Extremsituation

Vielleicht haben es einige von euch in den Medien gesehen oder gelesen: An der Französischen Atlantikküste und an der Küste Nordspaniens, also in der Biscaya, sind erhebliche Schäden durch sehr hohe Wellen entstanden. Vor dem Hafen von Bayonne ist ein Frachtschiff auseinandergebrochen.

Es ist logisch, dass diese hohen Wellen nicht nur an der Küste auftreten sondern auch auf See. Schiffe, die z.B. aus Nordeuropa kommen (England, Holland, Deutschland usw.) und ins Mittelmeer fahren, müssen dieses Gebiet durchfahren, in dem zurzeit vor 14 Meter hohen Wellen gewarnt wird. Einige Schiffe unserer Flotte warten bereits seit ein paar Tagen in geschützten Buchten oder in Häfen auf Wetterbesserung damit sie weiterfahren können. Teils war es die Entscheidung der Kapitäne, teils die Entscheidung der Reederei.

Heute habe ich das erste Mal in meiner über 40-jährigen beruflichen Tätigkeit einem Kapitän gesagt, der uns über die Wetteraussichten in der Biscaya informiert hat, er soll nicht einfach weiterfahren und lieber an einer geschützten Stelle auf besseres Wetter warten, als Besatzung, Schiff und Ladung einer Gefahr auszusetzen.

Kapitäne haben selbst die Freiheit zu entscheiden, ob es notwendig ist, irgendwo auf Wetterbesserung zu warten oder ob es Sinn macht, doch zu versuchen, weiterzufahren. Durch Zeitverlust hat die Reederei natürlich einen finanziellen Schaden. Aber wir werden nie, wirklich nie nie nie, einen Kapitän zwingen, eine Reise fortzusetzen wenn er der Meinung ist, es ist besser, das nicht zu tun. In erster Linie liegt uns das Wohl der Besatzung am Herzen. Und ich möchte nicht in die Situation kommen, im Falle einer Seegerichtsuntersuchung als Zeuge oder gar als Angeklagter aussagen zu müssen.

4 Gedanken zu „Extremsituation

  1. Franka

    Sehr beeindruckend, diese Naturgewalten. Da möchte man wirklich keinem wünschen, sich da in Gefahr zu begeben.
    Herzliche Grüße.

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    1. Hans-Georg

      Bei so einem Wetter möchte ich auch kein Seemann sein wollen. Manchmal wird ein Schiff ja auf hoher See vom Sturm überrascht, da gibt es keine Möglichkeit, in einer Bucht den Anker zu werfen und abzuwarten.

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  2. ossi1967

    Da wird einem schon anders, wenn man sowas sieht. Unsereins nimmt ja das Meer als harmloses Plantschbecken wahr… Im schlimmsten Fall ist es zu kalt oder es gibt Quallen. Von diesen Wellen möcht ich nicht herumgeschleidert werden…

    Und: Man lernt so auch seinen Job zu schätzen. Wenn wir bei uns falsche Entscheidungen treffen, ist maximal Geld weg. Etwas Wichtiges hängt an keiner unserer Entscheidungen, erst recht kein Menschenleben.

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    1. Hans-Georg

      Bei uns im Büro liegt ein Bildband mit Aufnahmen aus der Luft von Schiffen im Wellengang. Wenn du das sehen würdest, hättest du eine Idee von dem, was da draussen manchmal abgeht.

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