Wer viele Jahre in der Stadt wohnt, in der er aufgewachsen ist, lernt diese Stadt ganz behutsam irgendwie kennen. Oma und Opa wohnen dort, die anderen Großeltern in einem anderen Stadtteil. Möglicherweise gibt es noch Onkel, Tanten und Cousinen, die wieder woanders wohnen. Man zieht mal um, Kaufhäuser in der City werden aufgesucht – und irgendwann kenn man seine Stadt, zwar nicht jeden Winkel aber im Großen und Ganzen schon.
Mein Mann und ich sind vor ca. 7-1/2 Jahren in eine fremde Stadt gezogen. Der Name der kleinen Stadt an der Elbe war bekannt aber wir waren noch nie hiergewesen bis zum dem Zeitpunkt, an dem wir das Terrain begutachtet haben, in welchem das Elbe-Penthouse entstehen sollte.
Wenn man berufstätig ist, kann man seine Stadt nur an den Wochenenden oder im Urlaub so richtig kennenlernen. Für den wöchentlichen Großeinkauf wird der Wagen genommen. Man fährt nur immer seine regelmäßigen Strecken und man meint, man kennt langsam die Stadt, in der man lebt. Fehlanzeige!
Seit 2 Wochen bin ich ja nun Rentner und habe Zeit und Bewegungsmangel. Und was mach ich dagegen? Ich lass den Wagen stehen und gehe für kleine Einkäufe zu Fuß, auch wenn der Weg etwas länger ist, sozusagen als Ausgleich für meine täglichen Runden um die Binnenalster in der Mittagspause.
Und dann entdeckt man eine Straße und noch eine und noch eine, Straßen, durch die man noch nie gefahren ist. Man nimmt ja immer den „geraden Weg“, da wo alle fahren. Aber so zu Fuß gehe ich dann schon mal einen Umweg, ich lerne meine Stadt kennen.
In einer kleinen Straße, noch mit Kopfsteinpflaster, stehen nette kleine Häuschen, etwas weiter zürück auf einem Hügel auch eine alte Villa, teilweise mit Fachwerk. Ich hätte da gern ein paar Fotos gemacht. Aber das wäre schon sehr auffällig gewesen, in so einer kleinen Straße, in der sonst niemand zu sehen war. Vielleicht wurde ich beobachtet von einem oder mehreren Anwohnern. Man geht nicht durch diese Straße um irgendwo hinzukommen, man geht in diese Straße weil man dort wohnt. Nein, da stelle ich mich nicht hin und mache Fotos. Aber ich werde bei passender Gelegenheit wieder durch diese Straße gehen – weil es dort so nett und schön ist.