicht geschrieben als wir hören mussten, dass wir Zala & Gašper aus Slowenien im Finale erneut sehen und hören müssen. Langweilig und farblos, nicht nur das Lied – auch die beiden Darsteller.
Zypern hat es auch ins Finale geschafft. Die Sängerin ist mit ihrem Outfit ein Madonnaverschnitt namens Tamta: Lange Beine bis auf die Erde, untenrum kurz befranst und obenrum in durchsichtiges Plastik gesteckt. Trotzdem war es am Ende das Lied „Replay“, welches uns am besten gefallen hat. Vielleicht will Tamta mit ihrem knappen Outfit ihren Lover zu einer zweiten Runde animieren, deshalb der Titel „Replay“? Man weiß es nicht.
Bemerkenswert ist noch der Finalist Island. Was die kühlen Nordmänner gezeigt haben, fällt optisch und musikalisch total aus dem Rahmen. Es soll sich um eine politische Botschaft handeln, ich zitiere: „Hass wird siegen („Hatrið mun sigra“) – hinter dem radikalen Leitspruch der Band Hatari und damit auch dem Titel ihres Songs verbirgt sich eine ebenso starke politische Motivation.“ Zu verstehen war davon nichts.
Fünf der zehn ausgwählten Finalisten habe ich jetzt erwähnt. Die anderen fünf, na ja, das Übliche halt: In ein Ohr rein, zum anderen wieder raus, nicht, dass da noch was bemerkenswertes dabei gewesen ist, außer vielleicht ein paar hübsche Männer, abhängig vom persönlichen Geschmack.
Der Kelch von Polen und Portugal ist glücklicherweise an uns vorbeigegangen.
Morgen Abend findet das zweite Semi statt und am Samstagabend ist dann das große Finale. Es gibt Gerüchte, dass Madonna in der Abstimmphase auftreten wird. Wir sind gespannt.