Warten auf die Diva

Gestern Abend wurde das neueste Schiff der Aida-Flotte im Hamburger Hafen getauft. Angekündigt wurde die Taufe als ein gigantisches Spektakel mit Feuerwerk, Lasershow und einer eigens für dieses Event komponierten Musik. In der Tagespresse wurden Fotomontagen und Einzelheiten veröffentlicht, die grosses erahnen liessen. Unter anderem war die Rede davon, dass 1.000 Feuerwerksraketen auf einer Länge von 750 m 600 m hoch in den Himmel geschossen werden, wofür 49 Tonnen Sprengstoff nötig seien. Über dem Hafen würde ein Teppich von grünen Laserstrahlen liegen. Ein Ereignis also, dem es sich lohnt beizuwohnen – dachten wir.

Bernd holte mich vom Büro ab um nach einem kleinen Imbiss im „Restaurant zum Goldenen M“ zum Hafen zu fahren. Angekündigte 500.000 Besucher machen ein frühzeitiges Erscheinen notwendig um einen guten Platz zu ergattern, von dem aus das Spektakel gut zu überblicken ist.

Gegen 19.00 Uhr (um 21.00 Uhr sollte es losgehen) trafen wir an den Landunsbrücken ein. Plätze in der ersten Reihe waren nicht mehr vorhanden. Wir fanden einen Platz „auf Lücke“ in der Nähe der SS „Rickmer Rickmers“, mit dem wir zufrieden sein konnten.

Plötzlich hatte Bernd die Idee, ob man nicht auch an Bord der Rickmer Rickmers gehen könnte um von dort aus das Lichtspektakel zu beobachten. Bernd verteidigte unseren ergatterten Platz und ich machte mich auf den Weg zum Museumschiff. An Deck war noch reichlich Platz. Ich ging an Bord um mich kundig zu machen. Ich hörte, dass das Schiff bis zum Ende des Spektakels geöffnet bleibt und das man an Bord Snacks und Getränke bekommen könnte. Schnell holte ich Bernd. Nach dem Entrichten von Eur 3.00 Eintritt pro Person suchten wir uns einen Platz an Deck des Schiffes. Schnell wurde uns klar, dass dies ein idealer Platz war. Von hier aus war der Hafen nach zwei Seiten gut zu überblicken, bis hinunter zum Fischmarkt, wo mitten auf der Elbe die Taufe stattfinden sollte.

Die Wartezeit von erwarteten fast zwei Stunden wurde uns verkürzt durch das rege Treben auf dem Fluss. Ein Containerschiffsneubau, der auch an diesem Tag getauft worden war, verliess mit Assistenz von 2 Schleppern ein Hafenbecken. Viele kleine Boote, Barkassen und Ausflugsschiffe wuselten durch den Hafen. Leider war es ziemlich kalt und windig. Ob es auch Glühwein an Bord gibt? Es gab und ich versorgte uns mit zwei Bechern des Heissgetränks.

Der Termin 21.00 Uhr, der Zeitpunkt, an dem die „AIDAdiva“ den Kreuzfahrtterminal in Richtung Fischmarkt verlassen sollte, rückte langsam näher. Inzwischen war eine spannungsvolle Ruhe über dem Hafenabschnitt eingekehrt. Die lichtergeschmückten Ausflugsschiffe hatten sich am Ort der Taufe versammelt. Am anderen Ende des Hafens waren die Schiffe zu erkennen, die den Täufling auf der kurzen Strecke begleiten sollten. Zwischen beiden Punkten gab es keinen Schiffsverkehr mehr.

21.00 Uhr, 21.10 Uhr, 21.15 Uhr – nichts passierte. Eine Diva lässt halt immer auf sich warten. Ich weiss nicht, wie spät es war, als erst der Bug des Schiffes und dann die Aufbauten hinter dem Kaispeicher A sichtbar wurden. Dann tat sich minutenlang wieder gar nichts. Das Schiff lag scheinbar unbeweglich im Strom.

Endlich setzte sich der Neubau langsam in Bewegung. Am gegenüberliegenden Ufer leuchteten bengalische Feuer auf, ein kurzes Feuerwerk folgte. Die AIDAdiva näherte sich unserem Standort. An Deck waren etliche Scheinwerfer und Laser installiert, die ihre Strahlen in den Himmel schossen, untermalt von Musik, die aus einer an Deck des Schiffes befindlichen Musikanalage erschallte.

Langsam zog das Schiff, unter wechslenden Lichteffeken, an uns vorbei. Ab und zu wurden ein paar Feuerwerksraketen in den Himmel geschossen. Die Laser und Scheinwerfer erzeugten verschiedene Bilder, aber einen Teppich über dem Hafen bekamen sie nicht zustande.

Vor dem Fischmarkt wurde das Schiff aufgestoppt. Eine Weile passierte gar nichts, jedenfalls war von unserer Position aus nichts zu erkennen. Ich nahm an, dass dort jetzt die Taufe vollzogen werden würde, zu der natürlich auch ein paar Reden gehören.

Dann gab es plötzlich wieder bengalische Feuer und Feuerwerksraketen an Land sowie Lasershow an Bord. Die AIDAdiva lag fast regungslos im Fahrwasser der Elbe. Neben uns verschwanden die ersten Zaungäste. Auch an Land setzte der Zuscherstrom derer ein, die sich auf den Heimweg machten. Wir blieben noch eine Weile stehen, trotz unser kalten Füsse, in der Hoffnung, dass noch was sehenswertes geschehen würde. Aber nichts tat sich. Als sich der soeben getaufte Neubau elbabwärts in Bewegung setzte, um an einem geeigneten Platz zu drehen, verliessen auch wir unseren Platz um mit der U-Bahn nach Hause zu fahren.

Diesen Einfall hatten noch tausende anderer Zuschauer. In die Station Landunsbrücken war kein Reinkommen. Auch die Idee, in Richtung Station St. Pauli weiterzugehen, erwies sich als nicht praktikabel. Ein Strom von Menschen zog dorthin, um von da mit der U-Bahn nach Hause zu kommen. Uns war kalt und wir hatten keine Lust, eingepfercht und eng an eng, womöglich noch mit betrunkenen Mitfahrern, mit der U-Bahn zu fahren. Eine Alternative war schnell gefunden: Wir wärmten uns bei unserem Freund H. auf, der auf der Reeperbahn eine Apotheke betreibt, die Donnerstag bis Samstag bis Mitternacht geöffnet ist. Nach einer Erholungs- und Aufwärmphase von etwa einer Stunde machten wir uns endgültig auf den Heimweg. Es waren nur noch wenige Fahrgäste unterwegs.

Ach ja – die Lichtshow war nett, aber bei weitem nicht so spektakulär wie man den Vorankündigungen entnehmen konnte. Und das Schiff? Ein Passagierschiff eben. Neu, modern, aber äusserlich nicht besonders beeindruckend.

7 Gedanken zu „Warten auf die Diva

  1. maksi

    Wunderschön dokumentiert. Danke!
    Aber wenn da nicht das gigantische versprochene Feuerwerk stattfand … was haben die uns dann gestern in den Nachrichten gezeigt? Etwa auch Fotomontagen? Nur als Film? Wo ich doch so neidisch war, nicht dabei gewesen zu sein …

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  2. karin

    auch ich war etwas traurig, nicht dabei gewesen zu sein als ich das spektakel im ndr verfolgte ….. andererseits hasse ich grosse menschenmengen und ich hatte einen logenplatz am prasselnden kamin und jetzt deine “exklusiv-reportage” …. so gesehen …

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  3. Kalle

    Hi Hans-Georg,

    ich fand die Ausschnitte im ZDF-Nachtjournal und anderen Nachrichtensendungen am nächsten Tag durchaus beeindruckend, und bedauerte es sehr, nicht einem solchen Feuerwerkspektakel beizuwohnen…

    Lg Kalle

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  4. Anne

    Ich hatte eigentlich auch vor hinzufahren, na ja, hier habe ich auch genug Schiffe :-)) Das Lichtspektakel im Fernseheh sah aber schon toll aus.
    Schön, wenn es euch dennoch gefallen hat

    LG
    Anne

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  5. Holger

    Wir habens auf Hamburg 1 gesehen. Feuerwerk im TV ist nie besonders spannend, aber es hat schon ein paar mal kräftig gedonnert.

    Deine Bilder sind übrigens beeindruckender, als die, die wir im Fernsehen gezeigt bekommen haben. HH1 halt…

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