Der Lüster fiel!


Eigentlich schreibe ich ja immer ziemlich zeitnah über Dinge, die ich interessant finde bzw. die ich erlebt habe. Eine traurige Nachricht hatte mich aber wirklich aus der Bahn geworfen. Ich war nicht in der Lage, mich mit dem Thema Phantom der Oper eingehend zu beschäftigen. Jetzt, nach ein paar Tagen, habe ich etwas Abstand gewonnen obwohl mich das Thema Peter immer noch ziemlich beschäftigt.

Wie erwähnt, hatte ich Karten für die erste öffentliche Vorstellung bzw. Probe des Musicals Phantom der Oper gewonnen. Mit gespannter Vorfreude auf die Vorstellung nahmen wir unsere Plätze in der Mitte der 2. Reihe in. Direkt vor uns auf der Bühne lag der legendäre Lüster, eingehüllt in eine Plane. Nachdem die Spieluhr mit dem Äffchen in Persischer Tracht, welches die Zimbeln schlägt, vom Vicomte de Chagny ersteigert wurde, wurde vom Versteigerer der berühmte Lüster angepriesen. Die Plane wurde weggezogen, wie gleichzeitig auch der verhüllte Bühnenrahmen der Pariser Oper, und der Lüste entschwebte blinkend und funkelnd über unsere Köpfe hinweg in die Höhe des Zuschauerraumes des Theater Neue Flora. Die eigentliche Handlung des Musicals begann.

Das Bühnenbild war so, wie wir es aus der ersten Inszenierung in Hamburg kennen: Ziemlich opulent, so wie auch die Kostüme. Vermutlich Aus Kostengründen (die Aufführungsreihe soll es nur 10 Monate geben) hat man aber auf ein paar kleine Effekte, die durch Bühnentechnik untersützt werden müssen, verzichtet. Ich erwähnte bereits die Leuchter. Die riesigen Leuchter z.B. kommen also nicht durch den Bühenboden hoch sondern werden von der Seite hereingschoben. Aber im grossen und ganzen ist die Inszenierung stimmig. Mein absolutes Highligt ist die Szene „Maksenball“. Alle Darsteller, die das Theater aufzubieten hat, stehen buntkostümiert auf der Treppe und singen das dazugehörige Lied. Wie bei einigen anderen Bildern auch gab es hier Szenenapplaus aus dem Publikum. Das Bild ist auch wirklich beeindruckend.

Eine Inszenierung lebt aber natürlich nicht nur vom Bühnenbild sondern auch von den Darstellern. Wo soll ich da anfangen?:

Madame Giry, die Ballettmeisterin:
Madame Giry ist das geheimnisvolle Verbindungsglied zwischen dem Phantom und den Inhabern sowie den Darstellern der Oper. Michaela Christl macht in dieser Rolle eine gute Figur und verleiht ihr gleichzeitig die Strenge, die nötig ist, eine Balletcompagnie zu führen.

Carlotta Guidicelli, die Prima Donna an der Pariser Oper:
Rache Anne Moore füllt die Rolle mir ihrer prachtvollen Stimme und der divenhaften zickigkeit vorzüglich aus.

Raoul Vicmte de Chagny, ein Jugendfreund von Christine und Mäzen der Oper:
Nicky Wuchinger spielt diese Rolle, nicht auffallend heraussragend, aber auch nicht unbedingt nichtssagend. Er macht einen guten Job.

Christine Daaé, junge Sängerin an der Pariser Oper:
Wir kennen sie als Glinda in dem Musical Wicked – die Hexen von Oz.
Ihr Spiel hat sich weiterentwickelt und sie füllt diese Rolle emotonial sehr gut aus. Ihre Stimme ist klar und rein, an manchen Stellen wünschte ich mir etwas mehr Luft damit sie die Töne länger halten kann.

Phantom der Oper, die Titelrolle:
Matthias Edenborn kennen wir ebenfals von Wicked, in der Rolle des Fiyero.
Ich kann nicht behaupten, dass er in der Rolle des Phantom glänzt. Sein Spiel ist, besonders im Finale, sehr beeindruckend und ging schon unter die Haut. Aber die Stimme, nein, die ist nicht kräftig genug um alle Nuancen des Phantom ausspielen zu können. Schade, besonders weil er doch spielerisch toll drauf ist. Aber Spiel ist nicht alles.

Bei der ersten Vorstellungsreihe vor vielen Jahren in Hamburg gab es das Gerücht, dass der Leuchter am Ende des 1. Aktes mehrmals nicht wie geplant auf die Bühne knallte sondern irgendwo hängenblieb. In den Genuss dieser Panne kamen wir nicht. Aber in der 2. Reihe hat man nicht viel davon, wie das Teil runterrauscht. Ein Luftzug – und wenige Sekunden später ist der Lüster angekommen. Ein „Bremser“, der hinter dem Vorhang stand, sorgte dafür, dass der Leuchter an der richtigen Stelle abgelegt wurde. Ob der Bremser nun zukünftig bei jeder Vorstellung sichtbar sein wird, bezweifel ich. Wie schon erwähnt handelte es sich bei unserer Vorstellung um eine Probe.

In einer anderen Szene erschien ein Techniker auf der Bühne um eine Falltür, durch die das Phantom in einer Rauchwolke verschwunden war, zu überprüfen. Vermutlich gab es bei den vorangegangen Proben Probleme mit dieser Luke. Es soll ja kein Darsteller unbeabsichtigt in den Keller fallen.

Es gab noch ein paar kleine Pannen, die aber eher zufällig zu entdecken waren und wohl auch nur aus den ersten Reihen, die aber der Aufführung insgesamt nicht schadeten.

Insgesamt war es eine runde Probenaufführung, die Lust auf mehr macht. Standing Ovations am Ende – tja, vermutlich aufgrund des Gesamteindrucks und nicht wegen der Leistung Einzelner. Denn eins ist klar: Das Musical beeindruckt durch ein opulentes Bühnenbild, opulente Kostüme und Musik, die unter die Haut geht.

Für Interessenten, sich eine Vorstellung anzuschauen: In den ersten Reihen kann man zwar das Minenspiel der Darsteller sehr gut beobachten, jedoch für den Gesamteindruck ist es angeraten, etwas weiter zurück zu sitzen. Die Reihen 8 – 10 würde ich als optimal einschätzen.

2 Gedanken zu „Der Lüster fiel!

  1. Gerrit

    Eine schöne, dem Roman von Gaston Leroux absolut treu folgende Umsetzung der Story ist übrigens auch dem Hörspiel-Label Titania-Medien im Rahmen seiner Serie „Gruselkabinett“ mit großartigen Vertonungen aus der goldenen Zeit der Schauerromantik gelungen.

    Neben einer liebevollen detailreichen Umsetzung gibt es auch einige der besten Synchron- und Hörspielschauspieler Deutschlands zu hören: Ursula Heyer (dt. Stimme von Joan Collins), Arianne Borbach (Lauren Holly in „Navy CIS“), Dagmar Altrichter (Angela Lansbury), Detlef Bierstedt (George Clooney) und die Hörspiellegende Dagmar von Kurmin, um nur einige zu nennen.

    Kann ich nur empfehlen!

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