Archiv für den Monat: September 2003

Vorfreude


Gleich geht’s los. Um 09.15 Uhr kommt das Taxi, das uns zum Flughafen bringen wird. Das Wetter in Venedig ist ein wenig wärmer als in Hamburg. Voraussichtlich werden wir auf dem Flug keine Wolken haben. Vielleicht werden wir heute Nachmittag im berühmtesten und teuersten Café Europas, im Café Florian, einen Espresso trinken.

Peinlich

Heute hatte ich Post von Karstadt – eine Mahnung. Ich hab vergessen, den Kühlschrank zu bezahlen. Ich war der Meinung, ich hätte ihn bei der Bestellung mit der Kreditkarte bezahlt. Als ich dann darüber nachdachte viel ein, dass wir Zahlung bei Lieferung vereinbart hatten. Tja, und das hab ich halt nicht gemacht. War ja auch ziemlich heiss im August, da kann man schon mal was vergessen. Aber unangenehm ist es mir doch.

Sonntagskleidung

Mangels eines eigenen fahrbaren Untersatzes mussten wir heute mit der S-Bahn fahren um zum Tag der offen Tür bei Bernds alter Firma zu kommen.

Als wir am Hauptbahnhof in die Bahn stiegen, fielen mir die vielen Schwarzen auf. Die Frauen trugen bunte Kleider, die Herren Anzug, Hemd und Krawatte, die jungen männlichen Nachkommen ebenfalls im Anzug, die Töchter nett zurecht gemacht. Es war eine Freude, die Leute anzusehen. An einer Station stieg eine sehr elegante schwarze Dame ein. Sie trug ein rotes Kleid, das ganz ausgezeichnet zu ihrer schwarzen Haut passte. Ihre Lippen waren rot geschminkt, die Haare toll gestylt.

Alle stiegen an einer Haltestelle aus. Vermutlich wollten sie dort zu einem Gottesdienst. Ich stellte mir vor, wie sie dort alle zu ihren fröhlichen Kirchenliedern in den Reihen tanzen und in die Hände klatschen. Warum muss Kirche so ernst und würdevoll sein wie bei uns? Man sieht ja, dass es auch anders geht.

Titanicday

Gegen 11.00 Uhr erschien Melli bei uns. Sie war bereits um kurz nach neun Uhr an der Theaterkasse um sich die Karten für die beiden heutigen Titanic-Vorstellungen zu kaufen. Zu einer Vorstellung hatte sie uns ja eingeladen. Die Zeit bis zur Nachmittagsvorstellung wollte sie mit uns verbringen. Melli hatte für uns 3 Karten für die Abendvorstellung. Wir freuen uns immer sehr über ihren Besuch. Melli ist lieb, unaufdringlich, unkompliziert und pflegeleicht.

Nach dem Essen betätigte Bernd sich als Strassenlotse und fuhr mit ihr zum Theater „Neue Flora“. Er wollte versuchen, in der näheren Umgebung einen Parkplatz zu finden damit Melli die doppelten Kosten für das Parkhaus sparen kann.

Während Melli sich die Show ansah ging Bernd zum Backstagebereich um eine Führung zwischen den beiden Vorstellungen für sie zu arrangieren. Als Bernd nach Hause kam erzählte er mir, dass es mit der Führung klappen würde. Da er sich im Theater auskennt dürfe der die Führung alleine machen. Für uns hiess das nun, dass wir uns nicht wie verabredet um 19.00 Uhr mit Melli treffen sondern sie bereits um 18.00 Uhr nach der Vorstellung abpassen mussten.

Wir nahmen Melli in unsere Mitte und gingen mit ihr zum Bühneneingang ohne ihr zu sagen, was nun passieren würde. Der Pförtner wusste bereits Bescheid. Wir gaben unsere Personalausweise ab und erhielten schicke Besucherausweise. Marco, Bernds Kontaktmann wurde ausgerufen. Aus Sicherheitsgründen dürfen Besucher das Haus nicht alleine betreten. Marco holte uns ab, überliess Bernd die Führung und verschwand dann irgendwo im Dschungel des Theaters. Melli bekam ganz grosse Augen, besonders als uns einige der Darsteller in den Fluren begegneten.

Die Bühne selbst darf man nicht betreten. Aber auf den Seitenbühnen schauten wir uns die Dekoration an: Die Funkbude, die Kessel für den Maschinenraum, die grosse Treppe und den festlich gedeckten Tisch mit der 4.000-Euro-Tischdecke und dem Wedgewoodporzellan. Melli stellte fest, dass sie zu Hause die gleichen Kristallgläser haben, mit denen der Tisch gedeckt ist. Anschliessend besichtigten wir die Blackboxen, Umkleideräume auf den Seitenbühnen, in denen während der Vorstellung der Kostümwechsel stattfindet. Hier hängen die aufwendigen und wertvollen Kleider der Damen, Sakkos und Hosen für die Herren, Schuhe, Hüte, Perücken, Schmuck und andere Utensilien. Bernd reiche uns die Kleider für Cardoza und Ida Straus um uns zu zeigen, wie schwer die sind. Sie sehen zwar leicht und luftig aus, bringen aber mehre Kilo auf die Wage.

Bernd führte uns noch in die Schneiderei und die dazugehörige Werkstatt, in der ein Teil der Kostüme auf alt getrimmt werden. Wir besichtigten auch die Hutmacherei und die Perückenwerkstatt. Leider ist das Fotografieren nicht erlaubt und es existieren offensichtlich auch wenig Bilder im Internet über das Musical. Hier ein Eindruck vom Erste-Klasse-Dinner:


Quelle: Stagholding

An der Pforte herrschte ein reges Treiben. Darsteller und Servicepersonal hatten Pause, gingen ein und aus oder unterhielten sich. Wir tauschten Besucherausweise geben Personalausweise und verliessen mit einer glücklichen Melli das Gebäude.

Die Zeit bis zur Abendvorstellung verbrachten wir im Foyer. Dort löschten wir unseren Durst und bestellten unsere Getränke für die Pause.

Für mich war es die 10. Vorstellung, für Bernd die 9. und für Melli die 6.
Es war eine der besten Aufführungen die wir gesehen haben. Das erste Mal haben wir erlebt, dass es Szenenapplaus gab. Die Diskussion in der Funkkabine über die Schuldfrage des Unglücks ist wirklich unglaublich beeindruckend und wurde mit recht mit Szenenapplaus bedacht.


Quelle: Stageholding

Szenenapplaus gab es auch für das Ehepaar Strauss: Ida Straus wird von ihrem Mann Isidor und der Besatzung gedrängt, in das letzte Rettungsboot zu steigen. Ida Straus weigert sich. Den sicheren Tod vor Augen will sie ihren Mann nach 40 Jahren Ehe in der Stunde des Todes nicht verlassen. Die darauf folgende Szene, in der beide sich ihre Liebe erklären wird so gefühlvoll gespielt, so echt. Dies ist eine der schönsten Szenen überhaupt und rührt mich auch beim 10. Mal immer noch zu Tränen. Berechtigt gab es für die beiden Darsteller Marina Edelhagen und Robert Lenkey Bravorufe beim Schlussapplaus.

Für Jens Janke, der den Funker spielt, war es die letzte Vorstellung in Hamburg. Er geht nach Stuttgart zum Musical 42nd Street. Jens Janke bekam von der Theaterleitung auf der Bühne einen Blumenstrauss überreicht und wurde von seinen Darstellerkollegen herzlich verabschiedet. Schade – er hat die Rolle immer sehr überzeugend gespielt.

Betroffen und ergriffen, aber glücklich darüber, eine erstklassige Aufführung gesehen haben zu dürfen, fuhr Melli uns nach Hause. Sie hatte jetzt den direkten Vergleich zwischen 2 Aufführungen in absolut kürzester Zeit. Melli bestätigte uns, dass die Abendaufführung viel besser als die Nachmittagsvorstellung war. Dabei sollte man vermuten, dass die Darsteller nach der ersten Vorstellung ausgepowert sind und ihre Kräfte verzehrt haben. Oder haben sie sich erst mal warmgespielt?

(Die sichtbaren Eintragungsdaten der Kommentare entsprechend nicht der tatsächlichen Veröffentlichungszeit)

Telefonwerbung

Heute Vormittag erhielt ich in der Firma einen Anruf: „Guten Tag, Firma XY. Wer ist bei Ihnen für paper output zuständig?“ – „Bitte? Für was?“ – „Paper output, also Fotokopierer, Drucker usw.“ Nun, unser Paperoutputter war nicht erreichbar. Die Dame will wieder anrufen. Wenn ich sie dann an der Strippe haben sollte, werde ich ich irgendeine dumme Bemerkung machen. Da wird mir schon noch was einfallen. Ausserdem ist unser output und unser paper geregelt. Ich hasse Telefonwerbung und ich hasse es, wenn man sich nicht deutsch unterhalten kann.

Einladung

Eben rief Melli an. Sie will sich am Samstag die Nachmittags- und die Abendvorstellung von Titanic ansehen. Na, ich bin ja schon schlimm, was Titanic angeht. Aber sie ist ja wohl ein noch grösserer Fan. Sie wird dann um 10.00 Uhr an der Kasse stehen und fragen, ob es noch Karten gibt. Für eine Vorstellung hat sie uns eingeladen. Oh man ist sie lieb.

Nur noch eine Frage von Tagen

Am Freitag rief Kpt. J. mich von See aus an, auf dem Weg vom Schwarzen Meer nach Rotterdam, und teilte mir mit, dass das Schiff wg. einer kleinen Maschinenreparatur ca. 12 Stunden vor der französischen Küsten ankern muss. Ausserdem erwähnte er, dass es im gesundheitlich nicht gut geht. Er hätte in 3 Wochen 10 kg abgenommen. Wenn er am Sonntag in Rotterdam ist, würde er sofort ins Krankenhaus gehen. Bis Rotterdam hat er es gar nicht erst geschafft, er hat sich mit einem Hubschrauber Samstag abbergen und sich in Frankreich ins Krankenhaus bringen lassen. Heute erfuhren wir, dass Kpt. J. das Krankenhaus nicht mehr lebend verlassen wird: Magenkrebs im Endstadium. Er wurde bereits auf die Intensivstation verlegt. Seine Frau und sein Sohn sind auf dem Weg nach Frankreich.

Kpt. J. ist/war nicht unbedingt einer meiner Lieblingskapitäne. Doch als ich heute diese Nachricht bekam wurde mir doch ein wenig anders.

Und noch mal Titanic

Was soll ich noch grossartig schreiben? Es war wie immer: Gänsehaut und Tränen. Auch Andrea und Manfred mit ihren Freunden und Kolleginnen hat es gefallen.

Ich frag mich nur, warum Leute im Theater immer noch reden müssen wenn es bereits angefangen hat. Hab mich dann umgedreht und gebeten, sie mögen ihre Unterhaltung in der Pause fortsetzen.

Jetzt dauert es leider nicht mehr lange und die Titanic wird in Hamburg endgültig untergehen. Am 4. Oktober ist die letzte offizielle Vorstellung, für die wir natürlich Karten haben.

Grosseinkauf

Damit die Flotte fährt und Geld verdienen kann braucht sie Treibstoff. Für 7 Schiffe musste ich heute einkaufen. 800 Tonnen Gas- und Schweröl habe ich bestellt – und dafür habe ich 155.000 Euro ausgegeben. Ein ganz schöner Batzen Geld.

Blackout

Wie üblich schaltete ich gestern Abend den Rechner ein, holte die Mails ab und erledigte ein paar andere Dinge. Und dann geschah es: Klack – und der Bildschirm wurde schwarz. Ein Blick auf die Leuchtanzeigen am Rechner bestätigte, dass er nicht mehr mit Strom versorgt wurde. Ausserdem strömte ein sehr unangenehmer Geruch unter dem Tisch hervor. Um zu testen, ob das Netzteil defekt ist, schraubte Bernd seinen Rechner auf und wir schlossen das Kabel seines Netzteil an meinen Rechner an. Und siehe da, er lief wieder. Es musste also ein neues Netzteil her. Leider hat ein in der Nähe gelegener Computerladen vor ein paar Monaten geschlossen. Das nächste uns bekannte Geschäft ist etwas weiter weg, zu Fuss aber gut zu erreichen. Also machten wir uns auf den Weg. Doch leider war dieser Laden auch nicht mehr da. Und die Firma Conrad, die gegenüber eine Filiale hatte, ist auch weg. Na gut, ich hatte die wichtigsten Dinge erledigt.

Bernd machte sich dann auf den Weg zur Chorprobe und ich räumte ein paar Dinge in der Wohnung auf – weil Bernds Rechner sich aus unerfindlichen Gründen auch nicht mehr starten liess.